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    Marktkommentar  3957  0 Kommentare UBS-Vorstand Matthias Schellenberg im Gespräch: "Das ist ja das Drama im institutionellen Geschäft"

    Matthias Schellenberg, Mitglied des Vorstands der UBS Deutschland und Leiter des Asset Managements, über ein holpriges erstes Quartal, das Dilemma institutioneller Anleger und Lösungen aus dem alternativen Investmentbereich.

    DAS INVESTMENT: Vor einem Jahr haben wir zuletzt gesprochen, und Thema war der Traumstart an den Börsen. Das sieht heute anders aus. 2016 läuft mehr als holprig - den Jahresanfang erlebten viele Anleger als Schock.

    Matthias Schellenberg: Ja, Schock trifft es gut. Für uns als Anbieter und auch für die Anlegerseite war es ein extrem schwieriger Jahresstart. Kaum jemand dürfte mit einem solchen Verlauf gerechnet haben. Nehmen Sie nur die ersten elf Handelstage des Jahres, und alle Gewinne von 2015 waren aufgezehrt. Dazu kommt noch eine gehörige Portion Unsicherheit, nicht zuletzt durch die geopolitischen Risiken. Erfreulich ist aber, dass die Märkte sich inzwischen wieder etwas gefangen haben.

    2015 war ein erfolgreiches Jahr für Sie. Vor zwölf Monaten hatte UBS Asset Management netto bereits über eine Milliarde Euro an Anlegergeldern eingesammelt. Das sieht heute anders aus?

    Schellenberg: In der Tat, 2015 war für uns außerordentlich erfolgreich mit einem Plus von 20 Prozent im verwalteten Vermögen. Vor allem im institutionellen Vertrieb haben wir mehr erreicht als geplant. 2016 sind wir im positiven Terrain. Das erste Quartal dieses Jahres ist allerdings mit 2015 nicht zu vergleichen.

    Nun heißt es ständig, dass Anleger halt mit einer gestiegenen Volatilität leben müssten. Das schaffen jedoch die wenigsten.

    Schellenberg: In der Theorie klingt das alles leicht. Wenn es an den Märkten aber erst einmal ungemütlich wird, sieht es in der Praxis doch etwas anders aus. Das konnten Sie auch im vergangenen August sehen. In der Regel hilft eine breite Streuung, um Marktschwankungen langfristig abzufedern. Aber institutionellen Anlegern fehlt oftmals die Zeit. Der Grund dafür sind Rechnungslegungs- und regulatorische Vorschriften. Für institutionelle Anleger ist der Jahresbeginn wichtig. Im ersten Quartal werden viele Gelder frei, und die müssen investiert werden. Darum kam der Markteinbruch zu einem ziemlich ungünstigen Zeitpunkt. Und es hat in den vergangenen Jahren keinen so schlechten Start gegeben wie 2016.

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    Kann so ein schlechter Start auch mal ein Gesamtjahr verhageln?

    Schellenberg: Im institutionellen Geschäft gibt es ausgeprägtere Zyklen als im Privatkundensegment. Das erste Quartal ist wie gesagt sehr wichtig. Dennoch ist es zu früh, das gesamte Jahr 2016 jetzt schon abzuschreiben.

    Aber Aktien spielen ohnehin keine tragende Rolle bei den Institutionellen.

    Schellenberg: Stimmt, das gilt für institutionelle Anleger, die unter Regularien wie Solvency II agieren müssen, etwa Versicherungen. Andere Anleger, etwa Corporates, sind hier freier. Aber in jedem Fall sind die Investoren gezwungen, ihr Risikobudget einzuteilen, und das ist im Umfeld der aktuellen Volatilität ausgesprochen schwierig.

    Zumal der Rentenmarkt keine wirklichen Alternativen bietet.

    Schellenberg: Das ist ja das Drama im institutionellen Geschäft, gerade bei den Versicherungen. Die Allokation festverzinslicher Wertpapiere liegt da deutlich über 80 Prozent. Die Aktienquote liegt statistisch gesehen zwischen 0 und 5 Prozent. Mehr ist im gegenwärtigen regulatorischen Umfeld mit Blick auf die Risikotragfähigkeit kaum möglich.

    Nun sind Investoren auf der Suche nach auskömmlichen Erträgen in hochverzinsliche Papiere gegangen. Aber der High-Yield-Sektor kann auch kein wirklicher Ausweg sein.

    Schellenberg: High Yield und Emerging Market Debt haben sich in den vergangenen Jahren zu wichtigen Bausteinen entwickelt. Nur hat sich hier die Lage im regulatorischen Umfeld für Banken eher verschärft, gerade im Hinblick auf die Liquidität. Die ist zwar auf dem Papier da, aber wenn es mal hart auf hart kommt und alle durch eine Drehtür nach draußen rennen wollen, gibt es ein Problem. Die Drehtür ist nach 2009 kleiner geworden, das Haus jedoch ist größer und hat mehr Bewohner.

    Also haben institutionelle Investoren handfeste Probleme. Schellenberg: Die Verpflichtungen aus bestehenden Garantien sind für die Versicherungen eine gewaltige Herausforderung angesichts der derzeitigen Ertragssituation.

    Haben Regulierung und Investoren seit 2009 nichts gelernt?

    Schellenberg: So drastisch würde ich es nicht sagen. Mit der Einführung von Solvency II haben wir einen wichtigen Schritt zur ganzheitlichen Betrachtung von Risiko gemacht - weg von der reinen Steuerung über die Anlageverordnung als eine Art Positivliste für zugelassene Investments. Dass aber die Grundsätze der Anlageverordnung erhalten geblieben sind, finde ich richtig. Gelernt haben Investoren. Sie öffnen sich zunehmend alternativen Anlageformen, etwa Private Equity, Infrastruktur und den sogenannten Liquid Alternatives.

    Reicht diese Öffnung? Es ist ja davon auszugehen, dass das Niedrigzinsumfeld uns noch einige Jahre beschäftigen wird.

    Schellenberg: Zunächst ist das ein begrüßenswerter Weg, weil es auch wirkliche Alternativen zu den traditionellen Rentenanlagen sind, die kaum noch Erträge liefern.

    Da sind auch Sie als Anbieter gefordert.

    Schellenberg: Natürlich. Wir liefern die Zugänge und Lösungen, und da helfen uns unsere globale Aufstellung und die Expertise, die wir auf diesen Gebieten haben.

    Sie können dem Zinsumfeld also auch etwas Positives abgewinnen?

    Schellenberg: So gesehen ja, weil sich wirkliche Leistungen im Asset Management heute stärker herauskristallisieren. Es gibt keinen risikolosen Zins mehr, jeder Ertrag kommt aus dem Risiko. Da ist es unsere Aufgabe, einen wirklichen Nutzen für Investoren zu liefern. Das geht über preiswerte Beta-Lösungen, das heißt rein passiv, oder aber über regelbasierte Ansätze. Oder es geht über High-Alpha-Fonds. Das sind unsere Spezialisten im traditionellen und im Alternative-Investment-Bereich, die mit aktivem Management messbares Alpha liefern, sei es gegen einen Vergleichsindex oder als Absolute Return.

    Die preiswerte und schlaue Indexwelt auf der einen Seite und echtes, aktives Management auf der anderen. Hat der Mittelbau mit Standardlösungen ausgedient?

    Schellenberg: Wer heute am Index klebt und diese Leistung als aktives Management verkauft, wird sich zunehmend Fragen gefallen lassen müssen. Das ist auch richtig so.

    Sie haben sich im Lauf Ihrer Karriere sehr früh mit alternativen Investments beschäftigt, auch mit Hedgefonds. Führen Sie die aktuelle Akzeptanz etwa von Long-short-Strategien einzig auf den Anlagenotstand im herkömmlichen Rentensegment zurück?

    Schellenberg: Hedgefonds hatten nach der gesetzlichen Änderung vor zwölf Jahren einen schlechten Start - das Label hat stark gelitten. Nun braucht alles seine Zeit, und inzwischen hat sich die technische Seite im traditionellen Asset Management stark verbessert. Ein klarer regulatorischer Rahmen ist gegeben, und die Transparenz sorgt für Verlässlichkeit. Dadurch können sich alternative Strategien in der traditionellen Welt inzwischen schneller durchsetzen. Die Trennung zwischen traditionellen und alternativen Fonds dürfte sich nach und nach auflösen, und das ist sehr sinnvoll. Dann wird ein Fonds allein nach seiner Qualität und nicht nach seiner Herkunft, ob traditionell oder alternativ, beurteilt werden. Und das nicht nur in puncto Performance, sondern eben auch auf einer risikoadjustierten Ebene. Daher bin ich ein großer Freund und Verfechter dieser Entwicklung.

    Autor: Malte Dreher

    Dieser Artikel erschien am 13.05.2016 unter folgendem Link:

    http://www.dasinvestment.com/investments/maerkte/news/datum/2016/05/13/das-ist-ja-das-drama-im-institutionellen-geschaeft/



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