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    Marktkommentar  2519  0 Kommentare UBS: Warum der Gleichgewichtszins wichtig ist

    "Nicht alles, was zählt, ist messbar. Nicht alles, was messbar ist, zählt." Albert Einstein.

    Das Konzept eines langfristigen Gleichgewichtszinssatzes - der nominale Zinssatz, bereinigt um Inflation, zu dem das Kapitalangebot in einer Volkswirtschaft genau der Kapitalnachfrage entspricht und der somit für stabiles Wachstum und stabile Inflation sorgt - ist der erste Baustein im Baukastenmodell der Kapitalmarktprognose. Historische Analysen des Gleichgewichtszinses haben zu verschiedenen Argumenten für seine Bewertung geführt. Doch welche Relevanz besitzt ein theoretisches Konzept für Investoren, dessen Wert bis vor kurzem nur von akademischem Belang zu sein schien?

    1. Es hilft bei der Festlegung der Notenbankpolitik. Als wesentliche Komponente der besser bekannten Taylor-Regel wird das zugrunde liegende Konzept des Gleichgewichtszinssatzes heute als zentraler Faktor in der Entscheidungsfindung der Notenbanken anerkannt.

    Insbesondere hilft der langfristige Gleichgewichtszins den Notenbankern, die zyklischeren Konjunktur- und Inflationsschwankungen, von denen die kurzfristige Geldpolitik getrieben wird, in einen übergreifenden Zusammenhang zu setzen. Kurz gesagt bestimmt nicht die absolute Höhe der Leitzinsen, ob eine Geldpolitik "locker" oder "restriktiv" auf die Konjunktur wirkt, sondern ihre Höhe im Vergleich zum aktuellen und langfristigen Gleichgewichtszins.

    2. Schätzungen für den aktuellen und den langfristigen Gleichgewichtszins spielen daher bei der Entscheidungsfindung der US-Notenbank (der "Fed") und anderer Notenbanken eine wesentliche Rolle. Die präzise Analyse des Gleichgewichtszinses entscheidet wesentlich darüber, ob aktuelle Renditen von Staatsanleihen attraktiv sind oder nicht.

    3. In der etablierten volkswirtschaftlichen Theorie wird der langfristige faire Wert aller risikobehafteten Anlagen aus dem Gleichgewichtszinssatz, bereinigt um Inflation und zuzüglich einer Risikoausgleichsprämie, abgeleitet. Jede Verschiebung des langfristigen Gleichgewichtszinssatzes hat daher einen potenziell erheblichen Einfluss auf die langfristigen Renditeprognosen aller Anlageklassen.

    Veränderungen des Gleichgewichtszinssatzes haben offensichtliche Auswirkungen für jeden Investor, der langfristig eine bestimmte Rendite erzielen muss, oder für jede Art von strategischer Vermögensallokation, die auf üblichen Kapitalmarktannahmen beruht.

    Ein höherer Gleichgewichtszinssatz führt zu höheren Renditeerwartungen für alle Anlageklassen, ein niedrigerer Gleichgewichtszinssatz führt zu niedrigeren Renditeerwartungen für alle Anlageklassen - ein zentrales Thema für Investoren wie Pensionspläne und Stiftungen, die bestimmte Renditen erzielen müssen.

    Warum ist dies jetzt wichtig?

    Warum sind die Erwartungen hinsichtlich des langfristigen Gleichgewichtszinses plötzlich von Bedeutung? Die Antwort liegt in der fortschreitenden Zeit und in der Verbreitung von Daten. Die langfristigen Zinsannahmen sind seit Jahren gefallen, doch bislang galt diese Verschiebung als zyklisch.

    Vor allem von den Maßnahmen der Währungsbehörden wurde erwartet, sie würden Anreize für eine selbsttragende Erholung der Kapitalinvestitionen und der Nachfrage geben, selbst wenn die Erholung nach der Finanzkrise länger dauerte, als es in früheren Zyklen der Fall war. Man ging auch davon aus, dass die Inflation steigen und die Zinspolitik zur "Normalität" zurückkehren würde.

    Aus diesem Grund glauben wir, dass nur wenige Vermögensmanager den langfristigen Gleichgewichtszins in ihren Kapitalmarktmodellen oder ihre langfristigen Renditeannahmen angepasst haben.

    Strukturelle oder zyklische Veränderung der Annahmen?

    In jüngster Zeit deuten vor allem Daten zur Produktivität Warum der und zu Kapitalinvestitionen klar darauf hin, dass in den entwickelten Volkswirtschaften eher strukturelle Fragen vorherrschen.

    Wir gehen davon aus, dass der Rückgang der langfristigen Zinserwartungen kein zyklisches Problem darstellt, sondern eine langfristige Verschiebung. Diese kann dazu führen, dass die erwarteten langfristigen Renditen niedriger ausfallen, als einige Vermögensmanager berücksichtigen.

    Es ist wichtig festzustellen, dass dieses Konzept nicht mehr nur theoretischer Natur ist. Die Volatilität seit August 2015 weist darauf hin, dass die Märkte - zumindest teilweise - neu bewerten, was niedrige Zinssätze und quantitative Lockerung, sofern sie langfristig bestehen bleiben, für risikobehaftete Anlagen bedeuten. Ermöglichen diese Maßnahmen die schmerzlose Heilung einer angeschlagenen Wirtschaft oder führen sie zu Überinvestitionen, wie frühere wissenschaftliche Arbeiten (1) nahelegen? In diesem Fall, warum geht das Wachstum der Kapitalinvestitionen weiter zurück, obwohl die Zinsen so niedrig sind? Vielleicht ist es sinnvoller, die Kausalität umzudrehen und zu sagen, dass die langfristigen Zinserwartungen eben deshalb so niedrig sind, weil das Wachstum der Kapitalinvestitionen weiter zurückgeht.

    Über diese Publikation

    Mit Investitionen in Multi-Asset-Anlagen, die bis 1982 zurückreichen, ist UBS Asset Management seit über drei Jahrzehnten maßgeblich an der Diskussion um Kapitalmarktannahmen beteiligt.

    Die Publikation baut auf wesentlichen Forschungsergebnissen von UBS Asset Management zu diesem Thema auf. Diese umfassen Limbo Lower (McNaughton, 2015), The Wicksellian Natural Rate of Interest (Orphanides, 2014) sowie unveröff entlichte Arbeiten des Teams für quantitative Makroökonomie von UBS Global Investment Solutions in Chicago.

    Michele Gambera, PhD, CFA; Executive Director UBS Asset Management

    Tracey McNaughton, CFA; Executive Director UBS Asset Management

    (1) Knut Wicksell, 1898 Michele Gambera, PhD, CFA Executive Director UBS Asset Management Tracey McNaughton, CFA Executive Director UBS Asset Management




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