ROUNDUP 2
Chinas Premier warnt vor 'neuen Unsicherheiten' durch Brexit
TIANJIN (dpa-AFX) - Nach dem Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union fürchtet der chinesische Premier Li Keqiang "neue Unsicherheiten" für die globale Wirtschaft. Auf dem "Sommer-Davos" genannten Weltwirtschaftsforum in der chinesischen Stadt Tianjin versuchte der Premier am Montag zugleich, Sorgen über Chinas langsameres Wachstum und seine hohe Schuldenlast zu zerstreuen. "Die chinesische Wirtschaft wird nicht auf eine harte Landung zusteuern", versicherte der Premier. China werde sein Wachstumsziel von 6,5 bis 7 Prozent und alle anderen Vorgaben für dieses Jahr erreichen.
Die Erholung der Weltwirtschaft falle allerdings weiter hinter die Erwartungen zurück - und der Ausstieg Großbritanniens verstärke die Unwägbarkeiten. Um die Erholung der globalen Wirtschaft zu fördern, müssten die Probleme gemeinsam angegangen und ein stabiles internationales Umfeld geschaffen werden. Europa sei ein wichtiger Partner für China, das seine Beziehungen sowohl mit der EU als auch mit Großbritannien weiter ausbauen wolle. "Wir hoffen, eine vereinte und stabile Europäische Union zu sehen", sagte Li Keqiang. "Wir hoffen auch, ein stabiles und blühendes Großbritannien zu sehen."
Mit seiner Rede umwarb der Premier die Investoren und anderen Teilnehmer des jährlichen Treffens, das zum zehnten Mal in China stattfindet. Mehr als 2000 Wirtschaftsvertreter, Politiker und Experten aus mehr als 80 Ländern sind angereist - mehr als je zuvor. Li Keqiang räumte ein, dass der Abwärtsdruck auf die chinesische Wirtschaft weiter zunehme. Aber obwohl die Exporte seit Jahresanfang zurückgegangen seien, habe sich die Wirtschaft auf die heimische Nachfrage stützen können. "Wir haben keine Zuflucht in massiven Stimulusmaßnahmen gesucht, sondern strukturelle Reformen verfolgt."
Die Schuldenlast der Zentralregierung sei im internationalen Vergleich noch gering, was Raum für eine proaktive Haushaltspolitik biete. China sei auch in der Lage, "systemische Risiken abzuwehren". "Kurzfristige Fluktuationen sind unvermeidlich." China werde seine Überkapazitäten in veralteten Industrien wie der Stahl- und Kohlebranche abbauen. Auch sollen die Staatsbetriebe verschlankt werden und der Privatwirtschaft neuer Raum gegeben werden.
Betont optimistisch warb der Premier um langfristige ausländische Investitionen: "Die Aussichten sind vielversprechend." Trotz wachsender Klagen über ungerechte Wettbewerbsbedingungen und Diskriminierung beteuerte Li Keqiang erneut, dass alle ausländisch investierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen in China mit chinesischen Firmen "gleich behandelt werden".
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Viele Diskussionen auf dem Forum drehten sich um die wachsenden Schulden, besonders von Unternehmen, und die Überkapazitäten in veralteten Staatsbetrieben. Professor Huang Yiping von der Peking Universität, der im Komitee für Geldpolitik der Zentralbank sitzt, warnte, dass die Profitabilität abnehme, die Schulden stiegen und die Einnahmen gering seien. "Wir haben eine Menge wirtschaftlicher Ungewissheit." Er mahnte zur beschleunigten Reform der Staatsbetriebe, die aber nicht über Nacht erfolgen könne. "Es muss ein schrittweiser Prozess sein."/lw/DP/fbr