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USA: Wirtschaftliche Erholung ein Schwindel

von Michael Vaupel

Gestern hatte Bill Bonner im Investor`s Daily darüber geschrieben, dass die wirtschaftliche Erholung in den USA "ein Betrug" sei. Ich zitiere ihn:

"Der Grund ist, dass Washington die Computer-Investitionen misst, indem berechnet wird, wie teuer es 1996 gewesen wäre, einen Computer mit dem heutigen Leistungsstandard zu kaufen. Von den 38,4 Mrd. Dollar Zuwachs bei Computer-Investitionen waren deshalb nur rund 6 Mrd. Dollar wirklich reale Ausgaben. Die anderen 32 Mrd. Dollar waren eine statistische Konstruktion – mit anderen Worten: Sie waren nicht real. Ohne diese Trickserei hätte das Wachstum des BIP (Bruttoinlandsprodukt) nicht bei 3,1 %, sondern bei knapp 1,7 % gelegen – und der größte Teil dieses Zuwachses war den Verteidigungsausgaben zu verdanken."

Etwas schwierig zu verstehen – aber genau deshalb lesen Sie darüber auch nichts in der breiten Finanzpresse. Die offiziellen Zahlen zum amerikanischen Bruttoinlandsprodukt sind also mit Vorsicht zu genießen. Ich habe das zum Anlass genommen, generell über die Aussagekraft des Bruttoinlandsproduktes nachzudenken – da kommt der Volkswirt in mir durch. In der Öffentlichkeit und auch in der Finanzpresse wird darüber überhaupt nicht reflektiert: Das BIP wird als Maßstab für die wirtschaftliche Stärke eines Landes gesehen. Je höher, desto besser. Doch wie aussagekräftig ist dieser Indikator überhaupt? Ich habe dazu ein paar meiner Meinung nach aufschlussreiche Fakten zusammengetragen:

Offiziell haben die USA ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 11 Billiarden Dollar, während das BIP von China rund 1,1 Billionen Dollar beträgt, und das von Indien rund 500 Mrd. Dollar. Das BIP der Welt liegt bei rund 32 Billionen Dollar. Die entwickelten Volkswirtschaften haben ein BIP von insgesamt 25 Billionen Dollar, und die Emerging Markets in Asien (inklusive China und Indien, aber ohne Hong King, Japan, Singapur, Südkorea und Taiwan – Länder, die mittlerweile zu entwickelten Volkswirtschaften geworden sind) haben ein BIP von 2,2 Billionen Dollar. Wenn man sich allerdings die Zahlen der wirklichen Produktion ansieht, dann wird es offensichtlich, dass die US-Wirtschaft keineswegs 10 Mal so groß ist wie die von China, oder 20 Mal so groß wie die von Indien. Und auch die Produktion der G7 Länder ist nicht 10 Mal so groß wie die der asiatischen Emerging Markets.

Laut "The Economist" ist China der weltgrößte Produzent von Fleisch, Früchten, Gemüse, Reis, Zink, Baumwolle. Es ist weltweit der zweitgrößte Produzent von Getreide, Tee, Schafwolle, Ölsamen, Kohle. Es ist der drittgrößte Produzent von Aluminium und Energie, und zwischen Platz vier und sechs bei der Produktion von Zucker, Kupfer, Edelmetallen und Gummi. Indien gehört zu den Top 3- Produzenten von Früchten, Gemüse, Getreide, Reis, Zucker, Tee und Baumwolle. Indonesien gehört zu den Top 4-Produzenten von Reis, Kaffee, Kupfer und Gummi; während Thailand der weltgrößte Gummi-Produzent ist. Und Vietnam ist der zweitgrößte Kaffee-Produzent der Welt.

"Was soll`s?" mögen sich einige Leser fragen, denn das sind doch nur Rohstoffe ... und die sind "irrelevant" in post-industriellen Gesellschaften!

Allerdings sollte man bedenken, dass China schon jetzt der weltweit größte Produzent von Textilien, Schuhen, Stahl, Kühlschränken, TV-Geräten, Radios, Spielzeug, Bürozubehör und Motorrädern ist, um nur ein paar Produkte zu nennen. Und wenn man dann die industrielle Produktion von Japan, Taiwan, Südkorea und Indien hinzufügt, dann erhält man ein ganz anderes Bild von der Größe der asiatischen Volkswirtschaften, als es die Statistik des Bruttoinlandsproduktes liefert.

Warum? Die Zahlen zum nominalen Bruttoinlandsprodukt berücksichtigen nicht die unterschiedlichen Preisniveaus in unterschiedlichen Ländern.

Es gibt einige Statistiker, die das Bruttoinlandsprodukt auf Basis des Gleichgewichts der Kaufkraft berechnen. Natürlich sollte man skeptisch gegenüber solchen Berechnungen sein (traue nie einer Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast! Winston Churchill), das Ergebnis ist bei allen Vorbehalten jedoch interessant: Asien – inklusive China, Japan, Indien, Südkorea, Indonesien, Taiwan, Thailand, den Philippinen, Pakistan, Bangladesh, Malaysia, Hong Kong und Vietnam – hat nach diesen Berechnungen ein BIP von 14 Billionen Dollar, was 50 % über dem angepassten US-BIP von 9,6 Billionen Dollar liegt.

Wenn man nur die industrielle Produktion berücksichtigen würde, dann wäre schon die Produktion von Japan und China größer als die der USA – ganz zu schweigen von Südkorea, Taiwan und Indien.

"Was soll`s?" werden einige wieder fragen. "Die USA haben einen boomenden Dienstleistungssektor, der sehr viel wichtiger ist als das produzierende Gewerbe." Aber diese Frager sollten bedenken, dass die Wertschöpfung des Dienstleistungssektors in Asien oft niemals offiziell ihren Weg in die Statistik findet. Mein Kollege Marc Faber, der gerade in Nepal war, hat berichtet, dass dort in einem abgelegenen Bergdorf mit ungefähr 25 Häusern alle Transaktionen ohne Bargeld abgewickelt werden. Demnach hat dieses Dorf überhaupt keinen Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt von Nepal. Obwohl das Land dort Individuen gehört, ernten in diesem Dorf die Bauern ihre kleinen Reisfelder gemeinsam. Wenn ein neues Haus gebaut wird, hilft jeder beim Bau. Oder wenn ein Haus den Besitzer wechselt – was nur dann passiert, wenn Leute heiraten oder sterben – dann braucht man keinen Makler, Notar oder sonstige Dienstleistungen. In einer entwickelten Volkswirtschaft würden alle diese Transaktionen den Wert des Bruttoinlandsproduktes erhöhen.

Quelle: Investor`S Daily

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Diesen Absatz, indem Bill Bonner auf diese "obskure" Rechenweise bezüglich COMPUTER hinweist,
habe ich ganz bewusst "formatiert".

Damit soll nur aufgezeigt werden,
dass man/n den US-Zahlen wirklich nur "bedingten" Glauben schenken sollte.

Und so wie in diesem Bereich,
werden Sie viele solcher "Berechnungen" auf "amerikanisch" finden können.

Jedem Trottel sollte doch im laufe vieler Jahre auffallen,
dass es in den USA immer mehr sogenannter "Phänomene" gibt.

Das letzte welches genannt wurde-was das Produktivitätswunder.
Ein Wunder ist es-ganz gewiss.....(hihihi).

HM
 
aus der Diskussion: The Market-Watch oder die Mär vom starken Bullen !
Autor (Datum des Eintrages): herr.motzki  (07.10.03 18:30:17)
Beitrag: 2,587 von 2,849 (ID:10951766)
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