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    Flüchtlingskrise  4612  7 Kommentare "Das beste, was Deutschland passieren konnte"

    Es wird gewarnt, es wird gehofft, es wird gepredigt. In der Flüchtlingsdebatte driften die Meinungen von Experten weiterhin stark auseinander. Die einen sehen das frische Potenzial der vorwiegend jungen Zugewanderten. Die anderen warnen vor der Überforderung, mit der die Bundesrepublik zunehmend zu kämpfen hat. Und seit heute haben wir ein neues Wort des Jahres: Flüchtlinge. 

    Während der syrische Flüchtling Basel Al Azez (rechts im Bild) und sein Ausbilder Dirk Hennig (links im Bild) Hand in Hand gehen, um die Schweißarbeiten im Bordesholmer Metallbetrieb Henning Dierk GmbH fachgerecht zu Ende zu bringen, befindet sich Deutschland noch in einer Endlosdiskussion. Sind die Menschen, die zu uns kommen nun ein Segen oder nicht?  

    "Das Beste, was Deutschland passieren konnte"

    Absolut, glaubt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau. Auf einer Präsentation über den Ausblick seiner Bank für 2016 stimmte er die Zuhörer am Dienstagabend in Frankfurt optimistisch. „Die Flüchtlinge sind das Beste, was Deutschland nach der Wiedervereinigung passieren konnte“, verkündete er gegenüber den Journalisten. Für die nächsten Jahre prognostizierte er noch weitere Millionen Flüchtlinge, eine einmalige Chance für Deutschland, wie er glaubt. Die vorwiegend jungen Menschen könnten seiner Meinung nach das Problem der alternden Gesellschaft Deutschlands abmildern, die Wirtschaft innovations- und risikofreudiger werden lassen und somit deutlich zu einer verbesserten und zukunftsfähigen Perspektive beitragen. Lesen Sie außerdem: Deutsche-Bank-Chefvolkswirt: „Angela Merkel könnte einer der großen Staatsführer werden“.

    Auch wenn es bislang wenig belastbares Zahlenmaterial über die demografische Zusammensetzung sowie über den Bildungshintergrund der Flüchtlinge gibt, bestätigt eine jüngste Umfrage UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR diese Annahme. Eine Befragung von 1245 in Griechenland angekommenen syrischen Flüchtlingen ergab, dass es sich entgegen aller bisher veröffentlichten Studien durchaus vermehrt um junge Menschen aus den höheren Bildungsschichten handelt. Dabei hätten 86 Prozent der Befragten eine weiterführende Schule oder eine Universität besucht, womit hochqualifizierte Studenten die größte Gruppe unter den befragten Flüchtlingen ausmachen, so das Ergebnis. 

    Auch Arbeitsministerin Andreas Nahles glaubt an das Potenzial der Geflüchteten und prophezeit dabei Zehntausenden Asylbewerbern allein im kommenden Jahr den Sprung aus Hartz IV. Auch wenn die Vorhersagen des Arbeitsministeriums vor drei Monaten noch weitaus pessimistischer klangen, schätzt Nahles nun, dass 35 Prozent der Betroffenen, die im Jahr 2016 erstmals Hartz IV beziehen, maximal ein Jahr lang auf die staatliche Grundsicherung angewiesen seien werden. Dabei werde die Verbleibewahrscheinlichkeit der Flüchtlinge „nur moderat“ höher eingeschätzt, als die der anderen Leistungsberechtigten (mehr dazu hier).

    Belastung des Staatshaushalts droht

    Daran glaubt Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn bisweilen nicht: Zwar würden Flüchtlinge seiner Meinung nach durchaus für einen kurzzeitigen Wachstumsimpuls sorgen, indem sie den Konsum ankurbeln. Langfristig wäre der Staatshaushalt durch den Zustrom aber eher belastet, wie er in einer Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin bekannt gab. Eine Möglichkeit, dem zu begenen, ist laut Sinn die Abschaffung des Mindestlohns. Mehr dazu hier: ifo-Institut: Zurück auf Los mit alter Leier - Weg mit dem Mindestlohn, her mit dem Kombi-Lohn!

    Wirtschaftswissenschaftler Angus Deaton, der in diesem Jahr den Nobelpreis für seine Erkenntnisse in der Armutsforschung entgegennehmen darf, sieht das ähnlich. Der Princeton-Professor mit schottischen Wurzeln warnt davor, zu viele Menschen aufzunehmen und riet zur Vorsicht: Deutschland werde bald „das Limit erreichen, das es überfordert“, so Deaton gegenüber der "Welt am Sonntag". „Zu viele Einwanderer werden Europa destabilisieren, das ist klar“. Trotzdem lobte er EU-Länder, wie Deutschland dafür, dass sie ihre menschliche Verantwortung sehr ernst nehmen und sich vorbildlich verhalten.

    Warnung vor Auseinanderbrechen der EU

    Nun ja, manche mehr, andere weniger. Bestimmte Mitgliedsländer der EU halten sich in Fragen der Flüchtlingsaufnahme weiterhin vornehm zurück. In diesem Zusammenhang warnte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) in einem Interview mit der "Welt" vor einem Auseinanderbrechen der EU. „Niemand kann sagen, ob es die EU in zehn Jahren noch so geben wird“.  Sollten die auseinandertreibenden Kräfte der Flüchtlingskrise und der Terrorangst die Oberhand gewinnen, so schließt Schulz eine Auflösung der Staatengemeinschaft nicht aus. 

    Jenen Regierungen, die eine Aufnahme entsprechend den einstmals ausgehandelten Verteilungsschlüsseln verweigern, warf er „Versagen“ vor und drohte mit finanziellen Konsequenzen. „Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass sich einige Länder aus der Verantwortung stehlen und auf Solidarität immer dann, und das durchaus erfolgreich pochen, wenn es darum geht, für sich selbst etwas zu fordern, sich aber verweigern, wenn sie selbst helfen sollen.“





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