Vorbereitung auf Super-GAU
Das große Pokern um die Causa Brexit: Flüchten Großbanken bald nach Deutschland?
Für die in London ansässigen Großbanken wäre der Brexit eine Art größt anzunehmender Unfall. Indes reiben sich einige europäische Finanzbeauftragte schon mal die Hände. In Dublin oder Frankfurt würde man den Banken nur allzu gern Asyl gewähren.
Dass US-amerikanische Banker gern mal pokern, haben wir spätestens seit der letzten Finanzkrise gelernt. Die Investmentbank Goldman Sachs liebt den Nervenkitzel offenbar besonders, lässt sie doch aktuell ein gewaltiges neues Hauptquartier mitten im Herzen Londons errichten. Die Möglichkeit, dass der 500-Millionen-Dollar-Koloss schon bald nur noch als Museum für die ehemalige Bankenepoche der britischen Hauptstadt fungiert, ist den Managern dabei durchaus bewusst.
Denn mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU dürfte den – zumeist außereuropäischen – Großbanken nicht mehr viel am ehemaligen Tor zur europäischen Finanzwelt liegen. Es war hauptsächlich das Fehlen jeglicher Regulierungsvorschriften für Devisen- und Derivatgeschäfte mit den europäischen Partnern, was für die Banken so verlockend war. Schließt sich dieses Tor, brauchen sie einen Plan B, um ihre Geschäfte auf dem europäischen Kontinent am Leben zu halten.
Für viele würde solch ein Ausweichmanöver mit herben Verlusten einhergehen. Wie das „Wallstreet Journal“ berichtet, sind ganze 90 Prozent der in Europa tätigen Goldman-Sachs-Mitarbeiter in London angesiedelt. Den Fokus auf einen anderen Standort zu verlegen wäre nicht nur teuer, sonder auch extrem zeitaufwändig.
Für die Lobbyarbeit gegen den Brexit fahren die Banken entsprechend alle verfügbaren Geschütze auf. Schon seit drei Jahren warnt Goldman Sachs vor den möglichen Folgen, 700 Millionen Dollar hat der Kampf bislang verschlungen. „Es ist zwingend notwendig, dass das Vereinigte Königreich die Finanzindustrie im Land behält , betonte Gary Cohn, Goldman-Sachs-Chef auf dem Schweizer Weltwirtschaftsforum im Januar. „Ich wüsste nicht, was diese Industrie ersetzen könnte”, so der CEO weiter.
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Dass sich die Banken um die negativen Folgen des Attraktivitätsverlustes am Standort London scheren, sei dahingestellt. Einige loten derweil schon ihre Möglichkeiten an anderen Finanzplätzen Europas aus und werden dabei fleißig von Politikern aus Dublin und Frankfurt umworben. Zu gern möchte man den internationalen Großbanken Asyl gewähren, um damit den eigenen Stellenwert in der Finanzwelt aufzupolieren. Eine deutsche Bankenlizenz hätte Goldman Sachs jedenfalls schon mal griffbereit.