Immobilienblase very british
Britische Immobilienfonds geschlossen - Böse Erinnerung an 2008 werden wach
Während sich die Börsen in Europa zwischenzeitlich deutlich erholt hatten, hinterlässt der überraschende Brexit gerade am britischen Immobilienmarkt und bei Immobilienaktien, wie British Land, massive Spuren. Die englische Notenbank ist gezwungen zu handeln. Dennoch droht ein Teufelskreis im Immobiliensektor und ein weiterer Verfall der Bankaktien.
Déjà-vu für die Besitzer von Immobilienfonds: Im Sommer 2007 waren zwei Immobilienfonds der US-Bank Bear Stearns geschlossen und anschließend liquidiert worden und hatten damit das Platzen der Immobilienblase in den USA klar angezeigt. Vor dem Hintergrund dürften die jüngsten Entwicklungen in Großbritannien etliche Investoren ziemlich nervös machen. So hat Standard Life Investments die Rücknahme von Anteilen seines 2,7 Mrd. Pfund schweren UK Real Estate Fonds wegen „außergewöhnlicher Marktumstände“ eingestellt, nachdem die Rückgaben nach dem Brexit-Referendum nach oben geschnellt waren. Der Immobilienfonds, der in Gewerbeimmobilien investiert, muss erst einmal Vermögenswerte verkaufen, bevor er wieder Anteile zurücknehmen kann. Anleger können ihre Anteile erst einmal 28 Tage nicht zurückgeben. Alle 28 Tage wird dann entschieden, wann eine Öffnung des Fonds eventuell möglich ist. Erst in der vergangenen Woche hatte Standard Life den Wert der Immobilien des Fonds um fünf Prozent abgewertet – der größte Rückgang seit der Pleite von Lehman Brothers.
Der zweite Immofonds wird eingefroren
Etliche Experten hatten befürchtet, dass das zu einem „Teufelskreis“ führen werde, und weitere Investoren versuchen würden, Immobilienfonds zurückzugeben, was für zusätzlichen Preisdruck sorgen würde. Genauso ist es auch gekommen. Inzwischen ist mit dem Aviva Property Fund der zweite Immobilienfonds angesichts des „unmittelbaren Mangels an Liquidität“ eingefroren worden. „Die Dominosteine beginnen im Markt für britische Gewerbeimmobilien zu fallen, nachdem ein weiterer Fonds wegen der Abflüsse, die durch die Brexit-Abstimmung ausgelöst worden sind, seine Pforten geschlossen hat. Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis weitere Fonds folgen werden“, sagte Laith Khalaf, Analyst bei Hargreaves Lansdown.
Notenbank will Schuldensause am Laufen halten
Die englische Notenbank reagiert mit den „altbewährten“ Mitteln auf die heraufziehende Krise, nicht nur im Immobiliensektor, sondern auf die bevorstehende Rezession, also Schrumpfung der Wirtschaft, insgesamt. So lockert Notenbankchef Mark Carney die Geldpolitik, damit die Schuldensause am Laufen gehalten wird. Am Dienstag, 5. Juli, hat er den „antizyklischen Kapitalpuffer“, den Banken normalerweise vorhalten müssen, von bisher 0,5 Prozent der risikogewichteten Aktiva auf null Prozent gesenkt, was eine Entlastung um 5,7 Mrd. Pfund bedeutet. Dieser Puffer wird bis mindestens Juni 2017 ausgesetzt, womit die Banken die Möglichkeit bekommen, bis zu 150 Mrd. Pfund an zusätzlichen Krediten zu vergeben. Carney machte zudem klar, dass die Institute das Geld nicht zur Erhöhung von Dividenden verwenden dürfen.
Mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik kommen aber die Banken zusätzlich unter Druck. Denn mit immer weiter sinkenden Zinsen geht die Zinsmarge der Banken immer weiter zurück, womit ein ehemals wichtiger Gewinnlieferant wegbricht. Entsprechend ist der Branchenindex FTSE 350 Banks, der die Kursentwicklung von neun Instituten, wie Lloyds Banking oder Royal Bank of Scotland widerspiegelt, mit 105 Punkten auf das Niveau von Frühjahr 2009 abgerutscht.
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Hiesige Anleger dürften nun verstärkt schauen, welche deutschen Immobilienfonds zumindest einen Teil ihres Vermögens in Gewerbeimmobilien in Großbritannien investiert haben. Im Jahr 2008 hatte die Schließung mehrerer Immofonds deutsche Anleger hart getroffen. Etliche Fonds mussten abgewickelt werden, woraufhin viele Anleger kräftig Geld verloren hatten.