EZB-Ankaufprogramm von Unternehmensanleihen
Startschuss zur Vergemeinschaftung fauler Unternehmenskredite?
Der Startschuss zum Ankauf von Unternehmensanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) ist gefallen. Seit heute kauft die Notenbank im Rahmen des billionenschweren Kaufprogramms von Wertpapieren auch Titel von Unternehmen aus dem Euroraum.
Marode Firmen entledigen sich ihrer Risiken
Dem neuen ifo-Präsidenten, Clemens Fuest, stößt die Ausweitung des EZB-Auflaufprogramms auf Unternehmensanleihen sauer auf. „Damit kommt das Handeln der EZB dem einer Geschäftsbank nahe. Die EZB ist nicht dafür ausgerüstet, Risiken von Kreditnehmern einzuschätzen. Ratings sind dafür kein Ersatz. Es besteht die Gefahr, dass marode Firmen ihre Risiken auf die EZB abwälzen. Zwar wäre eine Beschränkung auf Käufe bereits am Kapitalmarkt gehandelter Anleihen (Sekundärmarktkäufe) nur ein schwacher Schutz vor dem Erwerb überteuerter Anleihen durch die EZB, aber immerhin ein Signal dafür, dass das Kaufprogramm nicht dazu da ist, Risiken aus faulen Unternehmenskrediten zu vergemeinschaften."
Krisenmodus künstlich am Leben erhalten
Bereits gestern berichtete wallstreet:online über die Kritik des Verbandes privater Banken an der Ausweitung des EZB-Kaufprogramms. Statt ihren Krisenmodus künstlich aufrecht zu erhalten, sollte die EZB wieder hervorheben, „dass die extrem expansive Geldpolitik kein Dauerzustand sein kann und ernsthafte Deflationsgefahren nicht zu erkennen sind,“ so Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Er kritisiert: „Die Europäische Zentralbank (EZB) wird keine zählbaren Effekte bei den Investitionen und bei der Verbraucherpreisentwicklung erzielen, wenn sie (…) ihr Aufkaufprogramm von Unternehmensanleihen ausweitet.“ Es stehe zu befürchten, „dass die Politik der EZB unmittelbar zu neuen Übertreibungen an den Finanzmärkten führt, etwa wenn die extrem günstigen Kreditkosten in überhöhten Preisen bei Unternehmenskäufen münden.“
Hintergrund
Das Kaufprogramm von Firmenbonds mit guter Bonität und Sitz in der Eurozone wurde von der EZB im März dieses Jahres verkündet. Dabei können Unternehmensanleihen bis zu einem Volumen von 70 Prozent aller ausgegebenen Papiere einer Emission erworben werden.
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Wie die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ berichtet, hat die EZB eine Reihe von Unternehmensanleihen unterschiedlicher Branchen erworben - wie Siemens, den französischen Autobauer Renault, die spanische Telefónica, den italienischen Versicherer Generali sowie Anteile vom Brauereikonzern Anheuser-Busch InBev und dem Versorger RWE. Die Spekulationen über den Umfang reichten für die erste Phase von 3 bis zu 5 Milliarden Euro. Durch die französische Notenbank wurden Titel des französischen Energieriesen Engie (früher GDF Suez) gekauft.