Interview
Afrika - Trendwende deutet sich an
Im Interview mit Wallstreet Online: Malek Bou-Diab, Lead Portfolio Manager, African Opportunities Bellevue Funds (Lux)
Wie schätzen Sie die Stimmung der Anleger gegenüber den afrikanischen Aktienmärkten ein?
Malek Bou-Diab: In den letzten zwei Jahren ließ die magnetische Kraft der afrikanischen Finanzmärkte ein wenig nach. Als Anlageziel verzeichnete Afrika bei ausländischen
Anlegern, die auf der Suche nach Renditen im Hartwährungsbereich waren, weniger Nachfrage. Sie waren zu sehr verwöhnt durch die Aktionen der grossen Zentralbanken weltweit, welche die
Kurse von Vermögenswerten in den Industrienationen stützten.
Gab es einen Schlüsselmoment für die Zurückhaltung der Anleger?
Malek Bou-Diab: Es spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Die globale Rezession von 2008 wirkte deutlich länger nach. Daneben sorgten die politischen und sozialen Spannungen auf der Welt
für Unsicherheit bei den Anlegern. Ferner machte der Preisschock bei Rohstoffen den afrikanischen Volkswirtschaften erheblich zu schaffen. In der Folge erreichten 2016 viele Länder die
Talsohle, wie es die massive Abwertung ihrer Währungen deutlich zeigte. Die Krise scheint mittlerweile überstanden.
Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den kommenden zwölf Monaten?
Malek Bou-Diab: Wir gehen davon aus, dass die afrikanischen Volkswirtschaften und Finanzmärkte in eine neue konstruktivere Phase eintreten. Ein wichtiger Motor ist die allmähliche Erholung der
Rohstoffpreise. Auch die reichlich vorhandene globale Liquidität und die von staatlicher Seite eingeleiteten Reformen dürften positive Effekte haben.
Gibt es ein Land, welches Anleger besonders im Auge behalten sollten?
Malek Bou-Diab: Ägypten sticht durch seine mutigen Reformen besonders hervor. Im vergangenen Jahr hatte die Regierung - mit Unterstützung und unter Beaufsichtigung des IWF - wichtige Steine
ins Rollen gebracht. Hierzu gehörten: Free Float der Landeswährung, Verringerung der Subventionen für Strom und Treibstoff - mit dem Ziel ihrer Abschaffung in den kommenden Jahren. Darüner hinaus
werden zahlreiche administrative Investitionshemmnisse abgebaut.
Lassen sich schon konkrete Signale erkennen?
Malek Bou-Diab: Zu beobachten war, dass der ägyptische Aktienmarkt nach einer langen Phase mit sehr niedriger Handelsaktivität nahezu euphorisch reagierte. Im vergangenen Jahr legte der EGX30
Index um 76 Prozent zu, wobei fast der gesamte Zuwachs auf den Zeitraum nach der Implementierung der Reformen anfiel. Für ausländische Investoren stellte die massive Abwertung des Ägytischen
Pfunds (EGP) von über 50 Prozent gegenüber dem USD ein Hemmnis dar, wegen der dadurch deutlich weniger attraktiven Aktienrenditen in USD. Auf der anderen Seite weisen einige Indikatoren darauf
hin, dass die Abwertung mehr als 30 Prozentpunkte zu hoch ausfiel. Diverse Faktoren dürften in Zukunft die Stärkung des EGP gegenüber dem USD begünstigen. Hierzu gehören die steigende
Gasförderung des Landes - dank der Erschliessung neuer Felder in den vergangenen zwölf Monaten - ausländische Mittelzuflüsse, die sich seit Anfang November auf über USD 3 Mrd. beliefen, die
Anpassung der Handelsbilanz an das neue Wechselkursregime und eine allmähliche Erholung des Tourismus.
Welche Rolle spielen die Währung und die Banken?
Malek Bou-Diab: Eine starke Währung schafft Vertrauen bei den Anlegern. Somit kann damit gerechnet werden, dass nach der aktuellen Anpassungsphase die heimische Wirtschaft zulegen und
ausländischen Investoren höhere Anlagerendite beschweren wird. Aus dem Blickwinkel der Experten ist das Umfeld in Ägypten scheinbar gesünder als die offiziellen Zahlen darlegen.
Immerhin erwirtschaften die Banken eine Eigenkapitalrendite von teilweise über 30 Prozent – einige zweitrangige Institute werden weiterhin nahe ihres Buchwertes gehandelt – ohne
Anzeichen eines grossen Schocks auf die Kreditbücher.
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Wie würden Sie den Immobilienmarkt Ägyptens einschätzen?
Malek Bou-Diab: Im vergangenen Jahr erzielte der Immobilienverkauf - trotz gewaltiger Preissteigerungen - neue Höchststände. Vor allem Bauunternehmen, die von Infrastrukturprojekten profitierten,
konnten Rekordgewinne verbuchen.
In welchem Verhältnis stehen die offiziellen Wirtschaftsdaten zur Schattenwirtschaft?
Malek Bou-Diab: Laut der jüngsten Mitteilung eines CEO der grössten Bank stimmen die offiziellen Wirtschaftsdaten nicht mit der Situation der Unternehmen überein. Er geht davon aus, dass die
Schattenwirtschaft in Ägypten mindestens so gross sei, wie die reguläre Wirtschaft. Nur so ließe sich die von ihm beobachtete intensive Geschäftstätigkeit schlüssig erklären. Damit wäre
die ägyptische Wirtschaft doppelt so gross wie die offiziellen Zahlen darlegen.
Kommt Ägypten eine Sonderrolle zu oder werden alle Finanzmärkte auf dem zweitgrößten Kontinent der Erde zulegen?
Malek Bou-Diab: In der jüngsten Vergangenheit haben die afrikanischen Finanzmärkte nicht mit der Erholung der übrigen Schwellenländer Schritt gehalten. In diesem Jahr könnten sie jedoch
möglicherweise aufholen. Ägypten wäre ein positives Beispiel und könnte anderen Volkswirtschaften als Vorbild dienen.