Ökonomen-Stimmen zu den Steuerplänen der US-Regierung
FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit der größten Steuerreform seit Jahrzehnten will US-Präsident Donald Trump die Wirtschaft ankurbeln und neue Jobs schaffen. Vor allem Unternehmen sowie Arbeitnehmer mit niedrigen und mittleren Einkommen sollen entlastet, das Steuersystem vereinfacht werden. Der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer soll von derzeit 39,6 auf 35 Prozent sinken. Bei der Besteuerung von Einnahmen, die US-Unternehmen im Ausland erzielen, soll es einen Kurswechsel geben. Ökonomen kommentieren die Vorschläge:
Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe:
"Trump wird mit seinen Steuerplänen vermutlich erneut eine Bruchlandung erleiden. Der Kongress wird eine Gegenfinanzierung fordern. Die Idee von Paul Ryan einer "Border Adjustment Tax" hätte zusätzliche Einnahmen generieren können, doch letztlich schreckte Trump vor solch einer radikalen Steuerreform zurück. Die Handelskonflikte wären zu groß gewesen. Donald Trump ist in den Mühen des politischen Alltagsgeschäftes angekommen. Anders formuliert: Die Trump’sche Politik ist im Weichspülerprogramm. Es wird wohl zu keinem radikalen Politikwechsel in den USA kommen. Die US-Administration macht derzeit die Erfahrung mit der normativen Kraft des Faktischen."
Tobias Basse, Volkswirt bei der NordLB:
"Die US-Regierung hat in Grundzügen einen möglichen Weg zum Umbau des Steuersystems vorgestellt. Es handelt sich um großartige Pläne für eine fantastische Steuerreform - leider aber ohne wirklich nachhaltiges Finanzierungskonzept. Die 'Parteifreunde' Donald Trumps im Kongress (vor allem einige konservative Senatoren) werden konkretere Maßnahmen zur Gegenfinanzierung fordern. Grundsätzlich scheint das neue Konzept bei den Republikanern aber wohl konsensfähig zu sein."
Antje Praefcke, Devisenexpertin bei der Commerzbank:
"Außer Spesen nix gewesen? So stellt sich US Präsident Trumps 'phänomenale' Steuerreform am Ende seiner ersten 100 Tage im Amt dar, die wohl vor allem phänomenale Einbußen im Haushalt bedeuten wird. (...) Mit vielen dieser Ideen kann ich mich persönlich auch anfreunden. Aber die Volkswirtin in mir stellt natürlich sofort die Frage des 'wie wird’s finanziert?' Und hier bleiben Trump und sein Finanzminister Steven Mnuchin eine glaubwürdige Antwort schuldig: Höheres Wachstum und die Schließung von Steuerschlupflöchern sollen es richten, die Border Adjustment Tax, die zu einer Aufwertung des Dollar geführt hätte, ist erstmal vom Tisch."
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Dirk Gojny, Analyst bei National-Bank:
"Die Aussagen befanden sich mehr oder weniger bereits im Wahlprogramm von Donald Trump und bieten nichts Neues. Aussagen zur Gegenfinanzierung gab es nicht. Insgesamt reagierten die Investoren auf diese Nachrichten zurückhaltend, da es unwahrscheinlich ist, dass das Ganze auch so beschlossen werden kann. Immerhin scheint es bei der Überarbeitung von Obamacare innerparteiliche Fortschritte zu geben. Eine Abstimmung darüber im Repräsentantenhaus ist aber kurzfristig nicht zu erwarten."/jsl/jkr/fbr