Alle Jahre wieder...
Zahltag an der Wall Street - Schlachtfeld oder Happy Bonus-Day?
Oh, du fröhlicher, oh du seliger, gnadenbringender Bonus-Tag! Alle Jahre wieder warten die Bankangestellten der Wallstreet in freudvoller Spannung auf die Mitteilung über ihre Bonus-Zahlungen für das letzte Geschäftsjahr. Nun ist die Zeit gekommen, in der die US-Banken wieder nach und nach die heilige Botschaft verkünden.
Es ist nicht das Grundgehalt, sondern der Bonus, mit dem der Banker seine Millionen verdient. Entsprechend gespannt dürfte die Stimmung unter den Wall-Street-Bankern zurzeit sein. Am letzten Donnerstag hat Morgan Stanley laut Informationen des „Business Insider“ den Bonus-Day eingeleitet, gefolgt von der Citigroup am Freitag. In dieser Woche seien JPMorgan sowie Goldman Sachs und die Bank of America am Zug.
Ganz so geheim sollen die Zahlen dann aber doch wieder nicht sein. Bereits im Vorfeld würden viele Banker über ihre Boni Bescheid wissen und kurz nach der Auszahlung auch gern mal zum Konkurrenten wechseln. So würde im Anschluss an den Bonus-Day ein jährliches Ringelreihen der Belegschaft zwischen den Banken stattfinden.
Die Schlacht um die Vergütung
Offensichtlich kennen die meisten Banker bei der Vergütung noch immer kein Pardon. „Die Gehaltsverhandlungen kommen einem Schlachtfeld gleich“, erklärte Credit-Suisse-Geschäftsführer Tidjane Thiam jüngst auf einer Konferenz in Paris. „Sobald es um Kürzungen geht, machen sich die Investmentbanker kampfbereit“, zitiert ihn "Bloomberg".
Tatsächlich sei das Bankengeschäft dem CEO zufolge in seiner Struktur sogar ziemlich profitabel, vorausgesetzt, dass sich die Gehälter den Ergebnissen sowohl nach oben als auch nach unten anpassten. Letzteres würden die Mitarbeiter im Wertpapierhandel aber schlichtweg nicht akzeptieren.
Paradigmenwechsel in der Prämienkultur?
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Aufgrund strengerer Regulierungsvorschriften und höherer Eigenkapital-Verpflichtungen will Thiam sein Geschäft nun verstärkt auf die Vermögensverwaltung denn auf Investmentbanking ausrichten. Die Kapitalerträge von Credit Suisse sind stark rückläufig, wodurch sich auch die Bonus-Reserven von verringert haben.
In einer Benachrichtigung an seine Aktionäre kündigte Credit Suisse im November daher an, über eine veränderte Bezahlstruktur für die Top-Manager nachzudenken. Auch die Deutsche Bank könnte seine Bonuszahlungen in diesem Jahr für den Bereich Investmentbanking kürzen, da Co-Chef John Cryan jüngst zu einem Wandel in der Bonimentalität aufgerufen hat.
„Ich denke, dass die Leute in Banken zu viel Geld bekommen“, so Cryan auf einer Konferenz an der Frankfurter Universität. Manche Banker glaubten noch immer, sie hätten das Recht, außergewöhnlich hohe Summen zu kassieren, weil „sie mit dem Geld anderer Leute spielen“, kritisierte er. Nach eigener Aussage solle das neue Prämiensystem auf die langfristige Performance ausgelegt sein (mehr dazu auf wallstreet-online).
Das könnte die Moral-Hazard-Gefahr des Handels mit kurzfristig gewinnbringenden, langfristig aber toxischen Finanzprodukten womöglich eindämmen. Die Grundbedingung, dass alle dabei mitmachen, ist aber noch nicht gegeben: Laut „Bloomberg“ bleiben die aktuellen Boni von JPMorgan und Co. unverändert.