Das klamm finanzierte Biotech-Unternehmen muss in Kürze eine Obligation über 200 Mio. Fr. bedienen. Dass dies gelingt, ist eher unrealistisch.
In Kürze:
- Idorsia kämpft mit finanziellen Schwierigkeiten und muss demnächst eine Wandelanleihe über 200 Mio. Fr. bedienen.
- Mit einem Lizenzdeal für Aprocitentan könnte die Rückzahlung gelingen, doch die Zeit drängt.
- Die Obligation ist die nächste von vielen Hürden, die das Unternehmen noch überwinden muss.
Es sind schicksalhafte Tage für Idorsia. Denn schon nächsten Freitag muss das Biotech-Unternehmen eine Wandelanleihe über 200 Mio. Fr. begleichen. Das könnte eng werden. Für die Rückzahlung fehlt bis dato nämlich das Geld.
Als Idorsia Ende November angekündigt hatte, dass sie mit einem Interessenten in exklusive Verhandlungen über die weltweiten Rechte am Blutdrucksenker Aprocitentan getreten sei und bis Ende Jahr einen Lizenzdeal erwarte, schien die Welt für das Unternehmen noch halbwegs in Ordnung. Laut Recherche von FuW hätte das Geld, welches Idorsia aus einer solchen Vorauszahlung einnehmen dürfte, für die Rückzahlung der Wandelanleihe ausgereicht.
Die Lage änderte sich schlagartig, als Idorsia kurz vor Weihnachten vermeldete, dass ein Deal bis Ende 2024 wohl doch nicht mehr zustande kommt. Noch beunruhigender: Idorsia könne nicht garantieren, dass überhaupt ein Deal abgeschlossen wird. Die ohnehin schon gebeutelten Aktien kollabierten darauf hin regelrecht.
Mittlerweile ist das neue Jahr schon ein paar Tage alt – und noch immer ist kein Deal bekanntgegeben worden.
Verschiebung der Rückzahlung ein Muss
Idorsias flüssige Mittel wären bereits erschöpft, wenn der geheime Interessent, mit dem sie aktuell über Aprocitentan verhandelt, ihr nicht eine Exklusivitätsgebühr in Höhe von 35 Mio. $ gezahlt hätte. So konnte sich Idorsia etwas mehr Zeit verschaffen. Weit kommt sie damit aber nicht, zumal die Rückzahlung der ersten Wandelanleihe unmittelbar bevorsteht.
Da das Schlafmittel Quviviq bislang keine nennenswerten Umsätze generiert und Idorsia lediglich über sehr frühe Entwicklungskandidaten verfügt, die bei einem Verkauf nur geringe Erlöse erzielen würden, ist das Unternehmen auf den Lizenzdeal für Aprocitentan angewiesen. Ohne einen solchen Deal wird es ihr nicht möglich sein, die Wandelanleihe zu bedienen.
«Die Zeit für einen Deal, der die Finanzmittel noch rechtzeitig zur Verfügung stellt, wird immer knapper», sagt Vontobel-Analyst Stefan Schneider. Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, dass nach Abschluss eines Vertrags eine Bank kurzfristig finanzielle Mittel bereitstellt.
Auch Idorsia hat das Problem offenbar erkannt. In einer Medienmitteilung vom Dezember schreibt das Unternehmen, dass eine Verschiebung der Rückzahlung der Anleihe notwendig sei, unabhängig vom Ausgang der laufenden Verhandlungen über Aprocitentan. Man führe diesbezüglich bereits Gespräche mit den Anleihegläubigern.
Für die Wandelanleihe über 200 Mio. Fr., die nächste Woche fällig wird, hat Idorsia bereits im vergangenen Jahr die Bedingungen angepasst und so ein halbes Jahr mehr Zeit für die Rückzahlung gewonnen. Am 6. Mai 2024 liess Idorsia die Gläubiger an einer Versammlung über die Anpassung der Konditionen abstimmen – also mehr als zwei Monate vor dem damaligen Fälligkeitstermin am 17. Juli.
Für ein solches Vorgehen scheint die Zeit dieses Mal zu knapp. Offenbar haben die Gläubiger mittlerweile grosse Zweifel, dass Idorsia ihren Verpflichtungen nachkommen wird. Die entsprechende Anleihe handelt derzeit zu 45% des Nominalwerts, also massiv unter pari.
Werden die Clozels zu Hilfe eilen?
Eine denkbare kurzfristige Lösung wäre, dass das Gründer-Ehepaar Jean-Paul und Martine Clozel Idorsia erneut aus der Patsche helfen. Bereits im Sommer 2023 stellte es dem Unternehmen einen Überbrückungskredit von bis zu 75 Mio. Fr. zur Verfügung.
Nicht nur kurz-, sondern auch mittelfristig sind die Aussichten für Idorsia jedoch ziemlich düster. Selbst wenn das Unternehmen einen Deal für Aprocitentan an Land ziehen und die besagte Wandelanleihe wie angestrebt umstrukturieren kann, sind ihre Aktivitäten gemäss eigener Einschätzung nur bis Mitte 2025 finanziert. Sie plant daher bereits, mindestens 200 Mio. Fr. frisches Kapital aufzunehmen, um immerhin bis ins Jahr 2026 zu gelangen.
Aus einem Problem wurden viele
«Ursprünglich hatte Idorsia lediglich mit der Lancierung von Quviviq zu kämpfen. Inzwischen ist jedoch eine ganze Reihe weiterer Probleme hinzugekommen», sagt Stefan Schneider von Vontobel.
So würden etwa 30% des Erlöses aus einem möglichen Deal mit Aprocitentan direkt an Johnson & Johnson fliessen, welche Idorsia 2023 die Rechte am Wirkstoff für eine Gegenleistung von bis zu 306 Mio. Fr. zurückverkauft hatte. Gemäss Vereinbarung ist Idorsia zudem verpflichtet, Johnson & Johnson bis zur Erreichung der 306 Mio. Fr. eine Lizenzgebühr im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich auf den gesamten Umsatz zu zahlen.
Hinzu kommt, dass Idorsia in den nächsten zwei Jahren bis zu 200 Mio. $ für die Entwicklung von zwei bereits auslizenzierten Produktkandidaten beisteuern muss. Auch die Wandelanleihe über 600 Mio. Fr., die im August 2028 fällig wird – aber möglicherweise auf Wunsch der Obligationäre schon im August 2026 zurückgezahlt werden muss – rückt allmählich ins Blickfeld. Idorsia strebt auch für diese Anleihe eine Restrukturierung an.
Falls Aprocitentan tatsächlich noch auslizenziert wird, hängt bei Idorsia künftig alles vom Schlafmittel Quviviq ab, das bislang jedoch mickrige Umsätze abwirft. Von einem Engagement in Idorsia-Aktien ist dringend abzuraten. Die Pleitegefahr schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen.
Quelle:
https://www.fuw.ch/idorsia-das-angeschlagene-biotech-unterne…