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    Dividendenstripping  6297  4 Kommentare Insider packt aus - "Rechtsstaat kann von den Bürgern keine Tugend und Moral verlangen"

    Es ist der größte Steuerskandal in der Geschichte der Bundesrepublik: Mit sogenannten Cum-Ex-/Cum-Cum-Aktiendeals prellten Investoren den deutschen Fiskus um Milliarden. Jetzt packt ein Insider aus.

    Beim Dividendenstripping nutzten Banken und Investoren über Jahre hinweg eine rechtliche Lücke rund um den Dividendenstichtag aus und erschlichen sich auf diese Weise Milliarden. Im Kern wurden bei diesen Deals Aktien kurz vor der Ausschüttung leer verkauft, sodass sowohl der „echte“ Inhaber als auch der Leerverkäufer eine Steuerbescheinigung bekamen, obwohl de facto nur einmal Steuern gezahlt wurden (Weitere Einzelheiten zum Ablauf des Dividendenstrippings finden Sie hier und hier). Die Politik reagierte spät, erst 2012 wurde die gesetzliche Lücke geschlossen. Der bis dahin angerichtete Schaden? Verheerend! Ein Betrag in zweistelliger Milliardenhöhe soll dem deutschen Fiskus auf diese Weise durch die Lappen gegangen sein, wie wallstreet:online berichtete.

    Die Aufarbeitung des Steuerskandals laufen auch Hochtouren. Nachdem der Fiskus jahrelang tatenlos zusah, wie sich Steuertrickser mit den Cum-Ex- bzw. Cum-Cum-Deals Steuerrückzahlungen erschlichen, sollen diese jetzt umso härter zur Rechenschaft gezogen werden (siehe: Finanzbehörden blasen zur „Hetzjagd“ – Geht’s den Steuertricksern jetzt an den Kragen?).

    In der „WirtschaftsWoche“ packt nun eine zentrale Figur im Dividendenstripping aus. Der Insider habe mit seinen Gutachten „die juristische Basis für das Dividendenstripping gelegt“, weswegen er eine strafrechtliche Verfolgung wegen möglicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung fürchten müsse, heißt es in dem Bericht. Um den Fängen der Finanzbehörden zu entgehen, lebe er inzwischen im Ausland und wolle anonym bleiben.

    Nicht die Steuertrickser, sondern der Staat bricht das Gesetz

    Der Insider betont mehrmals, die Beteiligten hätten sich mit dem Dividendenstripping nicht strafbar gemacht. Entscheidend sei, „dass sie sich an das geltende Recht gehalten haben und daher nicht steuer- oder strafrechtlich verfolgt werden dürften, selbst wenn sie moralisch fragwürdig gehandelt haben sollten.“ Die Schuld sieht er stattdessen ganz klar bei den staatlichen Organen: „Der Staat kann nicht technisch unsaubere Gesetze machen und dann erwarten, dass sich seine Bürger an moralische Normen halten.“

    Nicht die Steuertrickser, sondern der Staat selbst habe sich nicht an geltendes Recht gehalten und damit gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit verstoßen. Dem Insider zufolge habe der Bundestag im Jahressteuergesetz 2007 klar entschieden, dass auch der Erwerber einer Aktie das Guthaben für die von der Dividende abgezogenen Kapitalertragssteuer erhalte. „Deshalb frage ich mich, wie die Finanzbehörden auf die Idee kommen, diese Anrechnung zu versagen und nachträglich Steuererstattungen einzufordern.“ Es sei ein Widerspruch, beim Dividendenstripping einerseits von einer Lücke im Gesetz zu reden, den Steuerpflichtigen aber andererseits gesetzeswidrigen Betrug vorzuwerfen, empört sich der Insider. Seiner Meinung nach habe der Gesetzesgeber klar versagt. Die Politik müsse ihren Job machen und die Gesetze unmissverständlich formulieren. Die Ausnutzung einer Gesetzeslücke könne er dagegen weder steuerrechtlich noch strafrechtlich zu Lasten der Steuerzahler sanktionieren.

    Ein Staat im Staate

    Auch den Einwurf der „WiWo“, Dividendenstripping sei zumindest unmoralisch, will er nicht gelten lassen: „Fehlendes Recht kann man nicht durch Moral ersetzen.“ Ein Rechtsstaat könne von seinen Bürgern lediglich verlangen, dass sie sich an geltende Gesetze hielten. Tugend oder Moral könne er dagegen nicht verlangen. Entsprechend dürfe es in einem Rechtsstaat „keine Strafe ohne Gesetz“ geben.

    Dass die Finanzbehörden die Beteiligten trotzdem zur Verantwortung ziehen wollen, überrascht ihn nicht. „Der Fiskus ist inzwischen ein Staat im Staate, der sich seine Regeln selbst setzt.“ So seien 90 Prozent der Finanzrichter ehemalige Finanzbeamte und der Insider ist sich sicher: „Daher ergeht ein großer Teil der Urteile zu Gunsten der Finanzämter.“




    wallstreetONLINE Redaktion
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