Von Fusionen und Unsicherheiten
Der lachende Dritte - NCR sieht sich als Nutznießer von Wincor-Nixdorf-Übernahme
Der US-amerikanische Geldautomatenhersteller NCR sieht sich als lachenden Dritten bei der laufenden Übernahme des deutschen Konkurrenten Wincor Nixdorf. Dessen Akquisition durch die US-amerikanische Diebold und eine damit verbundene Unsicherheit der Kunden hätten NCR in den ersten beiden Quartalen des Jahres Mehrgeschäft eingebracht, sagte Deutschlandchef Wolfgang Kneilmann im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (F.A.Z.). „Die Unsicherheit hat uns Kunden zugetragen – über alle Länder, auch in Deutschland.“
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Wincor Nixdorf lässt sich gerade von der amerikanischen Diebold übernehmen. Damit fusionieren die globale Nummer drei und zwei, um in die Dimension des bisher klaren Weltmarktführers NCR zu
gelangen. Kneilmann stellte Vorteile der Fusion für die Konkurrenten nicht in Abrede, namentlich die dadurch möglichen Einsparungen. Aber NCR profitiert nach seinen Worten, und zwar vor allem in
Märkten, in denen Wincor Nixdorf stark präsent ist, zum Beispiel im Heimatmarkt. „Da wir in den letzten beiden Quartalen nach unseren Aufzeichnungen überproportional ausgeliefert haben, glauben
wir, dass wir im Marktanteil in Deutschland zugewinnen.“ Hierzulande beansprucht NCR 27 Prozent Anteil am Markt für Geldautomaten, Kontoauszugsdrucker und ähnliche Geräte. Die Auslieferungen der
ersten sechs Monate ließen aber auf einen um zehn bis zwölf Prozentpunkte höheren Wert schließen, sagte Kneilmann.
Offen sei zum einen, wie die anstehende „Bereinigung“ im Zuge der Fusion aussehen werde: „Welche Produkte wie wann wo überleben werden in welchen Märkten – ich glaube, das ist noch ein bisschen
unklar.“ Mit anderen Worten: Kunden zögern dann, in ein Produkt von Wincor oder Diebold zu investieren. „Als Beispiel: In Frankreich haben wir einen großen Kunden gewonnen, genau aus diesem Grund –
weil eine Unsicherheit da ist“, sagte Kneilmann. Der zweite Faktor: Viele Kunden wollten sich zum anderen nicht nur auf einen Lieferanten verlassen. Wenn die beiden bisherigen Wincor und Diebold
waren, braucht der Kunde künftig einen neuen Lieferanten. „Auch an der Stelle profitieren wir natürlich“, sagte Kneilmann.
Die Aussagen sind nicht – oder nicht allein – das Pfeifen im Walde des Konkurrenten. Denn der Vorstandsvorsitzende von Wincor Nixdorf selbst, Eckard Heidloff, hat negative Konsequenzen für die
eigene Organisation vorausgesagt. Nachdem diese Zeitung Monate vor der offiziellen Bekanntgabe über die Fusionspläne berichtete, konterte Heidloff mit zwei Interviews in anderen Zeitungen. „Aus
unserer Sicht ergäbe eine Fusion mit Diebold aber keinen Sinn“, sagte er. „Wir glauben, dass in diesem Fall 1+1 weniger als 2 ergibt. Der Restrukturierungs- und Integrationsaufwand wäre zudem
ungeheuer groß. Das würde beide Unternehmen lähmen.“
Offenbar ist die Lähmung eingetreten, die Motivation der Mitarbeiter geschwächt, jedenfalls wenn man Kneilmanns Ausführungen zugrundelegt. „Wir haben sehr viele Bewerbungen bekommen von sehr, sehr
guten Leuten, die wir auch dann bei uns an Bord sehen“, sagte er. Der laufende Zusammenschluss ist keine Fusion unter Gleichen, sondern eine Übernahme durch die Amerikaner. „Und bei dem, der
gekauft wird, haben die Leute natürlich immer ein bisschen Unsicherheit, wie es weitergeht“, sagte Kneilmann.