Neue Arbeitswirklichkeit verändert Aufgaben für Sozialgerichte
KASSEL (dpa-AFX) - Der Wandel in der Arbeitswelt verändert nach Ansicht des scheidenden Präsidenten des Bundessozialgerichts, Peter Masuch, auch die Arbeit der Sozialgerichte in Deutschland. "In den letzten Jahren bemerken wir durchaus eine Zunahme von Verfahren, die ihre Ursache in der neuen Arbeitswirklichkeit haben", sagte Masuch der Deutschen Presse-Agentur. Dabei gehe es zum Beispiel um die Frage, ob die gesetzliche Unfallversicherung auch bei der Arbeit im "Homeoffice" greife. Masuch geht Ende des Monats in den Ruhestand und wird am Mittwoch (31. August) offiziell verabschiedet. Er stand seit 2008 an der Spitze des höchsten deutschen Sozialgerichts.
Neue Aufgaben für die Sozialgerichte erwartet Masuch auch durch Zuwanderung und Flüchtlinge. Denkbar seien etwa Fragen, welche Aus- und Fortbildungsmaßnahmen von den Jobcentern zu erbringen sind, um Zuwanderern eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Zu einer möglichen Klagewelle von Flüchtlingen sagte Masuch: "Das ist durchaus vorstellbar, allerdings derzeit noch nicht verlässlich vorherzusagen."
Besonders die Hartz-Reformen haben den Sozialgerichten in den vergangenen Jahren viel Arbeit beschert. Viele Neuregelungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende und im Bereich der Sozialhilfe hätten auf dem Prüfstand gestanden, erklärte Masuch. Die meisten Fragen seien aber inzwischen beantwortet.
Generell zeige sich: "Kaum eine Rechtsmaterie ist so dicht an den Lebensmodellen der Menschen wie das Sozialrecht." Der gesellschaftliche Wandel gerade im Bereich von Ehe und Familie spiegele sich immer wieder in den Urteilen der Sozialgerichte, etwa bei der Einbeziehung von Patchworkfamilien in den Schutz der Sozialversicherung.
Lesen Sie auch
Eine pauschale Klagefreundlichkeit will Masuch den Deutschen aber nicht unterstellen. Was vor den Sozialgerichten verhandelt werde, sei häufig von großer finanzieller, teils sogar lebenswichtiger Bedeutung. Da sei es nur verständlich, wenn sich Betroffene gegen vermeintliches Unrecht zur Wehr setzten. Die Zahl der Klagen bei den Sozialgerichten sei seit 2011 indes sogar zurückgegangen./rib/DP/zb