Geldpolitik der Fed
Der Crash beim S&P500 hat erst begonnen
In den vergangenen Jahren haben sich Investoren immer darauf verlassen, dass die US-Notenbank bei einem Kursrückschlag am Aktienmarkt einschreitet und ihn wieder nach oben treibt. Nun hat aber Fed-Chefin Janet Yellen die Zinswende eingeläutet. Investoren müssen daher der zusehends unschönen Realität in die Augen schauen.
In die Nähe des 52-Wochen-Tiefs ist der S&P500 abgerutscht und rangiert um zwölf Prozent unter dem 2015er-Rekordhoch (Crash: US-Börse stürzt ab). Damit steht er zwar besser da als viele andere Indizes, wie der DAX, oder der Nikkei, die bereits um 20 Prozent und mehr gegenüber dem vorherigen Hoch gefallen sind und sich damit im Bärenmarkt befinden. Allerdings wächst die Gefahr von Tag zu Tag, dass auch der S&P500 schon bald den anderen Indizes in den Bärenmarkt folgen wird.
Albert Edwards, Analyst des französischen Investmenthauses Societe Generale, warnte vor Kurzem: „Wenn ich recht habe, fällt der S&P 500 auf 550 Punkte.“ Das würde einem Kurseinbruch von 75 Prozent entsprechen, legt man das Hoch von 2100 Punkten Ende letzten Jahres zugrunde (hier lesen Sie mehr zur Horror-Prognose) und die Finanzlegende George Soros fühlt sich beim Blick auf die Finanzmärkte schon an die Krise von 2008 erinnert (mehr dazu hier). Während auch die RBS vor einem historischen Crash warnt und ihren Kunden rät: "Verkaufen Sie alles!“ und Goldman Sachs Alarm schlägt, hält die Deutsche Bank dagegen: "S&P 500 wird um fünf Prozent steigen - und zwar bald!"
Doch: Der S&P500 hat viel mehr Gegenwind als vielen Investoren lieb ist. Erstens ist die US-Wirtschaft viel schwächer als die US-Notenbank und die Massenmedien behaupten. Die Industrie ist schon seit Monaten auf Talfahrt, weshalb die Industrieproduktion zuletzt um 1,8 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag. Eine schwache Industrie zieht aber innerhalb weniger Monate den viel größeren Dienstleistungssektor mit nach unten, weshalb die gesamte Wirtschaft in die Rezession abrutschen dürfte – sprich die Wirtschaftsleistung schrumpft. (Lesen Sie mehr dazu: US-Konjunktur: Jetzt kommt's richtig dicke! US-Industrieindex steht auf Rezession.)
Starker Dollar belastet US-Wirtschaft sehr
Zweitens leidet die Wirtschaft enorm unter dem Verfall des Ölpreises (mehr dazu hier und hier). Denn der Sektor kürzt die Investitionen stark, wodurch anhängende Branchen, wie der Auto- und der Immobiliensektor deutlich belastet werden. Die schwachen Autoabsatzzahlen sprechen Bände. Drittens bekommt die US-Wirtschaft die schwache Weltwirtschaft zu spüren. Im Jahr 2014 erzielten die Unternehmen aus dem S&P500 48 Prozent ihrer Umsätze im Ausland. Da sich die chinesische Wirtschaft aber zusehends abschwächt, und damit andere Exportabhängige Volkswirtschaften Asiens, aber auch Deutschland, zusehends in Mitleidenschaft gezogen werden, bedeutet das deutlichen Gegenwind für die US-Wirtschaft. Zusätzlich gebremst wird sie durch den starken Dollar. Damit werden US-Produkte im Ausland teuer, während ausländische Produkte in den USA billiger werden.
Gewinnschätzungen sind im Rückwärtsgang
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Diese ganzen Belastungsfaktoren schlagen sich in den Ergebnissen der S&P500-Unternehmen nieder. Für das vierte Quartal prognostizieren Analysten einen Gewinnrückgang um 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit würde sich der Abwärtstrend bei der Ergebnisentwicklung beschleunigen, nachdem im zweiten Quartal ein Minus von 1,7 Prozent und im dritten von 3,1 Prozent zu Buche gestanden war.
Unter Druck sind vor allem die Unternehmen aus den zyklischen, also stark konjunkturabhängigen, Sektoren, wie dem Bankensektor oder der Halbleiterindustrie. So bekommen die Banken neben der schwachen Konjunktur und dem Kursrückschlag am weltweiten Finanzmarkt vor allem die Krise im US-Ölsektor zu spüren. Entsprechend erhöhen die Banken ihre Rückstellungen für faule Kredite, woraufhin die Kurse von JPMorgan und Citigroup unter Druck sind. Ebenso ergeht es dem weltgrößten Chiphersteller Intel, der sich Sorgen um die schwache Konjunktur in China und Asien macht, weil dadurch die Nachfrage nach PCs und Servern gedämpft wird. Die Talfahrt bei Aktien wie Ford spricht ebenfalls Bände.
Wegen des sich eintrübenden Umfelds haben die Analysten ihre Gewinnschätzungen für die Unternehmen aus dem S&P500 zusehends gesenkt. Dennoch wird immer noch ein Gewinnplus von sechs Prozent für
2016 erwartet. Das ist völlig utopisch. Vielmehr ist für 2016 ein deutlicher Ergebnisrückgang zu erwarten, nachdem für 2015 ein leichtes Minus vorhergesagt wird. Ein derartiges Szenario ist in dem
S&P500 aber keineswegs eingepreist. Das 2016er-KGV ist mit 15 immer noch extrem hoch.
Die Korrektur beim S&P500 dürfte sich deutlich ausweiten. Umso mehr kommt es auf die US-Notenbank an. Fed-Chefin Janet Yellen muss schnellst möglich signalisieren, dass die nächste Zinserhöhung
bereits auf Eis liegt und die Fed möglicherweise bereits über ein neues Gelddruckprogramm QE4 nachdenkt. Die Investoren werden sich daher die Pressemeldung zu der Sitzung am Mittwoch, 27. Januar,
genau anschauen. Wenn Yellen nicht schnell einschreitet, dürfte der S&P500 bald im Bärenmarkt sein.