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    IWF fordert  3543  5 Kommentare Weg mit Hürden, weg mit Mindestlohn - Lasst Flüchtlinge so schnell wie möglich arbeiten

    Können wir das schaffen? Es ist die Frage aller Fragen, die möglicherweise auch über das Schicksal Europas entscheidet. Vom IWF kommt nun eine klare Botschaft: Ja, Europa kann es schaffen – wenn Politiker jetzt die richtigen Schritte einleiten.

    Die Flüchtlingskrise stellt die Europäische Union vor eine Zerreißprobe. Ein Scheitern des europäischen Projektes scheint plötzlich wahrscheinlicher denn je. Auch dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bereitet der desolate Zustand der EU Sorgen. Die Flüchtlingswelle habe Risse in der gemeinsamen Asylpolitik offengelegt und die Frage nach der Fähigkeit der EU aufgeworfen, die Neuankömmlinge schnell in Wirtschaft und Gesellschaft zu integrieren, heißt es in einer neuen IWF-Studie. Darin nimmt der IWF die wirtschaftlichen Auswirkungen vorheriger Einwanderungswellen unter die Lupe. Diese seien zwar nicht eins zu eins mit dem aktuellen Flüchtlingsstrom zu vergleichen, trotzdem ließen sich wichtige Lehren daraus ziehen, schreiben die IWF-Experten.

    Die wichtigste Lehre dürfte vor allem die sein: Europa kann von den Flüchtlingen profitieren. Der IWF rechnet kurzfristig mit einem moderaten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts. Vor allem die Hauptzielländer Deutschland, Österreich und Schweden können sich demnach auf einen Wachstumsschub zwischen 0,5 und 1,1 Prozent freuen. Europaweit ist laut der Studie eine Steigerung von 0,25 Prozent bis 2020 möglich. Kurzfristig ist der Effekt also in jedem Fall positiv. Doch ob sich der Flüchtlingsstrom auch mittel- und langfristig auszahlt, hängt den IWF-Experten zufolge davon ab, wie schnell sie in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Frei nach dem Motto: Je schneller, desto besser.

    „Eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt ist auch der Schlüssel, um die staatlichen Ausgaben zu reduzieren, die mit dem Anstieg an Asylsuchenden einhergehen. In der Tat, je schneller die Flüchtlinge Arbeit bekommen, desto mehr werden sie der öffentlichen Hand helfen, indem sie Steuern zahlen und in das Sozialsystem einzahlen. Ihre erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt wird außerdem manchen negativen Steuereffekten, die sich aus der alternden Bevölkerung ergeben, entgegenwirken“, heißt es in der Studie. Die Flüchtlinge umgehend in den Arbeitsmarkt zu integrieren ist demnach der Schlüssel zum Erfolg. Doch wie kann das gelingen? Der IWF meint: Jegliche Hürden abbauen.

    Flüchtlinge wollen arbeiten – dürfen aber nicht

    So schnell wie möglich einen Job finden – das ist laut Bundesagentur für Arbeit auch der Wunsch vieler Flüchtlinge. Demnach habe sich die Zahl der Anträge von Asylbewerbern auf eine Arbeitsmarktzulassung in Deutschland im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht. Asylbewerber, die noch nicht anerkannt sind, haben in den ersten 15 Monaten keinen freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. In den ersten drei Monaten nach der Einreise besteht ein generelles Arbeitsverbot, anschließend müssen sie, nachdem sie eine Stelle gefunden haben, zunächst eine Erlaubnis bei der Arbeitsagentur beantragen und die sogenannte Vorrangprüfung durchlaufen (Mehr dazu hier).

    Es sind Hürden wie diese, die eine schnelle Integration der Flüchtlinge verhindert, kritisiert der IWF. Hinzukommen sprachliche Barrieren oder Probleme bei der Anerkennung von Qualifikationen. Weitere Faktoren, die besonders den Einstieg von gering qualifizierten Arbeitern erschwere, sind laut IWF hohe Einstieglöhne und mangelnde Flexibilität.

    Weg mit den Hürden, weg mit dem Mindestlohn

    Die IWF-Experten empfehlen deshalb, entsprechende Hürden so schnell wie möglich abzubauen: „Wenn man insgesamt die Flexibilität des Arbeitsmarktes erhöhen würde, könnte das die Integration in die Arbeit erleichtern.“ Konkret sollten die EU-Länder mehr Geld in Integrationsmaßnahmen investieren, beispielsweise in Form von Sprachkursen und speziellen Jobtrainings. Darüber hinaus sollten sie zeitliche Ausnahmen beim Mindestlohn zulassen, auch Kombilohnmodelle hält der IWF für denkbar: „Lohnzuschüsse für private Arbeitgeber haben sich bereits häufig als effizient herausgestellt, um die Beschäftigung für Migranten zu erhöhen.“

    Die Empfehlungen des IWF sind Wasser auf die Mühlen all jener Experten, die schon länger eine Ausnahmeregelung des Mindestlohns fordern. Prominentester Vertreter der These „Mindestlohn oder Flüchtlinge – Beides geht nicht“ ist ifo-Präsident Hans-Werner Sinn (Mehr zu dieser Debatte finden Sie hier, hier und hier). Zuletzt forderte auch Industriepräsident Ulrich Grillo, den Mindestlohn zu ändern: „Die Flüchtlingsdebatte ist ein guter Anlass, um insgesamt über eine Reform des Mindestlohns nachzudenken: Das könnte Flüchtlingen ebenso helfen, in den Job zu kommen, wie deutschen Langzeitarbeitslosen", sagte Grillo der „Rheinischen Post“ (siehe hier).

    Ängste der heimischen Arbeitnehmer, sie könnte aufgrund der Flüchtlinge weniger verdienen oder gar ihren Job verlieren, hält der IWF zwar für verständlich, aber letztlich auch für unbegründet: Die Erfahrung deute vielmehr darauf hin, dass solche Folgen begrenzt und temporär seien.




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