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    Reaktion auf die EZB  10228  4 Kommentare EZB am Ende des Lateins - Geldpolitische Irrfahrt zur Rettung von Zombiebanken

    Die Europäische Zentralbank hat heute den Euro-Leitzins zum ersten Mal auf Null gesenkt. Der Hauptrefinanzierungssatz wurde von 0,3 auf 0,25 Prozent und der Einlagenzins bei der EZB  von minus 0,3 Prozent auf minus 0,4 Prozent abgesenkt. Einzig erhöht hat sich das monatliche Aufkaufvolumen - von 60 auf 80 Milliarden Euro (wallstreet:online berichtete). Die Aktienmärkte jubelten, der Euro rutschte in den Keller. Doch dann kam die Kehrtwende! (Lesen Sie hierzu: EZB-Zinsentscheid - Die Märkte spielen verrückt, oder auch nicht)

    Die Reaktionen zum heutigen EZB-Zinsentscheid:

    Michael Kemmer (Bankenverband): Euro-Geldmarkt faktisch stillgelegt

    „Es ist vollkommen unnötig, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Geldhahn heute noch weiter aufgedreht hat. Die Notenbank überzeichnet die Deflationsrisiken“, sagt Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Und bekräftigt: „Der Geldmarkt im Euro-Raum ist durch die EZB-Politik faktisch stillgelegt. Wirtschaftsreformen sowie die Sanierung von Bankbilanzen werden verschleppt. Doch auf all diesen Feldern hat die EZB heute noch einmal eine Schippe draufgelegt.“


    Hans-Werner Sinn (ifo-Institut): EZB am Ende ihres Lateins angekommen

    „Dass die EZB nun beschlossen hat, den konkursgefährdeten Banken Südeuropas Langfristkredite zu einem negativen Zins von 0,4 Prozent zu geben, beweist einmal mehr, dass sie eine fiskalische Umverteilungspolitik zur Rettung von Zombiebanken und fast konkursreifen Staaten betreibt. Diese Umverteilungspolitik ist keine Geldpolitik, und es fällt der EZB immer schwerer, sie als eine solche zu verkaufen. Da sie sich durch den Europäischen Gerichtshof gedeckt sieht, wagt sich die EZB immer weiter über die Grenzen ihres Mandats hinaus“, sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Und zur Ausweitung der Anleihekäufe von 60 auf 80 Milliarden Euro pro Monat: „Mehr Wasser hilft nicht, wenn die Pferde nicht saufen wollen“, sagte Sinn. „Die EZB scheint am Ende ihres Lateins angekommen.“


    Lars Feld (Wirtschaftsweise): Trotz zinstief keine Reformen

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    "Wir sehen, dass Länder wie Italien trotz des Zinstiefs keine Reformen durchführen und Ausgaben eher noch erhöhen", sagte der Wirtschaftsweise Lars Feld der „Bild“. "Daran werden auch die neuen Maßnahmen nichts ändern."


    Clemens Fuest (ZEW): Letztes Pulver verschossen

    Clemens Fuest, Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) warnte, die Risiken der Beschlüsse seien größer als die Chance, dadurch die Konjunktur anzukurbeln. Sein Fazit: "Die EZB hat ihr Pulver verschossen."


    Prof. Dr. Liane Buchholz (VÖB): EZB beschleunigt geldpolitische Irrfahrt

    „Die heutige Zinsentscheidung der EZB verstärkt den Abwärtsstrudel für die Sparer. Langfristige Altersvorsorgekonzepte werden ebenso entwertet wie zinsabhängige Institute in risikoreichere Geschäfte gedrängt werden“, kritisierte Prof. Dr. Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands. Und weiter: „Es ist absolut unnötig, die deutsche Kreditwirtschaft zu einer umfangreicheren Kreditvergabe zu nötigen. (…) Für die Kreditvergabe der Banken ist die weitere Lockerung der Geldpolitik eher schädlich. Denn der Liquiditäts-Tsunami sorgt für höchst volatile Märkte, und der Handlungsspielraum der Institute wird damit weiter eingeengt.“ Im Endeffekt werde die „Profitabilität der Institute (…) zunehmend belastet und das Finanzsystem auf lange Frist destabilisiert.“


    Achim Wambach (ZEW): EZB in der Zwickmühle

    Für den designierte Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, befindet sich die EZB  bei der Zinspolitik in der Zwickmühle. Die Wirtschaft in Europa floriere noch nicht und die Inflation sei sehr niedrig, doch Banken, Wirtschaft und Verbraucher litten unter den Niedrigzinsen, sagte Wambach der „dpa“. Eine Trendwende sei allerdings schwierig, das zeige sich derzeit in den USA. Dort hatte die US-Notenbank Fed im Dezember 2015 erstmals seit der Finanzkrise den Leitzins wieder angehoben. Das Wirtschaftswachstum schwächte sich danach ab.


    Jan Holthusen (DZ Bank): Gefahr für Marktblasen gestiegen

    "Im Prinzip hat die Notenbank alles auf den Markt geworfen was sie kann", kommentierte DZ Bank-Experte Jan Holthusen die Entscheidungen gegenüber „dpa“. Damit nehmen die Währungshüter in Kauf, dass Marktblasen entstehen, falls die Geldflut in der aktuellen schwachen Konjunktur nicht den Weg in die Realwirtschaft findet. Außerdem geht die EZB nach Einschätzung von Holthusen das Risiko ein, dass der Markt für Staatsanleihen austrocknet.


    Dr. Otmar Lang (TARGOBANK): Obersten Währungshüter zeigen Nervosität

    „Mit ihren heute verkündeten Maßnahmen ist die EZB ihrem monetären Kurs extrem treu geblieben. Allerdings zeugt das große Bündel an Maßnahmen von einer enormen Nervosität seitens der obersten Währungshüter. Denn auch sie müssen sich eingestehen, dass ihre Geldpolitik bislang die Wirkung verfehlt hat. Die Bilanz ist ernüchternd: So ist es der EZB nicht einmal gelungen, die am leichtesten von ihr zu beeinflussenden Indikatoren in die gewünschte Richtung zu drehen. (…) Die EZB hat also allen Grund, nervös zu sein – auch wenn sie sich das nicht anmerken lässt. Im EZB-Rat war ihr Kurs schon vor der heutigen Entscheidung umstritten. Viele Zentralbanker weisen schon seit einiger Zeit darauf hin, dass sich die europäische Geldpolitik „am Limit“ bewegt. Wenn jetzt im politisch ohnehin angeschlagenen Europa auch noch die Zentralbank an Reputation und Glaubwürdigkeit verliert, ergibt das kein gutes Gesamtbild.“


    Stephen Yeats (State Street Global Advisors): Problem Realwirtschaft

    „Die Änderungen im Quantitative Easening-Programm und die neuen geldpolitischen Aktivitäten der EZB zeigen, dass eine stärkere Ausschöpfung existierender geldpolitischer Hebel nicht ausreicht, um etwas in der wirtschaftlichen Realität der Euro-Zone zu bewirken,“ äußerte sich Stephen Yeats, EMEA Head of Fixed Income Beta, State Street Global Advisors.


    Und bereits gestern gab es warnende Worte in Richtung EZB:

    Uwe Fröhlich (BVR): Hässliche Nebenwirkungen für Realwirtschaft

    Während der Bankenverband der EZB zu einer „Politik der ruhigen Hand“ rät und vor „unnötigen Alarmrufen“ abrät, schickte BVR-Präsident Uwe Fröhlich im Vorfeld schon mal eine Warnung in Richtung EZB: "Die aktuelle Niedrigzinspolitik zeigt zunehmend hässliche Nebenwirkungen, die die Realwirtschaft in immer stärkerem Maße zu spüren bekommt. Aus der Schweiz lernen wir, dass lang andauernde Niedrigzinspolitik dort sogar zu steigenden Kreditzinsen geführt hat." Dieser hätte somit genau das Gegenteil bewirkt. Auch sei der EZB-Kurs für die private Altersvorsorge pures Gift.


    Sparkassen-Finanzgruppe: EZB stärkt Krisenstimmung und Vertrauensverlust

    Heftige Kritik äußerten die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe an dem Aktionismus der EZB und dem einhergehenden Vertrauensverlust für die Gemeinschaftswährung Euro. Weitere expansive Maßnahmen der Euro-Notenbank „können kaum mehr positive Wirkungen auf die Wirtschaft entfalten“. Der Griff in den EZB-Baukasten könnte sogar kontraproduktiv wirken: „Vor allem leistet die EZB mit übereilten geldpolitischen Maßnahmen einer Krisenstimmung und damit einem weiteren Vertrauensverlust im Euroraum Vorschub“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier. „Die Glaubwürdigkeit der Notenbank droht Schaden zu nehmen, wenn sie permanent trotz höchstem Aktionismus ihre eigenen Ziele verfehlt.“ 


    Carlo Messina (Intesa Sanpaolo): Systemrisiken auch für Versicherer

    Der Chef der italienischen Großbank Intesa Sanpaolo, Carlo Messina, warnte im Interview mit dem „Handelsblatt" vor  Systemrisiken durch die ultralockere Geldpolitik der EZB: "Auf lange Sicht sind negative Zinsen sicher nicht haltbar. Aber ich denke, dass die Geldpolitik für Versicherungen und Pensionsfonds schädlicher ist als für Banken. Wenn Sie heute als Versicherer adäquate Renditen verdienen wollen, müssen Sie in riskantere Anlagen wie Private Equity oder Hedgefonds ausweichen. Also kann man derart niedrige Zinsen nicht für immer aufrechterhalten. Ansonsten drohen nicht nur im Banken-, sondern auch im Versicherungssektor Systemrisiken.“





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    Reaktion auf die EZB EZB am Ende des Lateins - Geldpolitische Irrfahrt zur Rettung von Zombiebanken Dosis und Dauer machen das Gift... Aktionismus mit hässlichen Nebenwirkungen und eine fiskalische Umverteilungspolitik zur Rettung von Zombiebanken und fast konkursreifen Staaten - die Reaktionen auf die heutige EZB-Entscheidung.

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