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     3525  5 Kommentare Ein unanständiges Modell

    Ich sitze gerade daran, meinen Sommerurlaub für dieses Jahr zu buchen. Normalerweise fahre ich ja am liebsten ins Blaue, doch in manchen Gegenden ist es schwierig, dann noch etwas zu bekommen, so dass ein Vorbuchen angeraten ist. Dabei komme ich natürlich an einem Unternehmen wie Booking.com nicht vorbei.

     

    Ich hasse solche Makler und staune sehr über deren Geschäftsmodell. Ich finde das gleich aus mehreren Gesichtspunkten heraus unanständig:

     

    Dem Suchenden wird nämlich stets der Eindruck erweckt, dass, obwohl es noch ein halbes Jahr hin ist, in wenigen Stunden bereits die komplette Region ausgebucht ist und er sich beeilen muss.

     

    Dafür gewährt man ihm die Möglichkeit, bis kurz vor dem Eintreffen dort, sein Zimmer kostenfrei zu stornieren. Doch wer zahlt das? Die Hotels, die es sich nicht leisten können, bei Booking.com nicht gelistet zu sein.

     

    Ich suche und finde, dass das Unternehmen der Priceline Group gehört, die an der Nasdaq notiert und eine atemberaubende Kursentwicklung von 2.000 % plus in gut 5 Jahren hinter sich hat.

     

    Das ist die neue Wirtschaft! Nix mehr herstellen, sondern nur noch Provisionen abgreifen. In der deutschen Landwirtschaft liegt der Durchschnittsverdienst eines Beschäftigten bei 1.100 Euro brutto im Monat. Dafür müssen Booking.com und HRS nur ein paar Hotelzimmer vermitteln.

     

    So werden Tiere und Hoteliers gleichermaßen gequält. Herzlichen Glückwunsch!

     

    Lustig daran ist allerdings die Paradoxie, dass das Internet, dass doch eigentlich die riesige Chance besäße, ganz allgemein eine größere Vielfalt und Freiheit für alle zu bewirken, letztlich nur zu einer weit größeren Normierung führt als sie vorher herrschte.

     

    Und den derart „weggesteuerten“ Nutzen sackt die Vermittlungsökonomie als Profit ein.

     

    Was für ein schlechtes Geschäft für die Gesamtgesellschaft.

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Ein unanständiges Modell Priceline Group plus 2.000 %