Dividendenstripping
"12 Milliarden Euro gestohlen" - Wie sind Politik und Behörden in Cum-Ex-Deals verwickelt?
Es geht um Milliarden… Die Rede ist von einem der größten Steuerskandale in der Geschichte der Bundesrepublik. Jedes Jahr begab sich das Spiel zur gleichen Zeit. Mit einer rechtlichen Lücke rund um die Dividendenauszahlung von Aktien wurden jahrelang Milliarden am Fiskus vorbei geschleust. Beim Dividendenstripping, den so genannten Cum-Ex-Deals, kam es Jahr für Jahr zu unberechtigten Erstattungen von Kapitalertragsteuern an Banken und vermögende Investoren. Doch damit soll nun Schluss sein.
Dividendenstripping: So gehen Cum-Ex-Deals
Rund um die Dividendensaison konnte man das Spiel mit den Cum-Ex-Geschäften beobachten. Sinn und Zweck der Sache: Steuern sparen. D.h. kurz kurz vor Dividendenausschüttung wurden die dividendenberechtigten Papiere leer verkauft und kurz nach Dividendentermin wieder gekauft. Mit diesem Trick waren sowohl der „echte“ Inhaber als auch der Leerverkäufer berechtigt, eine Steuerbescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragssteuer in Höhe von 25 Prozent zu beantragen. De facto wurde jedoch, nur ein Mal Steuern in Form der Kapitalertragssteuer gezahlt.
Der Trick klappt auch, wenn die Investoren im Ausland sitzen. Vor dem Dividendenstichtag verkaufen diese ihre Papiere gegen Gebühr an ein deutsches Unternehmen bzw. eine deutsche Bank. Diese erhält die Dividende samt Steuerersparnis und gibt die Aktien inklusive Steuerbonus danach wieder an den ursprünglichen Besitzer zurück.
Dem Fiskus die lange Nase zeigen? Das lässt auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht kalt. Wie wallstreet:online vor Kurzem berichtete, plant das Bundesfinanzministerium eine Änderung des Investmentsteuergesetzes, so dass ausländische Investoren nicht länger die Kapitalertragsteuer umgehen können. Das Gesetz könnte bereits zur neuen Divididensaison im Frühjahr kommenden Jahres greifen.
Untersuchungsausschuss: Wie sind Politik und Behörden verwickelt?
Neuen Informationen zufolge soll ein neuer Untersuchungsausschuss des Bundestags im kommenden Jahr die Cum-Ex-Aktiendeals untersuchen. „Es ist sicher, dass der Ausschuss kommt“, erklärte Gerhard
Schick, gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert: „Wir müssen dafür sorgen, dass nicht ständig Milliarden an Betrüger und
Trickser aus der Steuerkasse fließen.“
Neben den schon länger laufenden Ermittlungen mehrerer Staatsanwaltschaften und etlichen Prozessen vor Finanzgerichten hält Schick daher auch eine Untersuchung darüber für nötig, was
Politiker, Ministerialbeamte und die Finanzaufsicht falsch gemacht haben. „Schätzungsweise 12 Milliarden Euro wurden uns gestohlen, weil die verschiedenen staatlichen Stellen nicht in der Lage
waren, diese Betrügereien rechtzeitig zu stoppen“, kritisiert Schick in der „Zeit“. Steuerprofessoren bestätigen diese Schätzungen.
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Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke hatten den Ausschuss am 26. November 2015 beantragt. Am kommenden Freitag soll über dessen Einsetzung im Bundestag debattiert werden. Die Grünen
und Die Linke verfügen über ausreichend Stimmen, um den Untersuchungsausschuss auch gegen die Stimmen der Großen Koalition durchzusetzen.