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     2003  1 Kommentar Die Katastrophe live anschauen

    Bei uns gibt es eine Entwicklung, die vermutlich weit gefährlicher ist als alle anderen, die wir heute so sicher in einer Katastrophe enden sehen. Und das betrifft weder die EZB noch Trump oder Putin, sondern unsere demografische Entwicklung.

     

    Noch bevor die Weihnachtszeit anfing, konnte ich sie in einem genialen Moment einmal live beobachten. Da musste ich ein Päckchen aus dem DHL-Shop neben dem großen Supermarkt abholen. Ich gehe an einem Wochentag gegen Mittag dorthin, weil ich denke, dass es da bestimmt am leersten ist. Wie gesagt, das gilt nur für die Nicht-Weihnachtszeit.

     

    Doch der Parkplatz quillt selbst an einem stinknormalen Tag fast über, und auch im Supermarkt sowie den kleineren Läden daneben herrscht großer Trubel. Ich frage die Frau vom Imbiss, die ich gut kenne: „Was ist denn hier los? Wann arbeiten denn die Leute?“

     

    Die Antwort darauf kommt von einer älteren Kundin, die neben mir steht, mitgehört hat und nun sagt: „Hier arbeitet doch heute niemand mehr. Sie leben wohl nicht mehr in der realen Welt?!“

     

    Ich denke: Bitte was?

     

    Doch dann schaue ich mich einmal um und merke: Sie hat Recht! Nahezu alle Menschen, die ich hier sehe, sind sicherlich bereits in Rente. Und der Rest sieht aus, als bekäme er Hartz IV.

     

    Auf der Rückfahrt registriere ich dann auch erstmals, warum so viele Radfahrer auf der Straße fahren. Es ist gar nicht die schlechte Qualität der Radwege, sondern findet den Grund darin, dass die Radwege von Rollatoren und Einkaufsrollern okkupiert sind.

     

    In Berlin Mitte mag das anders aussehen, doch hier draußen am Stadtrand wird das Straßenbild nahezu komplett von Grau und Khaki dominiert.

     

    Wer sich ein Bild von der demografischen Katastrophe machen will, die unsere Ökonomie in Zukunft mächtig verändern und mit dem Rentensystem auch das Staatsbudget ins Kippen bringen wird, soll sich einmal eine Stunde in den Vororten der großen Städte herumtreiben.

     

    Dann kann er bereits den Schneeball sehen, der einmal zur großen Lawine werden wird. Obwohl der Schnee ja heute ansonsten bei uns so konsequent ausbleibt.

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Die Katastrophe live anschauen Noch eine Bombe