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US-Konjunkturaufschwung: Das Warten auf Godot

Die macro-Analyse Nr. 110

"Wenn Godot kommt, wird alles besser. Ihr werdet es ja sehen". Ähnlich wie bei Samuel Beckett (1953) warten heute die internationalen Finanzmärkte auf einen kräftigen US-Konjunkturaufschwung, der sich selbst trägt und verstärkt und die Weltwirtschaft wie eine Lokomotive zu mehr Wirtschaftswachstum anschleppt. Doch Godot kam nie an. Und an den Börsen kommen zu Beginn des 4.Quartals 2003 erste Zweifel auf, ob ein solcher Konjunkturaufschwung wie vielfach erhofft angesichts der großen Ungleichgewichte der amerikanischen Volkswirtschaft überhaupt möglich ist.



Die privaten Haushalte verfügen über eine geringe Sparquote (3,2%) und eine hohe Verschuldung (108% des verfügbaren Einkommens). Ihre Konsum ausgaben steigen schneller als die verfügbaren Einkommen. Die Unternehmen weisen im Großen und Ganzen sehr unsolide Bilanzrelationen auf.

Der prozentuale Anteil der Gewinne am BIP war in den letzten 50 Jahren nie kleiner. Der Staat leistet sich ein Haushalts- defizit von über 5% und ein Leistungs- bilanzdefizit von ebenfalls 5% des BIP auf und macht die USA zur höchst verschuldeten Nation der Welt. Der Konsum als Konjunkturmotor kann trotz fiskalpolitischer Hilfen in Milliardenhöhe gar nicht richtig anspringen.

Und die Investitionen der Unternehmen? Die Kapazitätsauslastung verharrt immer noch auf jahrelangem Tiefstand. Industriepro- duktion und Auftragseingänge enttäuschen. Die Produktion liegt um 1% unter dem Vorjahr. Ein Aktivposten war zuletzt die Energieerzeugung, die um 1,9% zulegen konnte (Sommer- hitze und Klimaanlagen). Auch die Produktion im Sektor Raumfahrt und Verteidigung zeigte weiter aufwärts. Die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter sinken - völlig untypisch für einen Konjunkturaufschwung.

Die Kapazitätsauslastung liegt mit 74,6% unverändert und damit aktuell um 6,7 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der Jahre 1972 bis 2002. Vor einem Jahr lag sie noch bei 76,1%. Im verarbeitenden Gewerbe sieht die Lage noch ernüchternder aus. Hier liegt die Auslastung mit 72,7% um 1,6 Prozentpunkte unter Vorjahr. Die niedrige Kapazitätsauslastungsquote spricht gegen Spielräume zur Preis- überwälzung seitens der Produzenten. Neue Investitionen finden nicht statt.

US-BIP-Wachstumsraten von 3,3% p.a. im 2Q03 (Anteil Staat +1,59%) und von 4 - 5% p.a. im 3Q und 4Q03 geben keinen Hinweis auf die Nachhaltigkeit des konjunkturellen Aufwärts- trends. Angesichts des in dieser Höhe historisch einmaligen Umfangs geld- und fiskal- politischer Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur war ein BIP-Anstieg zu erwarten gewesen. Doch der nominale Anstieg ist viel geringer als die hierfür eingesetzten Mittel.

Folgerung:1 Dollar BIP-Zuwachs wurde zuletzt erreicht durch rd.8 Dollar Neuverschuldung. Ein sich selbst tragender Aufschwung ist in den USA noch sehr weit entfernt.

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Dies soll jetzt lediglich zum "nachdenken" anregen.
Niemand "muss" diese Zahlen übernehmen.

Ich bitte nur eines zu bedenken.
Warum werden einige Unternehmen eigentlich die Revenues "übertreffen" ?
Weil die Aussichten in den letzten Quartalen brutalstmöglich "nach unten" revidiert wurden.
Was aber bedeutet es eigentlich,
wenn gewisse Unternehmenszahlen über "avisierten" liegen?
Im ersten Moment herzlich wenig.

Denn um dieselben überhaupt adäquat einschätzen zu können,
reich es bei weitem nicht aus,
dass die "Schätzungen" übertroffen wurden.
Und wenn, um wieviel eigentlich?

Denn niemand sollte vergessen,
dass diese Aussichten Vergangenheit sind.
Und auch dementsprechend "eingepreist" wurden.
(mehr oder weniger)

Wenn jetzt eine Company einen Umsatzanstieg von ca. 15% verzeichnet,
der Gewinn im besten Falle aber nur 5% gesteigert werden konnte,
dann hört sich dies ja für`s Erste nicht so schlecht an.

Das aber dieselbe Aktie sich in den letzten Monaten "verdoppelt" oder "verdreifacht" hat,
wird überhaupt nicht mehr wahr genommen.
Jedenfalls nicht von den "Lemmingen",
welche sich von diesem prächtigen Siegesgeheul der Analysten anstecken lassen
und sich nun fühlen wie Graf Rotz....(hihihi).

Viele Unternehmen haben nicht einmal eine kleine "Gewinnsteigerung",
sondern haben ihren "Verluste" vermindert.
Na toll.
Und auch dies wird abgefeiert,
als würden wir damit im nächsten oder übernächsten Quartal
faktisch Gottgegeben in die "Gewinnzone" steuern.

Ist aber leider nicht immer so.
Was hier immer wieder unter den Tisch fällt ist wie bei den "Privaten".
Es sind "Schulden" vorhanden-Schulden welche "getilgt" werden müssen.
Und nicht zu wenig.

Viele haben in ihrer Schnapslaune offenbar vergessen,
wieviele Unternehmen in den letzten Jahren Kredite aufgenommen haben
oder sogar aufnehmen "mussten"
um die gröbsten Löcher flicken zu können.
(Bei einigen geht es schlicht und ergreifend um`s reine Überleben)

1.Unternehmensschulden
2.Pensionszahlungen
3.Aktienoptionen
4.Zinszahlungen (überhöhte bei Junk-Bond-Status)

Ist das alles eigentlich wirklich in den heutigen Preisen drin?
Bevor "ich" eine Aktie kaufe,
würde ich mir diese Dinge zumindest ein wenig ansehen...........
Kann doch kein Fehler sein, oder ;)

HM
 
aus der Diskussion: The Market-Watch oder die Mär vom starken Bullen !
Autor (Datum des Eintrages): herr.motzki  (08.10.03 11:02:53)
Beitrag: 2,597 von 2,849 (ID:10957655)
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