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    Marktkommentar  905  0 Kommentare Tom Wilson (Schroders): Aktien der Schwellenländer – Ausblick 2017

    Der Ausblick für Schwellenländeraktien ist zwar positiv – dennoch könnten unerwartete politische Ereignisse für Schwankungen sorgen, meint Tom Wilson.

    Der Ausblick für Schwellenländeraktien ist positiv, aber ungewisse politische Entwicklungen weltweit dürften für erhöhte Wertschwankung an den Märkten sorgen.

    Schwellenländer: Fundamentaldaten insgesamt besser

    Die Konsensschätzungen lauten auf eine Steigerung des BIP-Wachstums von 4,2 % im Jahr 2016 auf 4,6 % im Jahr 2017. Zu verdanken ist diese Verbesserung wohl einer Konjunkturerholung in Brasilien und Russland. Grund sind niedrige Basiseffekte und erwartete geldpolitische Lockerungen.

    Außerdem dürften die Märkte in den Schwellenländern von dem gut unterstützten Wachstum in China profitieren: Die Politik vor dem 19. Nationalkongress der Kommunistischen Partei im nächsten Herbst wird wahrscheinlich für eine ausreichende Liquidität sorgen. Die längerfristigen Risiken in Bezug auf China, darunter die zunehmende Kreditfinanzierung des Wirtschaftswachstums und ein Mangel an strukturellen Reformen, erscheinen vorerst kontrollierbar. Die Abwertung des Renminbi im bisherigen Jahresverlauf um rund 5 % und die Kapitalkontrollen konnten dem Entwertungsdruck etwas Einhalt bieten. Allerdings besteht das Risiko, dass aufgrund eines stärkeren US-Dollar die chinesische Währungspolitik wieder ins Rampenlicht rücken könnte.

    Darüber hinaus konnten die Schwellenländer nach der Schockreaktion auf die US-Zinserhöhungen 2013 im Allgemeinen ihre Außenbeitrag verbessern, was ihre Anfälligkeit für ein strafferes globales Liquiditätsumfeld verringert. 2013 mussten die Schwellenländer infolge der Ankündigung der US-Notenbank Fed, das Programm der quantitativen Lockerung schrittweise zu beenden, Werteinbußen hinnehmen.

    Bewertungen relativ attraktiv, doch Unterstützung durch Gewinne nötig

    In den letzten Jahren führten beständig negative Gewinnkorrekturen zu einer Underperformance von Schwellenländeranlagen. Unseres Erachtens sind nun die Analystenerwartungen realistischer. Die Gewinnprognosen stabilisierten sich 2016 und unterstützen die Rallye in den Schwellenländern. Derzeit ist für 2017 von einem Gewinnwachstum auszugehen.

    Der MSCI Emerging Markets Index wird gegenwärtig zu einem 12-Monats-KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis)1 von 11,7 gehandelt, was dem Durchschnitt entspricht. Auf Basis des KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis)2 sind die Bewertungen mit rund 1,4 attraktiv. Dies liegt unter dem langfristigen Durchschnitt und spiegelt die gegenwärtig niedrige Eigenkapitalrendite3 in den Schwellenländern wider.

    Die Unternehmensanleihen der Region weisen unterdessen eine verbesserte Kapitalallokation und Kosteneffizienz auf. Dies dürfte den Gewinnmargen und Eigenkapitalrenditen zugutekommen. Eine Verbesserung des Renditezyklus und den Erwartungen entsprechende oder sie gar übertreffende Gewinne würden den Aktienmarkt deutlich antreiben. Die Erholung der Rohstoffpreise und die Stabilisierung des chinesischen Wachstums dürften eine Unterstützung bieten, obwohl die jüngste Aufwertung des US-Dollar für Unternehmen, die ihre Gewinne in US-Dollar ausweisen, auf kurze Sicht problematisch sein könnte.

    Globales Wachstum weiterhin verhalten

    Die Schwellenländer profitieren vom globalen Handel. Unterdessen bleiben die wirtschaftlichen Bedingungen weltweit verhalten, obschon der Konsens von einer moderaten Wachstumssteigerung von 2,5 % im Jahr 2016 auf 2,8 % für 2017 ausgeht.

    Viele Marktteilnehmer meinen, eine neue US-Politik könnte für eine globale Reflation4 und eine weltweite Wachstumsbelebung sorgen. Dies ist durchaus möglich, dennoch bleiben strukturelle Hindernisse wie demografische Entwicklung, Produktivität, Infrastruktur oder Aufsichtsrecht bestehen. Auch ist nicht auszuschließen, dass eine Wachstumsverbesserung zyklisch und kurzlebig ist.

    Der Handel unter den Schwellenländern hat an Bedeutung gewonnen. Mittlerweile sind diese Volkswirtschaften weniger vom Wachstum in den Industrieländern abhängig als in der Vergangenheit. Ein weiterhin unterdurchschnittliches globales Wachstum würde allerdings die positiven Auswirkungen einer festeren Binnenwirtschaft in den Schwellenländern dämpfen. Das schwache Umsatzwachstum legt nahe, dass die Unternehmen in den Schwellenländern mehr Eigeninitiative brauchen, um die Gewinne anzukurbeln.

    Geopolitische Unwägbarkeiten

    Die geopolitischen Extremrisiken steigen und Europa steht 2017 vor einem politisch ereignisreichen Jahr. Potenzielle politische Veränderungen könnten sich auf alle Anlagemärkte auswirken.  Nach dem Wahlsieg von Trump haben sich die Anleger schnell auf eine Reflation in den USA und ein stärkeres Wirtschaftswachstum eingeschossen. Die zinspolitische Normalisierung in den USA dürfte sich beschleunigen, was zu einem strafferen Liquiditätsumfeld und einem stärkeren US-Dollar führen würde. Angesichts der steileren US-Renditekurve hat der Verkaufsdruck in den Schwellenländern zugenommen. Historisch gesehen schneiden die Schwellenländer bei einem starken US-Dollar schlechter ab als die Industriestaaten.

    Die USA haben im Konjunkturzyklus beinahe die Vollbeschäftigung erreicht. Ein Haushaltspaket könnte das Wachstum weiter ankurbeln, würde aber auch mehr Inflationsdruck, ein strafferes Zinsumfeld und einen stärkeren US-Dollar nach sich ziehen. Dies dürfte wiederum die Wachstumserholung abwürgen. Außerdem belastet wohl der derzeit starke US-Dollar die US-Wirtschaft, bis die positiven Effekte eines Konjunkturpakets endlich greifen. Daher könnte den derzeitigen Erwartungen durchaus ein Dämpfer versetzt werden.

    Unterdessen gehen die potenziellen Änderungen an der US-Handelspolitik mit asymmetrischen5 Risiken einher. Donald Trumps protektionistische Haltung dürfte sich negativ auf den Welthandel und damit auf die Schwellenländer auswirken. Negative Schlagzeilen wären möglich, allerdings könnten die politischen Maßnahmen in Anbetracht der gegenseitigen Vorteile von Freihandel, komplexen globalen Lieferketten und geopolitischen Überlegungen auch begrenzt und selektiv ausfallen. Eine neuen Handelspolitik dürfte sich je nach Land und Unternehmen unterschiedlich auswirken. Wir werden die weiteren Auswirkungen bewerten, sobald wir mehr über die Politik in Erfahrung bringen. Die Schwellenländer sind in Anlageportfolios generell untergewichtet und angemessen bewertet. Eine Überreaktion könnte daher Anlagechancen schaffen.


    1 Kurs-Gewinn-Verhältnis – Kennzahl zur Bewertung von Unternehmensaktien. Das KGV wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den Gewinn je Aktie dividiert wird. 

    2 Das Kurs-Buchwert-Verhältnis ist eine Kennzahl zum Vergleich des Aktienkurses eines Unternehmens mit seinem Buchwert (d. h. dem tatsächlichen Wert des Vermögens eines Unternehmens abzüglich seiner Verbindlichkeiten). 

    3 Die Eigenkapitalrendite ist eine Kennzahl für die Rentabilität eines Unternehmens und gibt im Grunde an, wie hoch der Gewinn eines Unternehmens ist, den es mit dem Geld erwirtschaftet, das die Anleger investiert haben. Wird zum Beispiel das Eigenkapital eines Unternehmens zu 10 Mio. Pfund bewertet und das Unternehmen erzielt einen Gewinn von 1 Mio. Pfund, dann beträgt die Eigenkapitalrendite (ROE) 10 %. 

    4 Eine Politik der Reflation bedient sich haushalts- oder geldpolitischer Maßnahmen, um Konjunkturanreize zu schaffen und nach einem Abschwung der Konjunktur die Preise wieder ihrem langfristigen Trend anzunähern. 

    5 Asymmetrische Risiken weisen auf ungleiche Aufwärts- oder Abwärtsrisiken hin, in diesem Falle etwa für Aktien der Schwellenländer als Reaktion auf eine veränderte US-Handelspolitik.  



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