Schwäbische Zeitung
Vom ehrbaren Kaufmann - Leitartikel zu VW
Ravensburg (ots) - Der sich so zuspitzende Streit zwischen VW und
Prevent zeigt exemplarisch, wie sehr die Unternehmen der
Automobilindustrie voneinander abhängen. Hersteller wie der
Wolfsburger Weltkonzern fertigen im Schnitt nur 25Prozent eines Autos
selbst, drei Viertel der Wertschöpfung kommen von Zulieferern. Weil
die Unternehmen bemüht sind, die Lagerkosten zu senken, sind in den
Fabriken nie genug Teile vorhanden, um beim Ausbleiben von
Nachlieferungen die Produktion längere Zeit aufrechtzuerhalten. Da
genügt schon der fehlende Getriebedeckel eines Mittelständlers, um
die Fließbänder eines Weltkonzerns zu stoppen.
Kritiker werfen VW nun vor, wie fahrlässig und riskant es war,
sich bei entscheidenden Bauteilen auf nur einen Lieferanten verlassen
zu haben. Die Kritik greift zu kurz: Denn auch wenn
Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz bei den
Getriebedeckeln mehrere Lieferanten gehabt hätte, hätte keines dieser
Unternehmen seine Produktion so rasant ausweiten können, wie es nötig
gewesen wäre. Kein noch so treuer Lieferant kann für den Fall
Kapazitäten vorhalten, dass sich VW mit einer anderen Firma
zerstreitet. Nein, die nach der Abgas-Affäre für VW so gefährliche
Krise lässt nur einen Schluss zu: Der zweitgrößte Autobauer der Welt
muss auch mit seinen Zuliefererfirmen fair umgehen. Der Konzern ist
auf die Unternehmen, die ihm 75Prozent der Teile für Golf, Passat,
Tiguan und Touran liefern, angewiesen.
Das Verhältnis zwischen den Autobauern und ihren Zulieferern muss
sich wieder auf das Leitbild vom ehrbaren Kaufmann gründen - darauf
dass immer beide Seiten von einem Geschäft profitieren müssen. In
Sonntagsreden beschwören Topmanager das Prinzip immer wieder. Die
Realität sieht anders aus: Am längeren Hebel sitzen die Chefs der
Autobauer, die ihre Macht ausnutzen und ihre Zulieferer gnadenlos
auspressen. Wenn die Autobranche, die wie keine zweite so eng
vernetzt ist, den Umgang miteinander nicht ändert, wird sie
Herausforderungen wie Elektromobilität und Autonomes Fahren niemals
bewältigen können.
OTS: Schwäbische Zeitung
newsroom: http://www.presseportal.de/nr/102275
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_102275.rss2
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de
Prevent zeigt exemplarisch, wie sehr die Unternehmen der
Automobilindustrie voneinander abhängen. Hersteller wie der
Wolfsburger Weltkonzern fertigen im Schnitt nur 25Prozent eines Autos
selbst, drei Viertel der Wertschöpfung kommen von Zulieferern. Weil
die Unternehmen bemüht sind, die Lagerkosten zu senken, sind in den
Fabriken nie genug Teile vorhanden, um beim Ausbleiben von
Nachlieferungen die Produktion längere Zeit aufrechtzuerhalten. Da
genügt schon der fehlende Getriebedeckel eines Mittelständlers, um
die Fließbänder eines Weltkonzerns zu stoppen.
Kritiker werfen VW nun vor, wie fahrlässig und riskant es war,
sich bei entscheidenden Bauteilen auf nur einen Lieferanten verlassen
zu haben. Die Kritik greift zu kurz: Denn auch wenn
Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz bei den
Getriebedeckeln mehrere Lieferanten gehabt hätte, hätte keines dieser
Unternehmen seine Produktion so rasant ausweiten können, wie es nötig
gewesen wäre. Kein noch so treuer Lieferant kann für den Fall
Kapazitäten vorhalten, dass sich VW mit einer anderen Firma
zerstreitet. Nein, die nach der Abgas-Affäre für VW so gefährliche
Krise lässt nur einen Schluss zu: Der zweitgrößte Autobauer der Welt
muss auch mit seinen Zuliefererfirmen fair umgehen. Der Konzern ist
auf die Unternehmen, die ihm 75Prozent der Teile für Golf, Passat,
Tiguan und Touran liefern, angewiesen.
Das Verhältnis zwischen den Autobauern und ihren Zulieferern muss
sich wieder auf das Leitbild vom ehrbaren Kaufmann gründen - darauf
dass immer beide Seiten von einem Geschäft profitieren müssen. In
Sonntagsreden beschwören Topmanager das Prinzip immer wieder. Die
Realität sieht anders aus: Am längeren Hebel sitzen die Chefs der
Autobauer, die ihre Macht ausnutzen und ihre Zulieferer gnadenlos
auspressen. Wenn die Autobranche, die wie keine zweite so eng
vernetzt ist, den Umgang miteinander nicht ändert, wird sie
Herausforderungen wie Elektromobilität und Autonomes Fahren niemals
bewältigen können.
OTS: Schwäbische Zeitung
newsroom: http://www.presseportal.de/nr/102275
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_102275.rss2
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de