VW-Abgasaffäre
Volkswagen vor Zerschlagung? Hedgefonds forciert Verkäufe von VW-Töchtern
Ist der Kurs auf eine Zerschlagung des VW-Konzerns gesetzt? Wenn es nach dem Willen des britischen Hedgefonds TCI (The Children`s Investment Fund) geht, soll der Volkswagenkonzern den Verkauf von Töchtern prüfen. „Alles sollte auf den Tisch kommen und für den richtigen Preis zum Verkauf stehen“, sagte der zuständige TCI-Partner Ben Walker gegenüber der „WirtschaftsWoche".
Niedersachsen soll Kontrollgremium verlassen
Mit dem Vorstoß wolle Walker die Trennung von margenschwachen Töchtern forcieren. Von einer Zerschlagung des VW-Konzerns sei erstmal nicht die Rede, hießt es weiter. Bleibt die Frage, was denn da so alles auf den Tisch kommen könnte. Ins Gespräch gebracht wurden die Töchter MAN, Bentley und Bugatti. Doch auch die komplexen Konzernstruktur des Wolfsburger Autobauers stößt Walker sauer auf. So soll die stark verschachtelte Holdingstruktur einem Modell weichen, das sich am Vorbild BMWs orientiert. „Das wäre eine saubere Lösung“, sagte Walker. Zudem sollten die beiden Aufsichtsräte des Landes Niedersachsen das Kontrollgremium verlassen. Sie hätten dringend erforderliche Effizienzsteigerungen blockiert.
Gehaltskosten außer Kontrolle geraten
Die vom VW-Management in einem Brief angekündigten Reformen des Vergütungssystems sowie dessen Absicht, die Effizienz und Produktivität des Autobauers zu verbessern, werden von TCI begrüßt. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Walker. VW hatte am Dienstag auf ein Schreiben von TCI-Gründer Chris Hohn von Anfang Mai geantwortet, in dem dieser unter anderem die hohen Gehälter des VW-Managements kritisiert hatte.
Gleichzeitig aber machte Walker klar, dass TCI damit noch nicht zufrieden ist. Die außer Kontrolle geratenen Gehaltskosten müssten eingedämmt, harte Ziele für die Verbesserung der Rentabilität formuliert werden. Priorität habe nun, dass sowohl das Land Niedersachsen, mit rund 20 Prozent einer der Großaktionäre von VW, als auch die Gewerkschaften die Pläne des Managements „in vollem Umfang unterstützen“. TCI hält derzeit lediglich zwei Prozent der VW-Vorzugsaktien, ist zur Durchsetzung seiner Ziele also auf die Eigentümerfamilien Piech und Porsche, sowie die Großaktionäre Katar und Niedersachsen angewiesen
Hintergrund: Diesel-Gate, Benzin-Gate, Rückrufe
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Im September hatte der VW-Konzern eingestanden, bei Abgas-Tests auf dem Prüfstand mithilfe einer Software die Ergebnisse für Dieselwagen manipuliert zu haben. Die Software erkennt, wenn ein Auto gerade auf dem Prüfstand getestet wird und schaltet den Motor dann in einen Modus um, in dem er deutlich weniger Stickoxide ausstößt.
Als Folge musste der VW-Konzern im Oktober vergangenen Jahres den ersten Quartalsverlust seit über 20 Jahren verkünden. Das Dieselgate hatte dem Konzern demnach einen Verlust von 3,5 Milliarden Euro vor Zinsen und Steuern (Ebit) eingebrockt. Auch unter dem Strich war das Ergebnis mit minus 1,7 Milliarden Euro tiefrot (mehr dazu hier).
Seit Monaten hagelt es nun bei VW infolge des Abgasskandals Klagen aus aller Welt ins Haus. Im Januar hatte das US-Justizministerium VW wegen des Einsatzes von Betrugssoftware und wegen des Verstoßes gegen das Luftreinhaltegesetz auf bis zu 46 Milliarden Dollar verklagt. Die US-Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission) ein Verfahren wegen irreführender Werbung eingeleitet und Umweltbehörden drohen mit drakonischen Strafen. Daneben will der US-Staranwalt Michael Hausfeld in Deutschland mittels Sammelklagen Entschädigungszahlungen von bis zu 2,5 Milliarden Euro erkämpfen. Und während denn in der Unternehmensspitze wohl auch in diesem Jahr Millionenbeträge hin- und hergeschoben werden, müssen sich Aktionäre (Gewinneinbruch und Dividendenkürzung), Mitarbeiter (Stellenstreichungen), Kunden (Massenrückrufe) mit dem Stempel des Gelackmeierten abfinden.