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Offene Immobilienfonds: Vor dem Rückbau

Anleger offener Immobilienfonds tragen die Lasten der Bürobaukrise und alter Bestände. Trost für die Anleger: So rapide wie die Büromieten werden die Fondswerte nicht absacken.

Bremen wurde dem Grundwertfonds zum Verhängnis. Der als Einkaufs- und Freizeitzentrum geplante Space Park an der Weser entwickelte sich zum Flop: Die Mieter blieben aus. Das Desaster hat Anleger des offenen Immobilienfonds der Allianz-Dresdner-Tochter Degi 24,5 Millionen Euro gekostet. Die Degi musste diese Summe beim Verkauf ihrer Grundstücksbeteiligung abschreiben. Um das Grundstück elegant aus den Büchern zu entfernen, wurde es an eine Allianz-Immobilientochter abgeschoben. Ein konzerninterner Deal, bei dem Degi mit einem blauen Auge davonkam. Immerhin überwies die Schwester 158 Millionen Euro. Das Grundstück stand in den Büchern allerdings mit 182,5 Millionen Euro, denn es hatte nach Ansicht von Immobiliensachverständigen mit dem Beginn der Bauarbeiten nach und nach an Wert gewonnen.

Auch Konkurrent Haus-Invest – mit zehn Milliarden Euro der größte offene Immobilienfonds – hat einen Klotz am Bein. Den Fonds plagt der in der Stadtmitte von Offenbach errichtete City-Tower – 122 Meter hoch, 33 Etagen, Platz für 1200 Arbeitsplätze, günstige 18 Euro Miete pro Quadratmeter. Und trotzdem steht der 80 Millionen Euro teure Bau komplett leer. Wenn sich daran nichts ändert, sinkt auch sein Wert. Wer will schon eine Leerstandsruine kaufen?

Die Konjunkturflaute hat längst den Immobilienmarkt erreicht. In den vergangenen fünf Jahren legten die Fonds im Schnitt jeweils 4,5 Prozent an Wert zu. Doch genau in diesem Erfolg steckt der Keim des Problems.

Denn der Wert eines Fondsanteils errechnet sich als Bruchteil des Immobilienbestandes, den der Fonds hält. Wie viel ein Objekt wert ist, legen Sachverständige mindestens einmal im Jahr für jedes Gebäude neu fest. Einer prüft die Immobilie vor Ort nach festgelegten Kriterien, zwei andere rechnen nach. Das Urteil der machtvollen Sachverständigen ist in den Rechenschaftsberichten als Bewertungsrendite zusammengefasst. Viele Fonds haben sich trotz Sachverständiger jahrelang schöngerechnet und die Werte einzelner Immobilien erst gar nicht veröffentlicht.

Leer stehende Büros

Immer öfter steht inzwischen in der Bewertungsrendite ein Minus: Die Häuser wurden abgewertet. Der Hansaimmobilia, ein offener Immobilienfonds der Signal Iduna, hat im vergangenen Geschäftsjahr 23 von 75 Immobilien um zusammen 12,3 Millionen Euro abgewertet. Die großen Immobilienbestände haben einzelne Flops bisher stets aufgefangen, sodass die Fonds am Jahresende immer im Plus lagen. Die Renditen der einzelnen Fonds driften nun aber immer stärker auseinander.
Offene Fonds sind seit dem Jahr 2000 äußerst beliebt, um Geld vor dem Crash an den Aktienmärkten zu retten. In den vergangenen drei Jahren flossen den 23 Fonds deshalb 29 Milliarden Euro zu.

Am Büromarkt, in den die Fonds zu rund 70 Prozent investieren, braut sich Unheil zusammen. Zum Jahresanfang zählt der Immobilienmakler DTZ Zadelhoff in deutschen Metropolen 4,4 Millionen Quadratmeter unvermietete Bürofläche. Die Leerstandsquote ist gegenüber dem Vorjahr um 80 Prozent gestiegen. Weil Unternehmen und Kommunen Geld brauchen und deshalb Grundstücke und Gebäude versilbern, entsteht zusätzlicher Druck auf dem heimischen Markt. Die Folge: sinkende Preise. Einerseits gut, weil die Fonds für ihr Geld mehr oder bessere Gebäude kaufen können. Andererseits schlecht, weil der Wert ihres Gebäudebestandes leidet.

Ein Trost für Anleger

So rapide wie die Büromieten werden die Fondswerte nicht absacken. „Sinken die Mieten in Frankfurt um zehn Prozent, gibt der Gebäudewert nicht um zehn Prozent nach. Bestehende Mietverträge sind im Boom und in der Baisse ein dämpfender Faktor“, erklärt Gutachter Kieffer. Das gilt noch, denn Neumieter schließen gewöhnlich Zehnjahresverträge ab. Für die Mieterträge der Fonds ist dies keine gute Konstellation: Viele Fonds müssen bis Ende 2005 rund ein Drittel der Mietverträge neu verhandeln.

Selbst bei einer insgesamt erfolgreichen Projektentwicklung wie dem Bürohaus Frankfurter Welle, das noch rechtzeitig vor der Krise fertig wurde, stehen mindestens 20 Prozent der Büros leer. Der inzwischen pensionierte Difa-Geschäftsführer Jürgen Ehrlich wollte auch für die letzten 20 000 Quadratmeter des Gebäudes noch mehr als je 40 Euro – zu hoch gepokert. Um das Problem zu kaschieren, nennt die Degi Anlegern nur den „Vermietungsstand nach Ertrag“. Der liegt im Fonds noch bei 90 Prozent.

Nur ein kräftiger Konjunkturaufschwung könnte den Büromarkt anheizen. Der ist aber noch nicht in Sicht. Daher wollen vor allem die Oldies unter den Fonds der Vergreisung ihrer Immobilienbestände entgegentreten, damit es ihnen nicht geht, wie dem ältesten Immobilienfonds, dem 1967 aufgelegten iii Nr. 1. Seine Fünfjahresrendite liegt mit nur noch 2,83 Prozent dramatisch unter dem Durchschnitt. Auch auf Zwölfmonatssicht bleibt bei ihm nur noch ein Plus von 2,68 Prozent. Veraltete Bestände, Mittelabflüsse wegen der schlechten Rendite, fehlende Gelder für Neukäufe – die Perspektive ist düster. Auch wenn Altbaufassaden glänzen, allein das Innenleben entscheidet. Vielfach bleibe nur der „Rückbau“ – der Abriss.

Einige Fonds steckten die Schwäche des deutschen Immobilienmarktes dank Auslandsengagements gut weg. Doch inzwischen zögern institutionelle Investoren aus Deutschland, sich in den USA zu engagieren. Laut Real Capital Analystics ging ihr Einsatz in den ersten fünf Monaten 2003 um 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, weil die Renditen anderswo stabiler seien.
Boris von Mutius, Frankfurt-Chef der Honorarberatung Sineus, traut guten Fonds Renditen um 4,5 Prozent zu. Ihr Vorteil liege im steuerfreien Anteil der Ausschüttung, der je nach Fonds zwischen 20 und 70 Prozent ausmacht.

HEIKE SCHWERDTFEGER; WirtschaftsWoche
 
aus der Diskussion: Wann platzt die Immobilienfonds-Blase?
Autor (Datum des Eintrages): BigLinus  (19.08.03 23:36:59)
Beitrag: 30 von 48 (ID:10504306)
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