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    Marktkommentar  1498  0 Kommentare Dr. Daniel Hartmann (BANTLEON): Inflation kommt

    Für Dr. Daniel Hartmann steht fest: Der Prozess der Reflationierung geht nur langsam vonstatten. Aufzuhalten ist er jedoch nicht.

    Nach vier Jahren mit nahezu ununterbrochen sinkender Teuerungsrate in der Eurozone – die im Tiefpunkt auf -0,6% abgerutscht war – hatte sich das Bild Mitte 2016 endlich gewandelt. Beflügelt durch anziehende Rohstoffpreise machte die Headline-Inflationsrate einen kräftigen Satz nach oben und erreichte im Februar dieses Jahres sogar erstmals seit Anfang 2013 wieder die 2%-Marke. Schon im März folgte dann aber ein neuer Rücksetzer auf 1,5%.

    Dies unterstreicht, dass der Prozess der Reflationierung nur langsam vonstattengeht. Aufzuhalten ist er jedoch nicht. Der Preisdruck wird weiter zunehmen, sodass der Gegenwind von dieser Seite für die Anleihenmärkte erhalten bleibt.

    Die Inflation der Eurozone erzeugt seit Monaten ein Wechselbad der Gefühle. Anfang 2016 stand die EZB mit dem Rücken zur Wand. Das dritte Jahr in Folge pendelte die Inflation um ±0,0% und drohte für längere Zeit ins Negative abzurutschen. Ein Ende der Ölpreisbaisse (20. Januar 2016: 26 USD, Brent) war nicht abzusehen und die Konjunktur lahmte. In Anbetracht dessen stand die Glaubwürdigkeit des Inflationsziels (»nahe, aber unter 2,0%«) ernsthaft in Gefahr. Die Notenbank zog im März die Notbremse: Die EZB-Depositenrate wurde auf ‑0,40% gesenkt, die monatlichen Anleihenkäufe aufgestockt und sogar Unternehmensanleihen ins Wertpapierkaufprogramm aufgenommen.

    Bereits im Frühjahr 2016 entspannte sich dann aber die Lage. Die Preise für Öl und andere Rohstoffe entfernten sich von ihren Tiefpunkten und schwenkten in einen Aufwärtstrend ein. Dabei machten sich einerseits Angebotseffekte bemerkbar (Produktionskürzungen). Andererseits traten aber auch immer stärker Nachfrageeffekte hinzu. Seit Mitte 2016 drehte der globale Einkaufsmanagerindex der Industrie steil nach oben und erklomm zuletzt ein 6‑Jahres-Hoch. Mithin befinden sich Anfang 2017 alle Weltregionen im zyklischen Aufwind, was sich parallel in den Rohstoffpreisen widerspiegelt, die sich inzwischen 40% über ihren Tiefpunkten von Anfang 2016 bewegen.

    Auch die Lohninflation ist aus dem Winterschlaf erwacht. Es ist zwar erst ein zartes Pflänzchen, dennoch sind in den USA, Japan und selbst in Europa flache Aufwärtstrends bei den Lohnzuwächsen beobachtbar. Diese Entwicklung war eigentlich schon längst überfällig, denn in vielen wichtigen Industrieländern haben die Arbeitslosenquoten zuletzt mehrjährige Tiefststände erreicht (USA: 4,7% = 9-Jahres-Tief, Japan: 2,8% = 23-Jahres-Tief, Deutschland: 3,8% = 26‑Jahres-Tief, UK: 4,8% = 11-Jahres-Tief) und deuten damit auf eine zunehmende Verknappung von Arbeitskräften hin.

    Anfang 2017 scheint jedenfalls der globale Deflationstrend besiegt. Dies machte sich in der Eurozone in einem Hochschnellen der Inflation von 0,2% (August 2016) auf 2,0% (Februar 2017) bemerkbar. Auf diesem Niveau angelangt mehrten sich bereits die Stimmen, die eine neue Inflationswelle heraufbeschworen. Vor allem in Deutschland drohe demnach ein schnelles Überschiessen auf 3,0%. Die Geldpolitik sei viel zu expansiv ausgerichtet.

    Bereits die Märzdaten haben die Gemüter wieder beruhigt. Die Inflation sackte sowohl in der Eurozone als auch in Deutschland auf 1,5% ab. Ohne Zweifel sind hier auch verzerrende Ostereffekte am Werk. Bereits im April sollten die Raten wieder auf 1,7% bzw. 1,8% zulegen, die 2,0%-Marke dürfte in diesem Jahr allerdings nicht mehr erreicht werden.

    Insgesamt verläuft der Prozess der Reflationierung langsamer als von manchen gewünscht, zumal die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) in der Eurozone nach wie vor unter 1,0% liegt. Dennoch ist der seit Mitte 2016 anhaltende Trend nach oben aus unserer Sicht nicht mehr aufzuhalten. 2018 sollte vor allem der Lohndruck weiter zunehmen. Dann stehen in Deutschland grössere Tarifrunden an (Metall, Chemie), die sich an den höheren Inflationsraten orientieren werden. Gleichzeitig strebt in den anderen Euroländern die Zeit der Genügsamkeit allmählich dem Ende entgegen. 

    Fazit: Die Furcht vor einem Überschiessen der Inflation in der Eurozone ist nach wie vor unbegründet. Die Zeiten der globalen Deflationsimpulse und der grössten Lohnzurückhaltung sind aber ebenso vorbei. 2018 wird der Preisdruck weiter zunehmen und damit von dieser Seite der Gegenwind für die Anleihenmärkte erhalten bleiben.




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