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    Börsen-Zeitung  340  0 Kommentare Depesche aus Washington, Kommentar zum Thema Steuervermeidung von Detlef Fechtner

    Frankfurt (ots) - Die unaufgeforderte Beteuerung der Unschuld gilt
    gemeinhin als erstes Lügensignal. Diese Lebensweisheit sollte man im
    Hinterkopf haben, wenn man das jüngste Positionspapier des
    US-Finanzministeriums liest. Die US-Regierung beteuert darin, die
    Besorgnis der EU-Kommission wegen der Steuervermeidung von Konzernen
    zu teilen. Wer es glaubt, wird selig! Denn wenn diese Konzerne
    Amazon, Apple oder Starbucks heißen, hat Washington jede Menge
    Beschwerden und Vorbehalte dagegen, dass EU-Wettbewerbshüter ernst
    machen im Kampf gegen ausgebuffte Strategien zur Steuervermeidung.

    Einige dieser US-Vorwürfe gegenüber Brüssel laufen ins Leere, etwa
    dass US-Firmen benachteiligt würden. Es ist wohl eher so, dass gerade
    US-Konzerne besonders dreiste Steuergestaltungen nutzen und deshalb
    oft im Fokus stehen. Andere Vorwürfe sind wiederum ohne Jura-Examen
    kaum zu beurteilen. Allerdings drängt sich die Frage auf, warum sich
    das US-Finanzministerium in ein laufendes Wettbewerbsverfahren
    einmischt. Denn sollten die Brüsseler Praktiken tatsächlich mit
    internationalen Prinzipien kollidieren oder die Rechtssicherheit
    gefährden, hätten Apple & Co. ja alle rechtlichen Möglichkeiten, sich
    zu wehren. Dazu braucht es keine Depesche aus Washington.

    Zugegeben, der Rückzahlbetrag an die Steuerbehörden, der auf Apple
    zukommt, wenn die EU-Kommission in den nächsten Wochen eine
    Entscheidung in dem Beihilfenfall fällt, wird happig ausfallen. Denn
    auch wenn die EU-Behörde keine konkrete Vorgabe machen wird, dürfte
    sich letztlich eine Milliardensumme ergeben. Allerdings sollte man -
    bevor man das für unangemessen hoch erklärt - bedenken, dass es sich
    ja nicht um eine Strafe handelt, die freihändig festgesetzt worden
    ist, sondern um die Anordnung einer Rückzahlung. Anders ausgedrückt:
    Die Summe ist nur deshalb so hoch, weil der Konzern die Steuerlast
    durch listige Gestaltung zuvor so unglaublich stark reduziert hat.

    Vieles deutet darauf hin, dass sich die US-Regierung gerade jetzt
    noch einmal einzumischen versucht, weil die Wahlen vor der Tür
    stehen. Da kommt es gewiss beim Wähler (und bei manchem
    Parteispender) gut an, sich für heimische Unternehmen stark zu
    machen. EU-Kommissarin Margrethe Vestager darf sich aber von
    Beschwerden und Drohungen aus Übersee nicht irre machen lassen. Es
    wäre jammerschade, wenn die USA mit dieser Form der
    Depeschen-Diplomatie Erfolg hätten und es ihr gelänge, europäische
    Wettbewerbsverfahren zu politisieren.

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