Fenster schließen  |  Fenster drucken

Kritisches Journal zur Polit-Drangsal


18. Oktober 2003
Im Griff des Parteienkartells
Neue Folge, Teil 1

Begreift es allmählich der Verfassungssouverän, das Volk, daß das bundesdeutsche Parteienkartell konkursreif abgewirtschaftet hat? Ob unbegleichbar hohe Staatsschulden oder skandalöse Arbeitslosigkeit, ob Ruin der Sozialkassen oder unfaßbarer Niveauverlust im Bildungswesen, diese und Dutzende andere Politikbereiche hat das Parteienkartell zu verantworten. Seiner gutgläubigen Wählerschaft wird noch Hören und Sehen vergehen. Was die Kartellisten medientäglich an Reformen inszenieren, ist ein Trauerspiel und eine Verhöhnung des gesunden Bürgerverstandes. »Es ist zum Haareraufen«, rief dieser Tag der höchst renommierte Wirtschaftsprofessor Horst Siebert verzweifelt aus. »Warum schreiben Wissenschaftler Hunderte von Seiten in Gutachten, wenn (dies alles)... beiseite geschoben werden kann? Avanti dilettanti.«.
Das politische Geschäft wird freilich nicht allein dilettantisch betrieben (man denke an das Maut-Mißmanagement des Herrn Stolpe), in ihrem Machtrausch verstoßen Politiker zudem fortgesetzt gegen die Verfassung (so beim Fraktionszwang, bei Listenwahlen usw.; vgl. dazu die speziellen WALTHARI-Artikel) und sie verschaffen sich eigene Privilegien (z.B. bei der Altersversorgung). Wie sehr sich die gesellschaftspolitische Lage mittlerweile zugespitzt hat, ist über die sichtbaren Trümmerhaufen hinweg an einem anderen dramatischen Vorgang abzulesen: Die Eliten in Wissenschaft, Wirtschaft usw. haben sich von dem ›häßlichen‹ Parteienstaat abgewandt, wandern aus oder gehen in die innere Emigration. Dieser Qualitätsverlust hat den Standort Deutschland bereits unter das internationale Mittelmaß gedrückt und wird schon auf mittlere Frist zu argentinischen Verhältnisse führen (das südamerikanische Land war einst wohlhabend). Unter den etwa 20.000 Universitätslehrern in Deutschland werden sich wohl keine hundert mehr finden (von den wenigen Parteimitgliedern und Systemprofiteuren abgesehen), die dem Parteienwesen noch einiges Vertrauen entgegenbringen. Sozialministerin Schmitt z.B. würde mit ihren fortlaufenden ›Entwürfen‹ durch jedes Proseminar fallen. Finanzminister Eichel hätte mit seinem unseriösen Datenmaterial bei Finanzwirtschaftlern nicht die geringste Promotionschance. Der jüngst verstorbene Parteienkritiker Erwin Scheuch, ein hochangesehener Soziologieprofessor, wies seit Jahren auf den zerstörerischen Legitimationsverlust durch die Mißwirtschaft und Korruption der Parteien hin – ohne nachhaltige Wirkung, denn das Parteienkartell hat sich faktisch weitgehend immunisiert. So kann es sich Verfassungsbrüche (exemplarisch: die anhaltende Verfassungswidrigkeit der meisten Länderhaushalte; vgl. Art. 115 Abs. 1 Grundgesetz) und auch Volksbelügungen folgenlos leisten (vgl. den Lügenausschuß und die Kritik von Prof. Dr. Bert Rürup, wonach die Regierungen Kohl und Schröder den Umfang der Rentenkürzungen absichtlich [!] verschwiegen hätten).
Unbeeindruckt von der eigenen politischen Mißwirtschaft, von den schwindenden Mitgliederzahlen und von der brüchigen Legitimation halten die Parteien den Staat weiter fest im Griff und haben entgegen der grundgesetzlichen Beschränkung auf bloße Mitwirkung (Art. 21, Ab. 1 Grundgesetz) eine faktische Kartellherrschaft installiert: Die Legislative unterliegt gänzlich ihrem Zugriff und die Exekutive ist größtenteils fest in ihrer Hand, von den Spitzenpositionen (der Bundesbank usw.) über die Rundfunk- und Fernsehräte bis herunter zu den Referatsleitern in den Kommunen. Doch damit geben sich die Parteien nicht zufrieden, sie suchen neben den staatlichen auch gesellschaftliche Bereiche zu beherrschen oder zumindest unter ihren Einfluß zu stellen. Das wurde erst jüngst wieder bei der Besetzung des Präsidentenposten des Deutschen Roten Kreuzes vorgeführt. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck (SPD) widmet Teile seiner gewiß kostbaren Regierungszeit nicht allein fröhlichen Festen, er läßt auch dem skandalgebeutelten Bundesligaclub in seinem Lande viel Aufmerksamkeit zukommen. Die Politiker haben längst den medienträchtigen Sport entdeckt und engagieren sich für ihn weit intensiver als für Kultur und Wissenschaft, wo wenig Zugewinn an Prestige zu erreichen wäre. Machtgenuß ist das Elixier aller Kartelle. Bei politischen Kartellen schlägt er leicht in Machtsucht um, koste es, was es wolle.
© Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer. Aus: www.walthari.com
 
aus der Diskussion: SPD : Deutschland voll an die Wand gefahren !!!
Autor (Datum des Eintrages): gjauch  (23.10.03 18:26:18)
Beitrag: 104 von 114 (ID:11113203)
Alle Angaben ohne Gewähr © wallstreetONLINE