German Angst bei der Geldanlage
Null- und Negativzinsen? Der deutsche Sparer bleibt trotzdem bei Altbewährtem
Dass die üblichen Anlageformen, wie Spareinlagen oder Tagesgelder kaum noch Rendite abwerfen, ist bei den meisten Deutschen mittlerweile angekommen. Doch anstatt sich die Gewinne auf anderem - etwas riskanterem - Wege zu holen, verzichten sie lieber ganz auf Zinsen.
Der gemeine Deutsche scheint das Vorzeigeexemplar eines verlustaversen Wirtschaftsteilnehmers zu sein. Das Phänomen der Verlustaversion wird in der Verhaltensökonomik als Tendenz beschrieben, Verlusten ein höheres Gewicht beizumessen, als Gewinnen. Der Ärger darüber, zehn Euro zu verlieren wird also viel intensiver wahrgenommen, als die Freude darüber, 20 Euro zu gewinnen.
So kommt es zu teilweise irrationalen Handlungen, die dem nutzenmaximierenden Kalkül des Homo Oeconomicus nicht wirklich gerecht werden. Man könnte zum Beispiel meinen, dass der deutsche Sparer in Anbetracht der Niedrigzinsphase sämtliche Geldanlagen einfach umschichtet und sich seine Rendite auf anderem Wege abholt.
Wie die Deutsche Bank in einer neuen Umfrage herausgefunden hat, ist dem aber nicht so. Zwar ist den meisten Deutschen durchaus bewusst, dass sie mit ihrer derzeitigen Sparform keine Zinsgewinne mehr erwarten können, im Gegenteil - viele fürchten sogar, am Ende noch oben drauf zahlen zu müssen. Die Angst vor dem Risiko am Aktienmarkt ist jedoch noch größer.
Von den 500 Befragten erwarten demnach 64 Prozent, dass ihr Erspartes durch die Niedrigzinsen künftig weniger wert sein wird. Fast genauso viele schätzen, dass das aktuelle Zinsniveau noch bis zu drei Jahre lang anhält, der Rest geht sogar von bis zu zehn Jahren aus. Trotzdem will jeder zweite Bundesbürger das Zinstief am liebsten aussitzen und kein höheres Risiko bei der Geldanlage eingehen.
Die meisten setzen daher weiterhin auf ihre altbewährte Sparform. 20 Prozent nutzen nach wie vor die Spareinlage, 19 Prozent Tages- und Festgelder und 14 Prozent investieren in Lebens- und private Rentenversicherungen. Nur 13 Prozent gaben an, ihr Geld demnächst in Aktien anlegen zu wollen, sieben Prozent möchten es über Investmentfonds versuchen. Für eine große Mehrheit (73 Prozent) ist die Sicherheit jedoch noch immer der wichtigste Aspekt bei der Kapitalanlage.
„Viele Deutsche waren immer kluge Sparer. Aber die Zeiten haben sich geändert. Der risikolose Zins liegt derzeit bei maximal null. Deswegen muss man sich überlegen, welche Risiken man bereit ist zu tragen. Wer ohne Blessuren durch das aktuelle Zinstal gehen möchte, muss sein Geld streuen und sich mit anderen Anlageklassen wie etwa Aktien beschäftigen. Das größte Risiko ist mittlerweile, gar nichts zu tun“, erklärt Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.