Es geht nach Paris
Kampf um EU-Finanzzentrale: Frankfurt kassiert Korb von HSBC
Schon vor dem Brexit-Entscheid wetteiferten europäische Großstädte um den Status als neues EU-Finanzzentrum. Vor allem Frankfurt machte sich seit längerem Hoffnung auf diesen Titel. HSBC, die größte Bank Europas, erteilte der Stadt nun jedoch eine Absage.
Frankreich schlägt Frankfurt. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hat HSBC-Chef Stuart Gulliver am heutigen Tag gegenüber "Bloomberg" die Verlegung von rund 1.000 Mitarbeitern nach Paris verkündet. Grund für die Entscheidung sei die in der französischen Hauptstadt bereits ansässige Tochter Bank Crédit Commercial. Mit ihr beschäftige HSBC schon jetzt fast 9.500 Mitarbeiter in dem Land. Der Abzug soll für rund 20 Prozent des Umsatzes aus dem Investmentbanking erfolgen. Nicht betroffen sei der Handel mit Devisen, Anleihen und Aktien.
Man wolle den Umzug jedoch nicht übers Knie brechen. "Wir gehen nicht dieses Jahr und vielleicht auch nicht nächstes Jahr", sagte Gulliver laut "FAZ". "Wir gehen in etwa zwei Jahren, wenn der Brexit wirksam ist." In ihrer Grundsatzrede hatte die britische Premierministerin Theresa May am gestrigen Tag erklärt, aus dem EU-Binnenmarkt austreten und stattdessen einen umfassenden Freihandelsvertrag mit der Europäischen Union schließen zu wollen. Auch der Zollunion in ihrer bisherigen Form will Großbritannien nicht mehr angehören.
Trotz des daraus resultierenden Aufwands für Banken und andere Unternehmen findet Gulliver die Konsequenz von May grundsätzlich lobenswert. Die Befürchtung des chinesischen Staatschefs Xi Jinping über einen drohenden Handelskrieg mit Trump teile er indes aber nicht.
Die Standortwahl der größten Bank Europas dürfte ein herber Rückschlag für das deutsche Finanzdrehkreuz Frankfurt am Main sein. Immerhin hatten hiesige Finanzbeauftrage schon vor dem britischen Referendum um die Gunst der geprellten Geldhäuser geworben. Drei Monate nach dem Votum überlegte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) dann sogar, die Unternehmen mit einem gelockerten Kündigungsschutz für sich zu gewinnen. Der Vorschlag stieß auf reichlich Gegenwind.
Immerhin: Bei der Umsiedelung der Schweizer Großbank UBS wird Frankfurt allem Anschein nach nicht leer ausgehen. Laut "Deutscher Presse-Agentur" erwäge man dort die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Deutschland und Spanien. Wie viele Stellen betroffen sein werden, hänge schlussendlich davon ab, welche Übereinkunft Großbritannien und die EU am Ende erzielten.