Ist Geld heute noch knapp?
Geld ist knapp. Zumindest vermitteln uns das die Wirtschaftswissenschaften. Geld muss auch knapp sein, führt ein bedachter Umgang mit Geld doch zu guten Investitionsentscheidungen. Lange Zeit war das auch uneingeschränkt gültig. Als ich neulich jedoch über dieses Phänomen nachgedacht habe, war ich mir dessen gar nicht mehr so sicher.
Klar, wenn man mir jetzt sofort einen großen Bündel Scheine unter die Nase hielte, würde ich bestimmt nicht nein sagen! Die Chancen sind groß, dass du ähnlich handeln würdest. Aber was dann mit dem Geld anfangen? Ist es überhaupt noch erstrebenswert, Geld an und für sich, in seiner reinsten Form, sei es in Scheinen, Münzen oder Bankguthaben, zu besitzen? Hier begann ein Gedankenexperiment, das ich gerne mit dir teilen möchte:
Denn grundsätzlich befinden wir uns in schwierigen Zeiten, um Geld zu besitzen. Die EZB und weitere Zentralbanken fluten die Geldmärkte monatlich mit Anleihekäufen, die Leitzinsen sind auf historisch niedrigen Ständen. Risikofreie Rendite praktisch ausgeschlossen. Was also tun als Investor?
Die Alternative für all diejenigen, die ihr Geld nicht komplett für Konsum ausgeben, sondern auch etwas investieren wollen, sind häufig Aktien, Immobilien und Rohstoffe wie beispielsweise Gold interessant. Doch bei all diesen Anlagegütern handelt es sich nicht mehr um Geld, sondern um Unternehmen, Häuser und Güter. Also Sachanlagen. Es scheint, als seien Investoren regelrecht nicht mehr auf der Suche nach Geldanlagen, sondern nach guten Möglichkeiten, ihr Geld loszuwerden. Auf Knappheit beim Geld lässt das nicht schließen.
Zufall, sagst du? Dann schauen wir uns mal zwei weitere volkswirtschaftliche Akteure an, und zwar Unternehmen und Banken. Letztere sind zwar auch oftmals Unternehmen, spielen aber in vielen volkswirtschaftlichen Modellen eine Sonderrolle.
Bleiben wir bei den Banken. Gerade die sind von der momentanen Geldpolitik der Zentralbanken besonders gebeutelt, müssen diese doch in vielen Fällen Strafzinsen für das Parken von Geld bei diesen zahlen. Zumindest wenn sie ihr Geld nicht investiert bekommen. Scheinbar panisch wird versucht – sei es durch Weitergabe der Strafzinsen an vermögende Private oder auch durch die Gewährung von übergünstigen Krediten – das Geld entweder loszuwerden, um Rendite zu bekommen oder zumindest die Strafen abzufedern. Geldknappheit sieht auch hier anders aus, oder?
Und die Unternehmen? Wie gesagt: Obwohl das Zinsniveau so tief ist, haben es die Banken schwer, ihr Geld über Kredite los zu werden. Die Unternehmen scheinen also auch kein Geld zu brauchen. Stattdessen sind auch sie eher noch bemüht, es loszuwerden. Denn sowohl Aktienrückkäufe als auch Dividendenausschüttungen befinden sich vielerorts auf Rekordhochs. Hier und da hört man auch immer wieder von Übernahmefantasien. Unternehmen wollen wohl auch entweder ihr Geld in Sachwerte parken oder aber ganz loswerden. Wo bleibt also die Knappheit?
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Zusammenfassend gesagt wollen also weder Banken noch Unternehmen noch Investoren Geld an und für sich haben. Ich denke, es ist daher berechtigt zu fragen, ob Geld denn wirklich noch als ein knappes Gut in diesen geldpolitischen Zeiten angesehen werden kann.
Das wiederum könnte auch Auswirkungen auf die Märkte haben. Wie ich bereits beschrieben habe, tendieren viele derzeit dazu, ihr Glück in Sachwerten zu suchen, ganz gleich ob Aktien, Gold, Immobilien oder Gummienten. Man könnte auch von einer panischen Flucht in diese sprechen.
Doch was ist nun, wenn das Zinsniveau plötzlich rapide steigt? Amerika hat ja bekanntlich jüngst beschlossen, seine Leitzinsen anzuheben. Dann könnte wiederum eine panische Flucht raus aus Aktien, Gold, Immobilien und dergleichen einsetzen, die zu fallenden Märkten und Aktienkursen führt. Es könnte einen Crash geben. Die starke Börsenentwicklung seit dem Ende der Bankenkrise und damit einhergehend seit Beginn des Niedrigzinszeitalters könnte dadurch ein Ende finden.
Aber wie gesagt, letztlich waren diese Ausführungen bislang nur ein Gedankenspiel von mir. Ob du das Ganze für plausibel hältst oder nicht, das liegt bekanntlich bei dir. Genauso wie die Frage, ob du einen etwaigen Crash eher als Chance oder als Risiko für dich und dein Portfolio bewertest. Ich denke aber, es ist insgesamt klug, die Geldpolitik bei Anlageentscheidungen zu beobachten, zu analysieren und die Auswirkungen der kommenden Maßnahmen genau zu hinterfragen.
Die Frage, ob Geld noch knapp ist, kann dir dabei behilflich sein.
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