Tschüß Abgeltungsteuer?
Sozialer Sprengstoff: Höhere Steuern für Vermögende und Erben gefordert
In letzter Sekunde einigen sich Bund und Länder in der Nacht zum Donnerstag auf einen Kompromiss zur Reform der Erbschaftsteuer. Den neuen Plänen zufolge bleiben auch künftig Firmenerben vom Fiskus verschont, wenn sie das Unternehmen längere Zeit fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Lang umstritten war das so genannte „Abschmelzmodell“. Soll Privatvermögen privat bleiben, greift ein Abschlag: Mit wachsendem Unternehmensvermögen muss also ein größerer Teil des Betriebsvermögens versteuert werden. Keine Verschonung wird gewährt ab einem Erbe von 90 Millionen Euro.
Die Kritik aus Reihen der Firmenlobbyisten ließ nicht lange auf sich warten. Für Mario Ohoven, Präsidenten des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), ist die Neufassung bereits vor der finalen Verabschiedung zum Scheitern verurteilt: "Es ist zu erwarten, dass er vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird“, erklärte der Mittelstands-Präsident. "Auch die nachgebesserte Version ist ungerecht und unsozial, weil alles, was mit der Erbschaftsteuer belegt wird, schon zuvor doppelt und dreifach versteuert worden ist. Der Mittelstand bleibt dabei: Die Erbschaftsteuer gehört ersatzlos gestrichen.“ Und der ifo-Präsident Clemens Fuest kritisiert die neuen Reformvorschläge gar als "Beschäftigungsprogramm für Steuerberater“.
Abschaffung der Abgeltungsteuer
Das eine ist noch nicht über die Bühne, da kommt schon der nächste Vorstoß daher. Diesmal aus dem Hause der Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die Erben und Vermögende künftig höher besteuern will. „Es gibt inzwischen eine Oligarchie der Reichen in diesem Land“, sagte die SPD-Politikerin im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin „der Spiegel“. Und ergänzt: „Da ist über Jahre ein sozialer Sprengstoff entstanden, der den Zusammenhalt in unserem Land ernsthaft gefährdet.“
Um Vermögende stärker in die Pflicht zu nehmen, will Nahles die Abgeltungsteuer abschaffen. „Wer sein Geld mit Kapitalanlangen verdient, muss denselben Steuersatz zahlen wie ein Arbeitnehmer auf sein Einkommen“, sagte sie. Auch den Kompromiss zur Erbschaftsteuer will Nahles in der nächsten Wahlperiode nachbessern. „Wir brauchen eine Erbschaftsteuer, die diesen Namen verdient. Was da diese Woche verhandelt wurde, war das absolute Minimum.“
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Allerdings warnte Nahles die SPD davor, im Wahlkampf erneut die Wiedereinführung der Vermögensteuer zu fordern. „Ich würde davon abraten“, sagte sie dem „Spiegel“. Die Partei trete schon lange für die Vermögensteuer ein und habe nie die notwendigen Mehrheiten dafür gefunden. „Deshalb muss man sich in der Tat fragen, ob es sinnvoll ist, das Projekt ein weiteres Mal ins Programm zu schreiben.“