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     3141  3 Kommentare Sell in May – oder: Sold by May?

    Das Börsengeschehen ist manchmal noch wundersamer als manche Fußballspiele. Eigentlich war ich überzeugt, dass die Aktienkurse jetzt einmal einen deutlichen Knacks bekommen und dass das dann mit der üblichen Mai-Ausrede begründet wird.

     

    Doch was passiert? Wir bekommen erst einmal neue historische Höchstkurse. Aber es ist ja auch noch nicht Mai. Im Unterschied zu Fußballspielen gibt es an der Börsenämlich nicht nur Nachspiel-, sondern auch Vorspielminuten.

     

    Insgesamt ist es aber dennoch bisher ein ziemlich gutes Bild, das das Jahr 2017 bis jetzt abgibt finde ich. Ein überraschend gutes Bild. Denn irgendwie ist die Welt ja überhaupt nicht untergegangen, obwohl das vorher ja bereits so gut wie festzustehen schien.

     

    Die britische Premierministerin will sich durch Neuwahlen Schwung für die Verhandlung des Brexit mit der EU holen, doch bisher hat der Brexit keinen Schaden angerichtet. Langfristig wird es das tun, doch unmerkbar, also nicht von den anderen Entwicklungen isolierbar.

     

    Die Niederländer werden nicht aus dem Euro austreten, und so, wie es jetzt aussieht, mit einiger Sicherheit auch die Franzosen nicht. Zudem macht Griechenland sogar Budgetüberschüsse, die die Prognosen übertreffen, auch wenn das vielleicht getrickst sein könnte.

     

    Und selbst die Vereinigten Staaten von Amerika sind nicht entzwei gebrochen und haben die westliche Welt nicht zerteilt. Donald Trump macht sowohl sein eigenes Ding als auch das der anderen. Man kann eben ein Tankschiff auf offener und dicht befahrener See nicht einfach wenden.

     

    Die Leute wählen heute verstärkt Menschen in entscheidende Führungspositionen, die mit dem Schlamassel von vorher nichts zu tun haben. Doch es zeigt sich, dass wirkliche Kehrtwenden nicht möglich sind. Das ist einerseits schlecht, andererseits aber auch sehr gut.

     

    Die Aktienkurse werden also vielleicht doch fallen, doch anschließend wieder steigen. Und wenn Emmanuel Macron in Frankreich versagt, das Land zu reformieren, so sagen heute viele, kommt Marine Le Pen eben in fünf Jahren an die Macht. Fünf Jahre können allerdings eine verflucht lange Zeit werden in der sich viel verändert.

     

    Was für die AfD schon für die nächsten fünf Monate gilt. Mal sehen, ob die Partei wirklich so überzeugend in den Bundestag einzieht, wie man das jetzt denkt. Ich würde fast meine Put-Optionen verwetten, die ich nicht besitze, dass dem nicht so ist. Was freilich nichts ändert, weil dann neue Probleme die alten ersetzen.

     

    Und so geht es weiter und weiter, und selbst wenn sie alle gestorben sind, wird es immer noch so weitergehen.

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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