Fenster schließen  |  Fenster drucken

Keine vernünftige Erholung ohne vernünftige Rezession

von unserem Korrespondenten Bill Bonner

Ich habe eine Vermutung. Vielleicht ist sie nicht so wertlos wie ein CIA-Briefing, aber ich weise darauf hin, dass auch ich die Zeitungen von morgen nicht früher als Alan Greenspan bekomme.

Letzte Woche wurde vermeldet (vom "National Bureau of Economic Research", dass die Rezession, die im März 2001 begann, im November desselben Jahres endete. Aber das war eine Rezession, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte. Die Konsumentenschulden stiegen während dieser gesamten Rezession weiter – dabei weiß jeder, dass diese Schulden in einer Rezession zurückgeführt werden.

Die Konsumenten haben in dieser Rezession immer mehr Geländewagen und Häuser und Produkte aus China gekauft. Und am Ende der Rezession hatten sie mehr Güter als je zuvor, und sie schuldeten mehr Leuten mehr Geld als je zuvor.

So sollte das eigentlich nicht funktionieren, liebe(r) Leser(in). Jede Rezession, die diesen Namen verdient hat, reduziert die Konsumausgaben und die Schulden der Konsumenten. Und sie sorgt deshalb dafür, dass es bei den Konsumenten eine aufgestaute Konsumnachfrage gibt. Diese aufgestaute Konsumnachfrage sorgt dann schließlich für eine "Erholung" – so sollte es zumindest sein.

"Keine vernünftige Erholung ohne vernünftige Rezession", das schrieb ich damals, vor zwei Jahren. Seitdem haben wir eine Erholung gesehen, die so bizarr ist wie die vorige Rezession. Die Schornsteine der Fabriken rauchen nicht. Die Kaufkraft der Arbeiter wird nicht durch Lohnzuschläge für Überstunden erhöht – weil es kaum Überstunden gibt. Und diese Arbeiter haben auch keine aufgestaute Konsumnachfrage, die ihren Ehrgeiz erhöht.

Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe liegt immer noch bei über 400.000 pro Woche. Die Unternehmensgewinne bleiben weiter schwach. Gestern hat z.B. General Motors einen Gewinnrückgang von 30 % im zweiten Quartal gemeldet. Die Konsumenten graben sich immer tiefer in das Schuldenloch, während sie gleichzeitig untereinander Häuser kaufen und verkaufen.

Und dennoch machen sich nur wenige Leute die Mühe, zu fragen, was falsch läuft. Die meisten akzeptieren die Erklärung, dass die Erholung auf dem Weg sei ... und dass dank der Politik des leichten Geldes der Fed bald alles gut sein wird. Fast keiner glaubt, dass es ein ernsthaftes Problem mit dem ganzen System des Dollarstandards gibt.

Und hier ist meine Vermutung: Die Rezession mag vorbei sein, aber sie ist noch nicht beendet. Die derzeitige Rally am Aktienmarkt kommt zu einem Ende. Zu Wochenschluss verzeichnete die Technologiebörse Nasdaq Verluste, und die Nokia-Aktie brach um 20 % ein.

Und die jüngste Dollar-Erholung scheint bei 1,11 ausgelaufen zu sein ... und der Goldpreis scheint bei ca. 343 Dollar einen Boden gefunden zu haben.

Mein Rat (nicht besser als meine Vermutung, ich erinnere Sie daran) :

Nutzen Sie diese Gelegenheit, um in Dollar notierte Aktien und Anleihen – wenn Sie solche haben – zu verkaufen. Kaufen Sie stattdessen Gold und sichere Euro-Staatsanleihen.
 
aus der Diskussion: The Market-Watch oder die Mär vom starken Bullen !
Autor (Datum des Eintrages): herr.motzki  (22.07.03 10:14:53)
Beitrag: 2,514 von 2,849 (ID:10181280)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE