catocencoris schrieb 01.08.24, 19:29
"MTU Aero Engines (MTU) ist ein neues Unternehmen im Portfolio des TGV. Das Münchener Unternehmen hat leider keinen Eigentümer. Es verhält sich jedoch schon sehr lange in der Kapitalallokation sehr rational und alle Zeichen deuten darauf hin, dass es eine gute Kultur hat. MTU agiert in drei Bereichen: Der erste Bereich ist Instandhaltung, Reparatur und Betrieb von Flugzeugtriebwerken (MRO). Dieser Bereich steht für zwei Drittel des Umsatzes und für 40% des Gewinns, bei relativ geringer Kapitalbindung. Der zweite und dritte Bereich ist das Originalteilegeschäft (OEM), einmal militärisch mit 8,5% vom Umsatz und einmal zivil mit 26% vom Umsatz4. Der spannende Zweig für die zukünftige Wertentwicklung von MTU ist das zivile OEM-Geschäft. In diesem Bereich stellt MTU Komponenten für das neue Triebwerksprogramm, das PW1100, her. Dieses Triebwerk ist eines von zweien, die für den A320neo entwickelt wurden und zugelassen sind. Der A320neo ist einer der effizientesten Flugzeugtypen. Für das PW1100 stellt MTU die ersten vier Stufen des Hochdruckverdichters, die Niederdruckturbine und weitere Komponenten zur Verfügung. Damit hat MTU einen 18% Anteil an dem Triebwerksprogramm, neben Pratt & Whitney und Japanese Aero Engines Corporation. Die Triebwerke werden seit 2016 eingesetzt. Seitdem wurden diverse Kinderkrankheiten identifiziert. Die neuste kam im vergangenen Jahr hinzu: Sie resultierte aus einem fehlerhaften Rohstoff bei einem Partner, für den MTU mithaftet. Diese zuletzt aufgetretene Kinderkrankheit kostet MTU laut aktuellen Schätzungen maximal 1 Mrd. USD vor Steuern. Alle Programmpartner zahlen zusammen geschätzt bis zu 5,5 Mrd. USD. Das weitere Kinderkrankheiten auftreten werden ist nicht auszuschließen. Das ist bei einem Jahrzehnte laufenden Triebwerksprogramm leider unvermeidlich. Jedoch ist keine der bisherigen Probleme auf MTU zurückzuführen und mit jeder weiteren geflogenen Meile und weiteren Inspektion sinkt die Wahrscheinlichkeit für einen neuen, großen Schadensfall. Diese Kinderkrankheiten sind in der Branche völlig normal. Hier ein paar Beispiele: Das Triebwerk Trent 1000 hatte Probleme mit den Zwischendruckturbine, das Triebwerk XWB hatte Verschleißprobleme bei den Kompressorschaufeln, das Triebwerk LEAP hatte Probleme mit den Turbinenschaufeln und durch Materialkontamination, und das Triebwerk GEnx hatte Probleme mit der Eisbildung auf den Schaufeln des Hochdruckverdichters und Risse in den Turbinengehäusen. Kaum ein Jet-Triebwerk der neueren Generation ist ohne Probleme gestartet. Diese Maschinen sind hoch komplex und müssen fehlerfrei arbeiten. Das hat aber auch eine schöne Konsequenz: Neue Triebwerke werden sehr selten entwickelt. Die Kosten der Entwicklung und der Einführung mit Kinderkrankheiten liegen in einem mittleren einstelligen Milliardenbereich. Neben diesen prohibitiv hohen Investitionsanforderungen, haben schon die existierenden Spieler Qualitätsprobleme. Weder Airbus noch Boeing und ebenfalls keine Airline werden bei den riesigen Investitionen in neue Flugzeuge auf neue Anbieter wetten. Ein einzelnes Triebwerk kostet einen zweistelligen Millionenbetrag und ein Flugzeug einen dreistelligen. Daher tauchen seit Jahrzehnten keine neuen Wettbewerber auf. Der Vorgänger des PW1100 war das V2500 für den A320. Die Entwicklung für das Triebwerk wurde 1983 gestartet. Es flog 1987 das erste Mal. Heute sind noch über 5.500 V2500 Triebwerke im Einsatz. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Flügen und damit auch Flugzeugen ist noch nicht abzusehen, wann die Ära der V2500 enden wird. Jedes fliegende Triebwerk von V2500 und PW1100 bringt MTU jedes Jahr ein renditeträchtiges Ersatzteilgeschäft im OEM-Bereich und Wartungsarbeiten im MRO-Bereich. Jedes neu verkaufte Triebwerk sollte Jahrzehnte vorhersehbare und hoch profitable Umsätze für MTU erwirtschaften. Aktuell ist MTU in einer schönen Situation: MTU liefert weiterhin Ersatzteile und Wartungsdienstleistungen für das V2500, das PW1100 ist fertig entwickelt und die Produktion von PW1100 ist bei aktueller Produktionsrate und dem Auftragsbestand von 24,4 Mrd. Euro bis weit über 2030 hinaus ausgelastet. Die Entwicklung einer neuen Triebwerksgeneration ist aktuell nicht absehbar. Das heißt, dass der Gewinn mindestens für die nächsten fünf Jahren sehr stabil wachsen sollte."
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