Wer hätte das gedacht?
Allianz zur Rente: Das deutsche Umlagesystem ist stabil! (Ja, es gibt ein ABER)
Die Diskussionen um die Nachhaltigkeit des deutschen Umlagesystems werden immer hitziger, da kommt die Allianz daher und sagt: Alles paletti. Das Finanzpolster ist dick genug und wird es auch in Zukunft bleiben. Zumindest unter einer, sagen wir mal, gutgläubigen Annahme.
Na, rennen Sie auch gerade in verzweifelter Panik von Anlageberater zu Anlageberater, um sich in ihrem letzten Lebensabschnitt zumindest noch ansatzweise über Wasser halten zu können? Laut einem aktuellen Studienergebnis der Allianz-Versicherung können Sie eigentlich ganz entspannt bleiben, denn die Ökonomen der Forschungsabteilung haben - zum Erstaunen aller - herausgefunden, dass das deutsche Umlageverfahren auf gar nicht mal so wackeligen Beinen steht, wie bisweilen angenommen.
Tatsächlich sei es sogar trotz der kostspieligen Koalitionsentscheidungen, wie der Mütterrente und der Rente mit 63 stabiler als noch vor wenigen Jahren. Das Ergebnis habe sie selbst zunächst überrascht, sagte Michaela Copppola, leitende Volkswirtin in der Allianz-Forschungsabteilung, gegenüber der "Welt". "Aber auf den zweiten Blick sind zwei große Veränderungen verantwortlich dafür, dass das Rentensystem nachhaltiger finanziert ist, nämlich ein höheres tatsächliches Renteneintrittsalter und gesündere Staatsfinanzen."
Vor allem Ersteres sei der Hauptgrund dafür, dass es besser um den Topf bestellt ist, als gedacht. Denn viele gehen freiwillig länger arbeiten, als sie eigentlich müssten. Neben der Abschaffung der Frühverrentung dürfte hierzu auch die neue Flexi-Rente ihr Übriges tun. Nach Meinung von Coppola ist sie "ein Schritt in die richtige Richtung", da sie die Menschen dazu anhalte für mehr Geld später in Rente zu gehen. Für das Umlagesystem ist das eine echte Entlastung, denn es werden länger Beiträge bezahlt und die Bezugsdauer verkürzt sich dadurch.
Diese Annahme gilt aber eigentlich nur für den aktuellen Status Quo, denn natürlich steigt die fernere Lebenserwartung mit fortlaufender Zeit, was sich wiederum in den Ausgaben niederschlagen wird. Darüber hinaus sind die soliden Staatsfinanzen nur ein Ergebnis des wirtschaftlichen Ist-Zustands, der sicherlich bedenkenlos als rosig bezeichnet werden kann. Die Beschäftigung befindet sich auf Rekordniveau, die Arbeitslosenquote geht immer weiter zurück.
Dies ist aber nur eine Momentaufnahme. Wer weiß schon mit Gewissheit, ob es in Zukunft auch weiterhin so flutscht in der deutschen Wirtschaft? Eine eintretende Stagnation oder gar Rezession würde die Überschüsse ganz schnell wieder aufzehren, ein Szenario, welches die Wissenschaftler in ihren Berechnungen unberücksichtigt gelassen haben, genauso wie die Entwicklung von Rentenbeitrag und -niveau.
Was taugt der Befund also? Abgesehen von der mehr oder minder beruhigenden Aussage, dass alles passt, wenn alles so weitergeht, wie bisher, zeigt er uns zumindest auf, dass wir uns im internationalen Vergleich im guten Mittelfeld bewegen. Demnach stehen die Rentensysteme in Österreich, Belgien und Frankreich in Fragen der Finanzierung noch schlechter dar, als das Unsrige. Eine Scheibe abschneiden können wir uns dagegen von der Nachhaltigkeit der schweizerischen oder skandinavischen Kassen.
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