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    Marktkommentar  1355  0 Kommentare Greg Meier (Allianz GI): Tage der Entscheidung

    Die Sitzungskalender der Bank of Japan (BoJ) und der US Federal Reserve (Fed) weisen einen ähnlichen Rhythmus auf. Die Mitglieder beider Notenbanken kommen 2016 acht Mal zur Entscheidungsfindung zusammen, wobei die Termine der BoJ und der Fed typischerweise sehr nah beieinander liegen. In der kommenden Woche finden die nächsten Sitzungen der beiden Notenbanken statt, deren geldpolitische Beschlüsse weltweit im Fokus der Investoren stehen.

    Die Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) am 27. April dürfte wenige Überraschungen bereithalten. Mehrere Fed-Vertreter haben sich zwar offen für Zinsanhebungen ausgesprochen, die zuletzt veröffentlichten Wirtschaftsdaten fielen jedoch schwach aus, und die Fed-Vorsitzende Janet Yellen - die einzige Vertreterin der US-Notenbank, die im Namen des gesamten FOMC spricht - schlug vergleichsweise gemäßigte Töne an. Die Fed Funds-Futures der Chicago Mercantile Exchange preisen die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im April denn auch nur mit rund 2 % ein.

    Genau diese zögerliche Haltung der Fed dürfte sich ironischerweise als eine der Herausforderungen für die BoJ erweisen. Der eher flach verlaufende Zinserhöhungspfad der Fed hat für Druck auf den US-Dollar und in der Folge zur Stärkung des Yen geführt - also genau das Gegenteil dessen, was sich die Entscheidungsträger der BoJ auf die Fahnen geschrieben haben: Zur Unterstützung der japanischen Exporte, Unternehmensgewinne, Löhne und Inflation ist ein schwächerer Yen erforderlich. BoJ-Präsident Haruhiko Kuroda wird daher "nicht zögern, zusätzliche Lockerungsmaßnahmen hinsichtlich. Quantität, Qualität und Zinsen zu ergreifen, sollte dies für notwendig erachtet werden."

    Kuroda wagt sich damit immer weiter auf unbekanntes Terrain vor. Im Rahmen ihrer "traditionellen" quantitativen Lockerungsmaßnahmen (QE) hat die BoJ bereits Vermögenswerte im Volumen von fast 80 % des japanischen BIP angekauft - mehr als die Fed, die Europäische Zentralbank und die Bank of England zusammen.

    Die Einführung von Negativzinsen durch die BoJ im Januar kam am Markt indessen nicht gut an: Bankaktien brachen ein, während der Yen im Zuge des Ansturms auf sichere Häfen auf ein 16-Monats-Hoch gegenüber dem US-Dollar kletterte. Anfang April hat sich Kuroda gegen eine mögliche dritte geldpolitische Option ausgesprochen - Helikoptergeld: "wir haben nicht die Absicht,. etwas derartiges einzusetzen." Der Handlungsdruck ist zweifelsohne groß. Der IWF rechnet damit, dass Japan 2016 nur mit rund 0,5 % wachsen könnte, bevor das Land im kommenden Jahr in die Rezession abgleitet.

    Mit Blick auf die anstehenden Konjunktur- und Wirtschaftstermine beginnt die kommende Woche mit niedriger Schlagzahl, nimmt dann aber rasch an Fahrt auf:

    Am Montag stehen der ifo Geschäftsklimaindex, die US-Neubauverkäufe und die japanischen Frühindikatoren auf der Agenda. Am Dienstag werden zahlreiche Berichte zur US-Wirtschaft veröffentlicht. Analysten erwarten einen Anstieg der Auftragseingänge langlebiger Güter, eine Verlangsamung des Anstiegs der Häuserpreise und einen Rückgang des Verbrauchervertrauens. Politisch Interessierte erhalten Einblick in die Ergebnisse der Vorwahlen in fünf US-Bundesstaaten und deutlichere Hinweise darauf, ob Hillary Clinton oder Donald Trump ins Weiße Haus einziehen könnte.

    Auch am Mittwoch steht eine Fülle wichtiger Wirtschafts- und Konjunkturdaten an, darunter das BIP Großbritanniens für das erste Quartal, die Gewinne der chinesischen Industrie sowie das Verbrauchervertrauen in Italien und Frankreich. Die größte Aufmerksamkeit dürfte jedoch der Fed-Sitzung zuteilwerden. Ein Zinsschritt im April ist zwar unwahrscheinlich, doch die Fed-Vertreter haben für 2016 noch zwei weitere Zinserhöhungen avisiert. Eventuell lassen sich dem FOMC Statement nähere Hinweise zur Terminierung dieser Zinsschritte entnehmen. Am Donnerstag dürften die Beschlüsse der BoJ - und damit potenziell noch aggressivere geldpolitische Maßnahmen - im Mittelpunkt stehen. Bei ihrer Entscheidung könnten sich die Notenbanker zum Teil auf frische japanische Wirtschaftsdaten stützen, darunter Arbeitslosenzahlen, Einzelhandelsumsätze, Industrieproduktion, Bauaufträge sowie Zahlen zur Gesamt- und Kerninflation.

    Zu den weiteren Veröffentlichungen am Donnerstag zählen der Verbraucherpreisindex für Deutschland, das Verbrauchervertrauen in der Eurozone und das US-BIP für das erste Quartal. Die Federal Reserve Atlanta prognostiziert für Q1 ein annualisiertes US-BIP von mageren 0,3 %. Sollte dies zutreffen, dann würde sich hiermit die seit dem zweiten Quartal 2015 beobachtete Konjunkturabkühlung fortsetzen (Q2 2015: 3,0 %, Q3 2015: 2,0 %, Q4 2015: 1,4 %).

    Am Freitag stehen schließlich Daten zum BIP und zur Inflation Frankreichs, Arbeitslosen- und Inflationszahlen der Eurozone sowie US-Daten zu den persönlichen Einkommen, zum privaten Konsum und zur Inflation an.

    Für technisch orientierte Investoren dürfte der Bärenmarktrally allmählich die Luft ausgehen, nachdem die Aktienindizes an starke Widerstandszonen heranlaufen. Auch die Aufwärtsbewegung bei Rohstoffen nähert sich kritischen Widerstandszonen. Die Dollarschwäche ist bereits weit fortgeschritten und eröffnet zunehmendes Erholungspotenzial.

    Greg Meier; US Investment Strategist, Vice President



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    Marktkommentar Greg Meier (Allianz GI): Tage der Entscheidung Die Sitzungskalender der Bank of Japan (BoJ) und der US Federal Reserve (Fed) weisen einen ähnlichen Rhythmus auf. Die Mitglieder beider Notenbanken kommen 2016 acht Mal zur Entscheidungsfindung zusammen, wobei die Termine der BoJ und der Fed typischerweise sehr nah beieinander liegen. In der kommenden Woche finden die nächsten Sitzungen der beiden Notenbanken statt, deren geldpolitische Beschlüsse weltweit im Fokus der Investoren stehen.