Hans-Werner Sinn
Strafzinsen für Privatkunden? Nur noch Bargeld schützt uns vor der Ausbeutung!
Neues Jahr, alte Leier – Wer sich 2016 auf frische steile Thesen von Hans-Werner Sinn gefreut hat, freut sich erst einmal vergebens. Der ifo-Präsident bleibt sich und seinem Mantra treu: Weg mit dem Mindestlohn und weg mit der EZB-Politik.
Auch im neuen Jahr hadert Hans-Werner Sinn mit seinem persönlichen Erzfeind, dem Mindestlohn. Dieser sei „ein Integrationshemmnis erster Güte“, konstatiert der ifo-Präsident im Interview mit dem „Tagesspiegel“. Mindestlohn und Flüchtlingskrise, das gehört bei ihm schon länger in ein und denselben Topf (siehe hier, hier oder hier). Die Flüchtlinge konkurrierten mit anderen Geringqualifizierten um Jobs. „Normalerweise würde das steigende Angebot von Arbeitskräften zu sinkenden Löhnen und damit zu einer zunehmenden Nachfrage nach Arbeitskräften bei den Unternehmen führen, erklärt Sinn. „Der Mindestlohn verhindert das.“
Ist doch super, dass der Mindestlohn eine Lohnspirale nach unten verhindert, mögen manche jetzt denken. Sinn findet das allerdings ganz und gar nicht super, denn „man kann die Unternehmen nicht zwingen, Leute einzustellen, die weniger liefern als sie kosten.“ Insofern sollten Flüchtlinge auf jeden Fall vom Mindestlohn ausgenommen werden. Aber nicht nur sie, andernfalls würden sie „die Einheimischen unterbieten und ihnen die Jobs wegnehmen“. Sinn will den Mindestlohn deshalb am liebsten ganz abschaffen oder ihn zumindest „durchlöchern“, etwa indem auch Berufseinsteiger vom Mindestlohn ausgenommen werden. Geschieht dies nicht, prophezeit der ifo-Präsident Böses: „So lange der Euro und das Öl billig sind, läuft die Konjunktur. Das hält nicht ewig, und dann sehen wir, welche Jobs wirklich überleben.“
„Wer so redet, hat die Marktwirtschaft nicht verstanden“
Aber nicht nur der Mindestlohn ist Sinn ein Dorn im Auge, nein, die Liste seiner Kritikpunkte ist lang. Da wären zum Beispiel die Reformpläne von Arbeitsministerin Andrea Nahles zum Thema Leiharbeit und Werkverträge (Mehr dazu hier). Nahles verteuere damit Dienstleistungen und eliminiere Arbeitsplätze, kritisiert Sinn. „Wer so redet, hat die Marktwirtschaft nicht verstanden.“ Auch von einer Anhebung des Spitzensteuersatzes hält er wenig. Mit seinen Umverteilungsaktivitäten liege der deutsche Staat international bereits heute in der Spitzengruppe. „Kaum ein Staat greift so massiv in die Einkommensverteilung ein wie der deutsche.“
Ein weiterer Lieblingszankapfel des ifo-Präsidenten: die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Auch dieses Mal hält Sinn nicht mit seiner Kritik hinterm Berg. Die Niedrigzinspolitik der EZB beraube die Sparer eines erheblichen Teils der Mittel, von denen sie im Alter leben wollen, so Sinn. Auf die Frage, ob Privatkunden bald mit Strafzinsen rechnen müssten, antwortet er: „Das hätten einige Zentralbanker wohl gern. Sie wollen das Bargeld abschaffen, damit die Banken negative Zinsen einführen können und die Schuldenstaaten Europas für ihre Schulden keine Zinsen mehr zahlen müssen, sondern ganz im Gegenteil bezahlt werden. Aber so lange es Bargeld gibt, kann man sich vor einer solchen Ausbeutung schützen.“
Selbstbedienungsladen Euro-Zone
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Schützen können sich indes auch die Euro-Mitgliedsstaaten – und zwar mit ihren eigenen Euro-Druckerpressen. Wie kürzlich bekannt wurde, druckten die Länder mithilfe des geheimen Anfa-Abkommen jahrelang heimlich Geld (wallstreet:online berichtete). Ein Unding, sagt Sinn, denn nicht einmal EZB-Chef Draghi wüsste genau, was die Notenbanken mit dem vielen frischen Geld gekauft hätten: „Das Euro-System ist zu einem Selbstbedienungsladen verkommen, in dem sich die Krisenländer das Geld, das sie sich auf den Märkten nicht mehr leihen konnten, einfach gedruckt haben.“ Vor allem Italien soll regen Gebrauch von dem Abkommen gemacht haben. Das beunruhigt den ifo-Präsident. Die Sorge vor Bankpleiten in Italien wachse, warnt er (Lesen Sie hierzu: Bank pleite, Geld weg – Tausende ahnungslose Sparer in den Ruin getrieben).