Christoph Pfluger im Interview
"Geld als Heilmittel!?"
Zürich (pts005/28.09.2016/06:45) - Das Thema "Geld" ist emotional mit Angst und Stress besetzt. "Geld als Heilmittel" erfordert ein Umdenken. Wirtschaftsjournalist und Autor des Untergrund-Bestsellers "Das nächste Geld" Christoph Pfluger im Interview - von der Finanzkrise über die Vollgeldreform bis zum Persönlichen...
Christoph Pfluger ist Referent am Spiraldynamik® Kongress am 12. November 2016 in Zürich.
Sie beschäftigen sich als Wirtschaftsjournalist seit Jahrzehnten mit dem Finanzsystem und sind Mit-Initiant der Schweizerischen Vollgeld-Initiative. Worum geht es dabei?
Christoph Pfluger (CP): Bei der Vollgeldinitiative geht es darum, die Geldschöpfung der privaten Banken zu unterbinden. 90 Prozent des Geldes schöpfen sie selber, jedes Mal, wenn sie einen Kredit
verleihen. Dieses Geld besteht aus Schulden, die grösstenteils nicht bezahlt werden können, und es ist nicht einmal ein gesetzliches Zahlungsmittel. Zudem wandert es zu rund drei Vierteln in die
Finanzwirtschaft und damit in spekulative Geschäfte. Mit der Vollgeld-Reform kommt alles Geld von der Nationalbank und die Banken können kein Geld mehr verleihen, das sie gar nicht haben.
Was läuft schief im heutigen Finanzsystem?
CP: Unser Geldsystem dient in erster Linie der Finanzwirtschaft und nicht der Realwirtschaft, wo die Werte geschaffen werden, die wir zum Leben brauchen. Die Finanzwirtschaft profitiert von der
hohen, aber weitgehend fiktiven Geldschöpfung; die weniger profitable Realwirtschaft gerät unter Druck, die Löhne sinken, Arbeitsplätze werden in Billiglohnländer ausgelagert - die ganze Litanei,
die wir nicht mehr hören mögen. Die hohen Managerlöhne und die Betrügereien im Bankensystem sind dabei nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs.
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Wie lautet Ihre Diagnose in Zahlen?
CP: Die weltweiten Schulden aller Staaten, Firmen und Individuen belaufen sich auf 200 Billionen Dollar, die komplizierten Derivate mit noch einmal rund 600 Billionen nicht eingerechnet. Selbst
wenn wir vom Weltbruttosozialprodukt von 60 Billionen zehn Prozent für den Schuldendienst abzweigen - eine faktische Unmöglichkeit - würde es über dreissig Jahre dauern, bis wir endlich
schuldenfrei wären und keine Zinsen mehr zu bezahlen bräuchten. Denn diese Zinsen und Kapitalkosten verstecken sich in allen Preisen und machen rund 30 Prozent aus - ein enormer Tribut an unser
Schuldgeldsystem. Aber die Weltgeldmenge reicht bei weitem nicht, um die Schulden zu begleichen, die ja in Geld bezahlt werden müssen. Wir stehen in gewisser Hinsicht vor einem globalen Konkurs,
setzen aber eine Politik durch, als ob die Schulden immer noch bezahlt werden könnten.