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    Marktkommentar  499  0 Kommentare Dr. Daniel Hartmann (BATNLEON): Italien bereitet Sorge, die Konjunktur macht Freude

    Dr. Daniel Hartmann sieht gute Chancen, dass sich die gemäßigten Kräfte in Italien zusammenraufen – trotz schallender Ohrfeige gegen das Establishment.

    Die italienischen Wähler haben Matteo Renzi eine schallende Ohrfeige erteilt und damit einmal mehr Italien in eine Regierungskrise gestürzt. Es bestehten indes gut Chancen, dass sich die gemässigten politischen Kräfte zusammenraufen und damit die Hängepartie zeitnah überwunden wird. Zur Stabilsierung der Lage dürften darüber hinaus die EZB und das sehr freundliche weltwirtschaftliche Umfeld beitragen. Der Ausblick für Rissikoassets bleibt daher günstig.

    Zum 3. Mal in diesem Jahr wurde das Establishment abgewatscht. Auf David Cameron und Hilary Clinton folgte mit Matteo Renzi das nächste prominente Opfer. Das »Nein« zu seiner Senatsreform war mit knapp 60% sogar eine besonders schallende Ohrfeige. Zum wiederholten Mal zeigt sich aber zugleich, dass politische Börsen kurze Beine haben. Das Nachbeben im Falle Italien scheint sogar noch kleiner zu sein als beim Brexit und der Trump-Wahl. Dazu trägt auch bei, dass sich Renzis Niederlage bereits im Vorfeld abgezeichnet hat. Ein kleines Trostpflaster für die europafreundlichen Kräfte ist überdies der Sieg des liberalen Van der Bellens bei der Wahl in Österreich.

    Bei aller Gelassenheit ist indes nicht zu verhehlen, dass in Italien eine Phase der politischen Unsicherheit bevorsteht. Renzi hat bereits seinen Rücktritt angekündigt. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf Staatspräsident Sergio Matarella. Er wird Renzis Demokratischer Partei einen neuen Regierungsauftrag erteilen. Unter Umständen schlägt die Stunde des bisherigen Finanzministers Pier Carlo Padoan. Scheitert der Partito Democratico mit der Regierungsbildung, ist eine Technokratenregierung eine weitere Alternative. An Neuwahlen haben weder der Präsident noch die gemässigten Kräfte im Parlament ein Interesse. Gewinner wäre dann vermutlich die populistische 5-Sterne-Bewegung.

    Renzi hat Italien mit seiner Verfassungsreform offenbar zu viel zugemutet. Von einem sehr komplexen System der wechselseitigen Kontrolle, das häufig zur politischen Lähmung führte, wollte er in das genaue Gegenteil umschwenken. Die stärkste Partei bei der Wahl der Abgeordnetenkammer hätte in Zukunft unangefochten regiert – mit allen Chancen, aber auch Risiken.

    Die Parteien müssen sich jetzt wieder zusammenraufen und auf ein neues – vermutlich weniger radikales – Wahlsystem einigen. Die Chancen stehen aus unserer Sicht gar nicht so schlecht, dass dies gelingt und sich Italien in Zukunft weiter durchwurstelt. Kurzfristig steht die Sanierung des Bankensystems für die neue Regierung ganz oben auf der Agenda. Um die Kapitalausstattung der italienischen Institute sicherzustellen, ist unter Umständen auch ein Entgegenkommen der EU-Kommission notwendig.

    Die EZB tut bereits alles, um die Liquiditätsausstattung der Banken sicherzustellen. Am kommenden Donnerstag steht aber die Zukunft des Anleihenkaufprogramms im Zentrum der Debatte. Offenbar hat sich gegen ein »weiter so« Widerstand im EZB-Rat formiert. Ein Tapering-Signal wäre indes zum jetzigen Zeitpunkt hoch riskant. Viel spricht somit dafür, dass Mario Draghi einmal mehr den Ausputzer in der Eurozone spielt und grünes Licht für eine Verlängerung des QE-Programms über März 2017 hinaus gibt.

    Bei allen politischen Turbulenzen sollten überdies die ökonomischen Fakten nicht aus dem Blick verloren werden und diese sind derzeit ziemlich einhellig: Die Weltwirtschaft hat sich Ende 2016 belebt. Mit wenigen Ausnahmen befinden sich die Einkaufsmanagerindikatoren in Europa, Asien und Amerika im Aufwind. Selbst in Italien sprang der Composite-Einkaufsmanagerindex im November von 51,1 auf 53,4 Punkten. Gleichzeitig sind die Arbeitslosenquoten in der Eurozone auf ein 7-jähriges, in den USA auf ein 9-jähriges, in UK auf ein 11-jähriges und in Japan auf ein 30-jähriges Tief gefallen.

    Alles in allem ist die Niederlage Renzis sicherlich ein Rückschlag für die Eurozone. Das Ergebnis war aber absehbar und die politische Krise scheint überwindbar. Hoffnung macht darüber hinaus die aktuelle konjunkturelle Entwicklung, die sich von den politischen Unruhen unbeeindruckt zeigt. Mithin bleibt das Umfeld für Risikoasstes weiter konstruktiv.




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