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Stolpe stellt Maut-Start in Frage
Von Peter Kleinort, Hamburg

Die sich andeutende erneute Verschiebung des Starts der Lkw-Maut bringt Verkehrsminister Manfred Stolpe unter Druck. Das Bundesamt für den Güterkraftverkehr rechnet mit einem Mautstart erst deutlich nach dem 2. November.


Die Bundesregierung will noch im September über eine mögliche erneute Verschiebung der Lkw-Maut entscheiden. Die Chancen, dass die Maut noch zum 2. November eingeführt werden könne, stünden 50:50, sagte Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe in Gelsenkirchen. Stolpe hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung " Sabine Christiansen" gesagt, eine Verschiebung sei nicht ausgeschlossen, wenn das System noch nicht reif sei.


Die Experten des Kölner Bundesamts für Güterverkehr (BAG), einer Behörde des Verkehrsministeriums, halten die Probleme beim Betreiberkonsortium Toll Collect bis zum geplanten Starttermin am 2. November nicht für lösbar. " Im Hinblick auf den Reifegrad des Systems stellt das Bundesamt für Güterverkehr fest, dass ein Wirkbetrieb zum 2. November nicht realisiert werden kann" , heißt es in dem Bericht. " Der derzeitige Projektstand lässt keine Aussage zu, wann der echte Betrieb der Gebührenerhebung beginnen kann" , heißt es darin. Der Termin liege aber " deutlich nach dem 2. November" . Das Problem sei, dass die Zahlungsvorgänge nicht funktionierten.


Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte dazu: " Auf Grundlage dieses Berichts haben wir Toll Collect mit den neuen Erkenntnissen konfrontiert. Das Unternehmen wird die zahlreichen noch offenen Fragen unverzüglich beantworten müssen. Von dieser Beantwortung ist abhängig, ob sie den geplanten Starttermin 2. November halten können." Das Unternehmen müsse ehrgeizig an der Lösung der Probleme arbeiten, da es ohne Mauteinnahmen auch keine Vergütung erhalte, sagte der Sprecher weiter.



Massive Kritik aus Reihen der Opposition


Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus Lippold, sagte am Montag, Stolpe dürfe nach der offenbar notwendig werdenden weiteren Verschiebung der Lkw-Maut nicht von seiner Verantwortung ablenken. " Die Maut ist ein Beispiel für das Scheitern der ersten Public Private Partnership in Deutschland. Damit schadet Stolpe dem Technologie- und Wirtschaftsstandort Deutschland und behindert den notwendigen weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur" , sagte Lippold. Die Unionsfraktion forderte am Montag Stolpes Rücktritt.


Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat Bundeskanzler Gerhard Schröder aufgefordert, den Streit um die Lkw-Maut zur Chefsache zu erklären. " Wenn ein Minister sein Haus nicht im Griff hat und Hunderte von Millionen verschwendet werden, dann ist es an der Zeit, dass der Kanzler handelt" , sagte Westerwelle am Montag in Berlin.


Der Sprecher des aus DaimlerChrysler , Deutscher Telekom und dem französischen Konzern Cofiroute bestehenden Konsortiums sagte, Toll Collect kenne den Bericht, dessen Erkenntnisse aber aus der Zeit vor dem Start der Einführungsphase stammten. Mit Blick auf die seither aufgetretenen Probleme sagte er: " Alle beteiligten Unternehmen und deren IT-Experten sind mit Nachdruck dabei, die Probleme zu lösen." Nach seinen Angaben soll das System am kommenden Freitag erstmals mit allen Komponenten getestet werden. Dann werde auch das Abrechnungssystem zugeschaltet, und die angeschlossenen Spediteure erhielten ab dann fiktive Rechnungen.



Einbausätze passen offenbar nicht



Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass es nicht nur Probleme mit der Software bei Toll Collect gibt. Auch die Einbausätze der Bordcomputer, der so genannten On Board Units (OBU), mit denen eine automatische Abbuchung der Maut möglich sein soll, bereiten zunehmend Probleme. Nachdem die ersten OBUs beim Einschalten der Zündung regelmäßig abstürzten und nicht funktionierten, hat Siemens jetzt nach Informationen aus Spediteurskreisen und Werkstätten OBU geliefert, die nicht in die standardisierten Einbauschächte der Lkws passen. " Das verzögert den zeitgerechten Einbau noch mehr" , sagte ein norddeutscher Werkstattleiter der Financial Times Deutschland.


Die Maut für schwere Lkw auf Autobahnen soll pro Kilometer zunächst rund 12,4 Cent betragen. Dies bedeutet für den Bund Einnahmen von 2,8 Mrd. Euro jährlich. Die Ausfälle durch die bisherige Verschiebung um zwei Monate werden auf etwa 330 Mio. Euro beziffert.
 
aus der Diskussion: Rot-Grüne LKW-Maut-Abzocker haben auf der ganzen Linie versagt!
Autor (Datum des Eintrages): Albatossa  (15.09.03 21:43:32)
Beitrag: 47 von 291 (ID:10740295)
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