Aixtron - GCI
Aixtron - Verwirrung um chinesischen Käufer, nur ein Strohmann?
Vor Kurzem berichtete wallstreet:online über den anscheinend unstillbaren Appetit der Chinesen auf deutsche Unternehmen - ersichtlich in der erheblichen Zunahme der Übernahmen mit chinesischer Beteiligung in den vergangenen Monaten. Der China-Experte Sebastian Heilmann warnte gar vor einem systematischen Ausverkauf deutscher Hochtechnologie an die Volksrepublik. Mit dem so genannten ‚Leap-Frogging‘ könnte das Reich der Mitte wesentliche Entwicklungsstufen einfach überspringen, indem sie ausländisches Know-how übernehmen. Das Wirtschaftsprogramm ‚Made in China 2025‘ könne demnach als staatlich verordnete Einkaufsliste verstanden werden.
Und die jüngste Einkaufsliste kann sich sehen lassen: der Roboterhersteller Kuka ging für vier Milliarden Euro an den chinesischen Elektrogerätehersteller Midea, EEW Waste to Energy für 1,4 Milliarden Euro an die Beijing Enterprises Holding, die Osram-LED-Sparte für 400 Millionen Euro an ein chinesisches Konsortium und der Maschinenbauer KraussMaffei für 900 Millionen Euro an den Staatskonzern ChemChina. Und das sind nur die großen Namen.
Aixtron soll die Liste ergänzen…
Bald könnte sich ein neuer Name in die Liste einreihen: der Spezialmaschinenbauer Aixtron. Doch zuvor gilt es, Spekulationen um dubiose Verflechtungen des chinesischen Unternehmens Grand Chip Investment (GCI) entgegen zu treten. „Wir haben im Rahmen einer üblichen Bieter-Due-Diligence etwaige rechtliche Verbindungen intensiv anwaltlich prüfen lassen“, sagte Aixtron-Vorstandschef Goetzeler gegenüber der „Welt am Sonntag“. GCI will den Tec-Dax-Konzern für 670 Millionen Euro übernehmen.
Goetzeler dementierte damit Spekulationen um einen Zusammenhang zwischen der Stornierung eines Großauftrags durch San’an Optoelectronics Anfang Dezember 2015 und dem Kaufangebot von
GCI wenige Monate später. Die Spekulationen waren aufgekommen, weil beide Unternehmen aus der gleichen chinesischen Stadt stammen und der frühere Großkunde zudem mit fünf Prozent an der
Gesellschaft Sino IC Leasing beteiligt ist, die GCI bei der Finanzierung der geplanten Übernahme zur Seite steht. „Uns wurde ausdrücklich bestätigt, dass der Großkunde
weder am Bieterunternehmen beteiligt ist noch Einfluss auf die Finanzierungsentscheidung der Sino IC Leasing hatte“, sagte Goetzeler weiter.
Gleichzeitig berichtete der Manager von konstruktiven Treffen mit GCI-Mehrheitsgesellschafter Liu Zhendong. „Herrn Liu kenne ich seit einem halben Jahr. Wir haben uns mehrfach getroffen, sowohl in
Deutschland als auch in China“, sagte Goetzeler, der jüngst auf Investorentour in Frankfurt, London und Paris war, um die Aktionäre zu informieren und Fragen zu beantworten. „Für mich ist er ein
Geschäftsmann mit Wertvorstellungen und genauen Ideen, wie sich Aixtron in Zukunft entwickeln soll.“
Aixtron-Aktionäre am Drücker…
Goetzeler empfiehlt daher den Aktionären, die Offerte von GCI anzunehmen. „Wir haben ein Angebot auf dem Tisch, das aus Sicht des Vorstands und des Aufsichtsrats viele Vorteile bietet für alle
Interessengruppen“, sagte der Manager der Zeitung. Mit der Bieterin sei vereinbart worden, zum einen das Portfolio in Gänze weiterzuführen und zum anderen an sämtlichen Standorten festzuhalten,
genau wie an den Mitarbeitern. Goetzeler wittert daher die große Chance für sein Unternehmen, das zuletzt etwas in Schieflage geraten ist. Das aktuelle Umsatzniveau jedenfalls reiche nicht
mehr aus, um die hohen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung - die Rede ist von jährlich 55 bis 65 Millionen Euro - weiterhin zu finanzieren.
Lui - nur ein Strohmann?
Öffentlich aufgetreten ist Liu bislang nicht. Recherchen der „Welt am Sonntag“ in China endeten bei seinem Assistenten, der weder Details noch ein Foto des Investors preisgeben wollte. Experten
sehen Liu als eine Art Strohmann der chinesischen Regierung. „Es geht um die Frage, wie eng der chinesische Staat und private Investoren Hand in Hand zusammenarbeiteten“, sagte Jost Wübbeke, der
Programmleiter für Wirtschaft und Technologie am Merics-Institut für China-Studien in Berlin. Dafür nämlich gebe es im Fall Aixtron viele Indizien. Auffällig sei zum Beispiel, wie
wenig Informationen über den Käufer verfügbar sind, aber auch die komplizierte Konstruktion seiner chinesischen Investmentgesellschaft, die womöglich den Staat als eigentlichen Akteur
verschleiere. Das zumindest würde zum „Leap Frogging“ passen und der staatlich verordneten Einkaufsliste.
Liu-Assistent Li begründet das Interesse seines Chefs an Aixtron mit der Bedeutung der Halbleiterindustrie als „strategische Stütze für die zukünftige Industrieentwicklung“. Aixtron baut Maschinen
für die Halbleiterherstellung.