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    YOLO!  12888  1 Kommentar Er feierte auf Ibiza ab, während seine Firma Millionen verbrannte

    Der Mann hat sich gegönnt. Nicht nur während seine App noch lief, sondern auch lange, nachdem die Firma endgültig erledigt war. Wenn die Behauptungen seiner ehemaligen Mitarbeiter stimmen, dann hat diese Geschichte definitiv das Zeug dazu, bald als reißerischer Wirtschaftskrimi verfilmt zu werden. 

    Es ist ein Paradebeispiel für die Problematik noch junger aber dennoch total überschätzter Startups. Wobei es in dieser Geschichte der Protagonist und Firmengründer höchselbst war, der sich, sein Können und vor allem sein Firmenvermögen um einiges überschätzt hatte.

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    Aus den Erzählungen seiner ehemaligen Mitarbeiter heraus (die der "Business Insider" ausführlich dokumentiert hat) darf man sich Marco Nardone, 28, wie eine Art Mini-Trump vorstellen: Cholerisch (es sollen des Öfteren Gegenstände durch die Büros geflogen sein), sprunghaft (seine ursprüngliche App-Idee verwarf er abrupt während eines Hong-Kong-Fluges, obwohl die Anwendung von seinen Mitarbeitern schon fertig programmiert und sogar recht erfolgreich war) größenwahnsinnig (er habe sich selbst auf der gleichen Ebene wie Elon Musk oder Snapchat-Gründer Evan Spiegel gesehen) und selbstverliebt (im Büro sollen Portraits von Nardone mit nacktem Oberkörper an der Decke gehangen haben).  

    Aber der Reihe nach:

    Im Jahr 2012 ging ein soziales Netzwerk mit dem Namen Unii an den Start, erdacht von Marco Nardone, ehemaliger Credit-Suisse-Trader und Söhnchen des Multimillionärs Remo Nardone (der sein Vermögen einst mit der Gründung eines Wein- und Spirituosenhandels gemacht hatte). Die Plattform sollte britische Studenten miteinander in Kontakt bringen, ihnen helfen, eine Unterkunft und einen Job zu finden, sich gegenseitig auszutauschen, das ganze Programm eben. Vom Vater gab es für diese Idee eineinhalb Millionen Pfund, von den Usern am Ende sogar viel positive Resonanz. Nach Angaben Nardones (jr.) konnte Unii in nur sechs Monaten rund 100.000 Nutzer für sich gewinnen (das IT-Nachrichtenportal "TechCrunch" berichtete). 

    Ein Chef auf Egotrip

    Das reichte dem Mann offenbar aber nicht. Einem ehemaligen Mitarbeiter Nardones zufolge soll dieser dem Erfolg vom Netzwerkchampion Facebook extrem nachgeeifert haben. Die passende Schnapsidee dazu sei ihm auf einem British-Airways-Flug nach Hong Kong gekommen, wie Nardone "TechCrunch" damals erzählte:  

    "Als ich auf die Flugroute auf mein Sitz-Bildschirm starrte, hatte ich einen dieser irrsinnigen Momente, in dem meine Finger meine Idee nicht schnell genug eintippen konnten. Was, wenn wir das Versenden von Nachrichten komplett verändern? Was, wenn du eine Privatnachricht einfach so 'in die Welt hinauswerfen' und buchstäblich sehen könntest, wohin sie fliegt und am Ende landet - genauso, wie ich es auf dem Bildschirm gesehen habe? Als wir landeten, hatte ich den Prototypen für das Design von Fling schon fertig." 

    Keine vier Monate später war die Fling-App geboren und Nardone platzierte sie flugs - ohne seine Mitarbeiter darüber in Kenntnis zu setzen - in den App-Store. "Marco hat Entscheidungen öfter komplett allein getroffen, bis sein Tech-Team irgendwann gar nicht mehr wusste, was er tat", soll ein Ex-Mitarbeiter laut "Business Insider" gesagt haben. 

    Fehlinformationen und Penis-Fotos

    Tatsächlich sollen die Download-Zahlen kurz nach dem Launch förmlich durch die Decke geschossen sein. Nardones Team fand jedoch bald heraus, dass es sich hierbei nicht um "organisches Wachstum" gehandelt habe (wie er ihnen lange Zeit versicherte), sondern dass der Chef Unsummen für Social-Media-Kampagnen ausgegeben hatte. Der unerwarteten Flut an Downloads konnten die Programmierer bald nicht mehr Herr werden - das System brach zusammen. 

    "Ab diesem Punkt hat er sein wahres Ich gezeigt", erzählte ein Ex-Mitarbeiter. "Er schrie und brüllte und ließ Dinge durchs Büro fliegen" - eine Behauptung, die vier andere Ex-Kollegen Nardones bestätigten.

    Die Technik sollte jedoch bald das geringste Problem von Fling werden. Denn schon nach kurzer Zeit fingen die User an - sagen wir mal - anrüchiges Material an fremde Leute zu versenden. In einem Erfahrungsbericht schrieb eine damalige TechCrunch-Reporterin, dass sie nach ihrer Anmeldung direkt mal ein Penis-Foto in ihrem Postfach hatte. Als Reaktion darauf stellte Nardone bald ein Moderationsteam auf den Philippinen ein. Dafür, dass die Angestellten Bilder mit pornografischem Inhalt löschten, soll er ihnen um die 20.000 US-Dollar im Monat gezahlt haben. 

    Hier wurde dem Startup-Gründer jedoch sein augenscheinlich überschwappendes Testosteron zum Verhängnis: Denn während sich männliche User bald nicht einmal mehr mit freiem Oberkörper zeigen durften, wurden weibliche Anwenderinnen geradezu animiert, so viel wie möglich von sich zu zeigen. 

    Und bist du nicht willig, so brauch ich... ein Baguette.

    Der große Knall kam dann im Juni 2015, als Apple entschied, die Anwendung aus seinem App-Store zu entfernen. Weil Fling offenbar immer mehr zu einem Verschnitt von Chatroulette, einem russischen Videoportal mit oftmals pornografischen oder politisch-extremistischen Inhalten, mutierte, schickte ihm das Unternehmen eine Mail, die mitten in einem Pitch für einen potentiellen neuen Investor hereinkam. "Es war der schlimmste Tag meines Lebens", sagte Nardone damals dem "Business Insider". 

    Doch es sollte vielmehr der schlimmste Tag im Leben seiner Programmierer werden. Laut den Erzählungen habe er von seinem Team gefordert, über Nacht eine App auf die Beine zu stellen, die das Problem ein für allemal lösen würde. Das schafften die ITler natürlich nicht. 19 Tage und Nächte dauerte es, bis die neue Anwendung da war. Angeblich habe Nardone für diese Zeit Zelte für die Mitarbeiter bestellen wollen, damit sie neben ihren Schreibtischen schlafen könnten. Der Plan mündete jedoch in einen Streit mit seinem COO, der ihn warnte, dass das gegen das britische Arbeitsrecht verstoße könnte. An diesem Tag flog dem Vater Nardone's übrigens ein Baguette an den Kopf. Weil er derselben Meinung war. 

    Was auf Ibiza passiert, bleibt auf Ibiza. Oder auch nicht.

    Nachdem sich der junge Chef in der ersten Nacht, die von seinem Team durchgearbeitet wurde "mit zwei Frauen, die keiner kannte im Chill-out-Bereich der Firma" vergnügt haben soll, setzte er sich tags darauf mit zwei weiteren Führungskräften nach Ibiza ab, wie diverse Instagram-Posts und andere Quellen belegen. Unter anderem stiegen sie im Ushuaïa Beach Hotel ab, einer Premium-Herberge auf Ibiza, mit hauseigenem Open-Air-Club. Daneben gönnten sie sich Annehmlichkeiten, wie den Besuch eines Avicii-Konzerts, einem schwedischen, weltbekannten DJ. "Ok, guuuut, Avicii, dann flieg' ich halt rüber, um deine Eröffnungsparty heute Nacht zu sehen", postete Nardone hochtönend auf seinem Instagram-Account. Die Nachricht wurde aus einer British-Airways-Businessclass-Lounge auf dem Flughafen Heathrow heraus gesendet.   

    Seinem Team gelang es derzeit, eine neue App zu kreieren, die von Apple dann auch akzeptiert wurde. "Ich kann euch gar nicht sagen, WIE STOLZ ich bin, euch die neue Fling-App zu präsentieren", postete Nardone daraufhin - noch von der Urlaubsinsel aus. 

    Die neue Version kam bei den Nutzern jedoch weit weniger gut an. Im App-Store wurde sie mit durchschnittlich 1,5 von fünf möglichen Sternchen bewertet. Die meisten User deinstallierten sie bereits wieder nach einem Monat.

    Man lebt nur einmal, YOLO!

    Zurück in London soll sich Nardone seinen Mitarbeitern gegenüber dann nur noch schlechter verhalten haben. Die meisten dankten irgendwann ab. Was blieb, waren offene Rechnungen in sechsstelliger Höhe. An Twitter, an Google und diverse andere Firmen. Dazu immense Lohnnachforderungen und Investoren, die von ihren insgesamt fast 21 Millionen Pfund bald nicht mehr viel sehen sollten.

    Denn Fling, eine App, die niemals auch nur einen Cent eingespielt hatte, wurde bald komplett abgeschaltet. Die Firma meldete Insolvenz an. Noch während der Abwicklung bereiste Nardone die ganze Welt. Auf seinem Instagram- und Facebook-Account sieht man, wie er es sich in den letzten Monaten auf Bora Bora, in Nizza, Venedig, den Malediven und Miami hat gutgehen lassen. 

    Wo das viele Geld hingeflossen ist? Nun... zunächst erst einmal in (laut Einschätzung der Ex-Mitarbeiter) völlig übertriebene Werbekampagnen. Auf sozialen Netzwerken aber gerne auch mal offline, auf ganzen Bussen (einer davon soll mal Lenny Kravitz gehört haben).

    Darüber hinaus richtete sich Nardone aber auch persönlich in einem schicken Penthouse in Hammersmith ein und suchte sich für seine Büros die oberste Etage eines Hochhauses im gleichen Stadtteil mit Blick über die Themse aus. Mit seinem luxuriösen Teppichläufer und zwei iMacs habe er sich seinen "eigenen kleinen Thronsaal" gebaut, so ein Ehemaliger. 

    Dazu wurde den Erzählungen zufolge meist nur in den besten Sternerestaurants Londons gespeist, sofern das Team nicht gerade mit Business-Class-Flügen, Partys oder anderen Geschenken bei Laune gehalten wurde. Die Gehälter sollen sich in den oberen Positionen zwischen 100.000 und 200.000 Pfund bewegt haben, einen Finanzchef gab es bei Fling nie. "Er hatte keine Vorstellung vom Geld", resümierte ein Mitarbeiter. "Wirklich gar keine. Er dachte sogar, er wäre sparsam. Er erzählte uns, wir wären ein sparsames Startup, obwohl wir das oberste Büro in einem Gebäude in Hammersmith hatten."

    Laut Nardone selbst würden all die Aussagen so übrigens nicht stimmen. Eine Gegendarstellung blieb er jedoch - neben dem Geld - schuldig. 

     

     




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