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    "Wie könnt ihr nur mit euch selbst leben?"  3252  0 Kommentare Dreist: Preis für Allergiker-Notfallspritze in kürzester Zeit über 500 Prozent teurer

    Zur sofortigen Behandlung einer Überempfindlichkeitsreaktion müssen Allergiker häufig Adrenalin-Fertigspritzen mit sich führen. Die bekannteste unter ihnen ist innerhalb von sieben Jahren um mehr als 500 Prozent teurer geworden. Dass die Aussicht auf Profit hierbei sämtliche moralische Bedenken über Bord geworfen hat, ist leider kein Einzelfall. 

    Man sei entschlossener als je zuvor, "allen Menschen eine bezahlbare Behandlung mit hochwertigen Arzneimitteln zu ermöglichen", schreibt das Pharmaunternehmen Mylan edelmütig auf seiner deutschen Website. Eine abstruse Farce, beobachtet man einmal die Preisentwicklung für die Adrenalin-Fertigspritze "EpiPen". Wie die "New York Times" berichtet, ist der Preis für das Mittel zur Selbstverabreichung in den letzten sieben Jahren um weit mehr als 500 Prozent in die Höhe geschossen.

    Wo ein Spritzenset im Jahr 2009 noch 103,50 US-Dollar kostete, liegt der Preis heute bei 608,61 Dollar. Den Betroffenen entstehen die Kosten jedes Jahr mehrfach auf's Neue, denn das Mittel läuft in nur zwölf Monaten ab und sollte an verschiedenen Orten, wie Zuhause, im Auto und bei Schulkindern auch in der Schule bereitgehalten werden.

    Im Falle einer allergischen Reaktion, wie Atmennot, einem anaphylaktischen Schock oder einem heftigen Hautausschlag sorgt das in den Spritzen enthaltene Adrenalin schnell für Abhilfe. Der niederländische Hersteller besitzt mit dem EpiPen quasi eine Monopolstellung auf das Arzneimittel. Die wenigen Alternativen weisen entweder eine andere Handhabung auf oder wurden von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde gar nicht erst zugelassen. So konnte Mylan seine Umsätze im zweiten Quartal 2016 um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Obwohl es sich bei dem EpiPen um ein Jahrzehnte altes Produkt handelt, ist er durch die Preiserhöhung zu einem Milliardengeschäft geworden. 

    Was kostet ein Kinderleben?

    Doch wo es Gewinner gibt, gibt es immer auch Verlierer. "Für einen kurzen Moment hatte ich überlegt, es diesmal einfach sein zu lassen", zitiert die "New York Times" eine Mutter aus Massachusetts, die den EpiPen jedes Jahr für ihre 12-jährige Tochter kaufen muss. Am Ende wollte sie es aber dennoch nicht riskieren. "Es ist total falsch", sagte sie. "Es bringt Eltern dazu, das Leben ihrer Kinder abzuwägen."

    Auch in den sozialen Netzwerken sorgte die Nachricht für Empörung. "Die Preiserhöhung für den EpiPen widert mich an", schrieb ein Vater auf Facebook (Quelle: "Business Insider"). Sein Sohn habe lebensbedrohliche Allergien, weswegen er sowohl in der Schule als auch Zuhause immer ein Doppelpack vorrätig haben müsse, das Nachfüllen koste ihn mittlerweile 700 Dollar. "Wollt ihr mich veräppeln??? Das ist eine Schande und scheint mir unethisch. Wie könnt ihr nur mit euch selbst leben?", schrieb er weiter.

    Auch US-Senator Bernie Sanders schaltete sich in die Debatte ein. Es gebe keinen Grund, warum eine Familie für den EpiPen über 600 Dollar bezahlen muss, obwohl dieser nur ein paar Dollar in der Produktion koste, twitterte der ehemalige Präsidentschaftsbewerber und Sozialist. Die demokratische Senatorin Amy Klobuchar forderte Mylan per Twitter ebenfalls dazu auf, den Preis für das Arzneimittel wieder zu senken. 

    Es gibt nur einen Grund

    Das Unternehmen selbst gab keinen Kommentar zu der Preiserhöhung ab, sondern wies lediglich darauf hin, dass es im Rahmen des Gesundheitsplans die Möglichkeit gebe, sich die Kosten teilweise erstatten zu lassen. 

    Im Herbst letzten Jahres beantwortete der Pharmamanager Martin Shkreli die Frage nach dem "Warum" weit weniger diskret. Quasi über Nacht hatte der ehemalige Turing-CEO den Preis für ein Toxoplasmose-Medikament von 13,50 Dollar pro Tablette auf 750 Dollar angezogen. Eine über 5.000-prozentige Erhöhung, die ihm den Titel des meistgehassten Mannes der USA einbrachte.

    Man müsse eben Profit machen, so die Rechtfertigung des Managers in diversen US-Talkshows. Neben Turing und Mylan drehten auch Rodelis Therapeutics (Cycloserine von 500 US-Dollar für 30 Tabletten auf 10.800 US-Dollar) und Valeant Pharmaceuticals (Isuprel: Plus 525 Prozent und Nitropress: Plus 212 Prozent) zuletzt gehörig an der Preisschraube.





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