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     495  0 Kommentare Weitere Verhandlungen um Kaiser's Tengelmann - Lob von Gabriel

    MÜLHEIM/BERLIN (dpa-AFX) - Die Hängepartie um die Zukunft der verlustreichen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann und ihrer bundesweit gut 15 000 Mitarbeiter hält an. Nachdem Eigentümer Karl-Erivan Haub die Pläne zur Zerschlagung des Unternehmens am Freitag für zwei Wochen ausgesetzt hatte, richtete sich der Blick am Wochenende bereits auf die anstehenden Verhandlungen in den kommenden Tagen. Am Samstag und Sonntag wurden die Krisengespräche nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch nicht fortgesetzt.

    Tengelmann, der Übernahme-Interessent Edeka, der Konkurrent Rewe und die Gewerkschaft Verdi wollen einen letzten Versuch unternehmen, doch noch eine einvernehmliche Lösung zu finden. Scheitert dies, will Haub sofort mit dem Einzelverkauf der Tengelmann-Filialen beginnen - dann würde das Aus für Tausende Arbeitsplätzen drohen.

    Der deutsche Supermarkt-Branchenprimus Edeka und Kaiser's Tengelmann hatten vor etwa zwei Jahren eine Fusion beschlossen. Doch das Bundeskartellamt legte sein Veto ein, weil es weniger Wettbewerb und höhere Preise befürchtete. Zwar hebelte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das Verbot zunächst über eine Ministererlaubnis aus. Doch gelang es Rewe und dem Handelsunternehmen Markant, mit einer Klage vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf die Umsetzung dieser Ausnahmegenehmigung vorläufig zu stoppen.

    Auch der Bundesgerichtshof wird sich mit dem Thema befassen - die wirtschaftliche Lage in vielen Kaiser's-Tengelmann-Filialen wird aber zunehmend dramatischer. Justus Haucap, Ökonomieprofessor an der Uni Düsseldorf und ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission, sagte der dpa: "Die Gerichtsverfahren werden noch sehr lange dauern. Mir scheint, dass Herr Haub nicht mehr die Geduld hat, noch länger zu warten - auch weil die Kette jeden Tag Verluste einfährt."

    Gabriel lobte die Entscheidung Haubs zur Fristverlängerung für die Krisengespräche: "Das, finde ich, ist eine große Chance." Er freue sich, dass der Tengelmann-Aufsichtsrat den zuvor drohenden Beschluss zur Zerschlagung nicht gefasst habe. Die Beschäftigten könnten so noch einmal auf eine Verständigung unter den Beteiligten hoffen.

    Die Grünen im Bundestag, die Gabriels Sondererlaubnis kritisch sehen, beurteilten die Verlängerung ebenfalls grundsätzlich positiv. "Es ist gut, dass Haub den weiteren Gesprächen etwas Zeit eingeräumt hat", sagte Grünen-Wettbewerbsexpertin Katharina Dröge. "Jetzt ist es wichtig, dass alle Beteiligten konstruktiv an einer Lösung arbeiten, die möglichst viele Jobs rettet." Zwei Wochen erschienen aber kurz.

    Eigentlich sollte der Ausverkauf nach Haubs Worten nun schon starten. Der Kaufvertrag mit Edeka sollte aufgekündigt, die ersten Angebote für die Filialen in der Vertriebsregion Nordrhein sollten eingeholt werden. Dies sei erst einmal ausgesetzt, sagte er - ebenso wie die für einen solchen Schritt erforderlichen Sozialplan-Verhandlungen.

    Grund für den Meinungswandel waren Fortschritte, die am Donnerstagabend bei einem Krisengipfel von Haub, Edeka-Chef Markus Mosa, Rewe-Chef Alain Caparros und dem Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske erzielt wurden. Sie verständigten sich, zeitnah eine "tragfähige, gemeinsame Lösung" für die angeschlagene Supermarktkette zu finden - im Interesse aller Beteiligten und der Beschäftigten.

    Bei den Mitarbeitern keimte Hoffnung auf eine Rettung in letzter Minute auf. Der Berliner Betriebsratschef Volker Bohne sagte, er setze nach wie vor auf eine Komplettübernahme durch Edeka, "weil es die einzige Möglichkeit ist, alle Arbeitsplätze zu erhalten".

    SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil appellierte an die Verantwortlichen im Deutschlandfunk (Samstag): "Ich hoffe sehr, dass die 14 Tage genutzt werden, um jetzt die Zerschlagung zu verhindern im Interesse der Sicherung von Arbeitsplätzen. (...) Und deren Schicksal sollte niemandem egal sein, deshalb ist es gut, dass es die Gespräche gibt."

    "Ich bin dankbar, dass der "Runde Tisch" zustande gekommen ist, und hoffe, dass noch eine Lösung im Sinne unserer Mitarbeiter gefunden werden kann", meinte auch Haub. Er warnte zugleich: "Sollten die Bemühungen um eine Umsetzung der Ministererlaubnis jedoch erfolglos sein, wird der Vertrag mit Edeka enden, und wir werden in die Einzelverwertung gehen." Dann werde sich die Inhaberfamilie auch aus dem Aufsichtsrat von Kaiser's Tengelmann zurückziehen./jap/DP/jha





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