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Dubiose Parteispenden-Offerte

Die Ertappten winden sich

Von Matthias Gebauer

Nach einem Fernsehbericht, der zeigte, wie bereitwillig Politiker von CSU und FDP in Bayern bei der Stückelung einer Großspende helfen wollten, verfahren die Betroffenen nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung: Die Recherche-Methode der Journalisten sei illegal.




Ärgerlich für den CSU-Schatzmeister Adolf Dinglreiter: Bei den Verhandlungen über die Stückelung von Spenden lief die versteckte Kamera


München/Berlin - Adolf Dinglreiter war am Freitag sauer. "So, wie das gestern im Fernsehen dargestellt wurde", schimpfte der CSU-Schatzmeister, "ist die Sache für mich äußerst ärgerlich." Zur Aufklärung der Vorwürfe, er habe zwei als Bauunternehmern getarnten Journalisten vor laufender, aber versteckter Kamera die illegale Stückelung einer Großspende offeriert, wollte Dinglreiter nicht viel sagen. Die CSU habe eine Pressemitteilung verschickt, in der alles stehe.

Einige Entschuldigungen hatte der Schatzmeister trotzdem parat. Er habe sich mit den beiden Männern nur getroffen, da sie am Telefon noch nichts von der geplanten Stückelung und der Anonymität gesagt hätten. "Sie wirkten wie normale, glaubwürdige Spender, und ich habe mir dabei nichts gedacht", sagt der Schatzmeister. Aus der "Panorama"-Redaktion hieß es jedoch, dass die beiden Reporter schon am Telefon klar gemacht hätten, worum es ging. Anders sei ja auch nicht zu erklären, warum die Grünen und die SPD die dubiose Offerte umgehend ablehnten.

Was sonst in dem Schreiben der CSU zu lesen ist, erinnert schon von der Wortwahl her an den Altkanzler Helmut Kohl. Wie der CDU-Übervater nennt nun auch die Bayern-Union jegliche Vorwürfe gegen sie "abwegig", die Berichterstattung "böswillig". Im gleichen Atemzug drohte die Partei mit rechtlichen Schritten gegen die beiden Reporter. Fazit der CSU: An der Geschichte sei nichts dran, deshalb besser auf die Reporter schießen als eigene Konsequenzen ziehen.

Gespräch soll nur eine Beratung gewesen sein

Gleichwohl gesteht die Partei indirekt ein, dass im Hotel "Vier Jahreszeiten" bei Kaffee und Kuchen zumindest abstrakt über eine mögliche Stückelung gesprochen worden sei. Die Ausführungen des Schatzmeisters über mögliche Wege der Spende gegenüber den beiden Undercover-Journalisten, die dem Kassenhüter mit dem Wunsch der Anonymität 30.000 Euro offerierten, sei jedoch eine Beratung über die "Rechtslage und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten" gewesen. Genau eine solche Beratung sei die "Aufgabe des Schatzmeisters", so die Partei von Edmund Stoiber.




Auch FDP-Mann Klaus von Lindeiner legte den Reportern eine Aufteilung der Spende nahe


Ähnlich geht die FDP mit dem Vorgang um, in dem auch ihr bayerischer Schatzmeister die Möglichkeiten einer Spendenstückelung zur Umgehung einer Veröffentlichung des edlen Gebers mit den beiden Reportern und ebenfalls vor versteckter Kamera ausgiebig diskutierte. Für den Kassenwart Klaus von Lindeiner sprang die Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in die Bütt. Die Berichterstattung habe mit "seriösem Journalismus nichts zu tun", so die FDP-Politikerin, die noch bei der Spendenaffäre der CDU eine der Vorreiterinnen der sauberen Abrechnungen war. Sie hat nun gegen die beiden Reporter Strafanzeige gestellt, da diese angeblich ohne Einverständnis Tonaufnahmen gemacht hätten.

Doch auch bei Leutheusser-Schnarrenberger hat der Vorgang Spuren hinterlassen. "Sicherlich ist man im Nachhinein klüger", sagte die FDP-Frau am Freitag. Für ihren Schatzmeister in Bayern sei der ärgerliche Vorfall "eine Lehre". Trotzdem wies Leutheusser-Schnarrenberger erneut auf die vermeintlich fragwürdigen Methoden der Journalisten hin. Wenn Journalisten sich tarnen würden, sei eine Grenze erreicht, die sie nicht gutheißen könne. Zwischen solchen Sätzen wiederholte die ehemalige Bundesministerin immer wieder, dass sich die FDP nichts vorzuwerfen habe.

Ermittelt wie ein Fahnder

Rein juristisch können die Geldeintreiber tatsächlich die Unschuldigen mimen. Da die Spendenstückelung nicht tatsächlich vorgenommen wurde, sei der Vorgang strafrechtlich nicht zu verfolgen, erläuterte ein Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft am Freitag. Die Beratung der vermeintlichen Spender sei zwar sicherlich etwas merkwürdig - aber eben nicht als Straftat anzusehen. Von der Seite der Staatsanwälte müssen sich die Oberen von CSU und FDP also nicht sorgen.




FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hält die Recherchen der beiden Journalisten nicht für seriös


Gleichwohl sorgte die "Panorama"-Geschichte unter Juristen für Kopfschütteln. Zugleich lobten sie die Journalisten. "Die beiden Reporter haben sauber ermittelt, fast wie Staatsanwälte", freute sich ein Hamburger Oberstaatsanwalt. Der Versuch, nun gegen die Journalisten vorzugehen, sei lediglich ein "klares Schuldeingeständnis". Die Methoden der Schatzmeister erinnern so manchen erfahrenen Juristen an die Heerschar von Steuerberatern in Deutschland. Das Muster sei das Gleiche - der Experte empfiehlt dem Kunden eine Straftat wie ein Steuerschlupfloch und lässt ihn dann selbst entscheiden.

"Sie können es nicht lassen"

Auch für den grünen Parteispendenexperten Hans-Christian Ströbele war die "Panorama"-Sendung lediglich ein Beweis für eine alte Befürchtung. "Die Kassenwarte können und wollen es einfach nicht lassen", sagte Ströbele. Immer wenn der Gesetzgeber eine Lücke schließe, würden sich die Spendeneintreiber auf neue Wege stürzen. "Die Skrupel sind auch nach der großen Affäre innerhalb der CDU wieder verschwunden", glaubt er.

Die "Panorama"-Redaktion sieht möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen gelassen entgegen. Redaktionsleiter Kuno Haberbusch betonte, dass der NDR mit den Recherchen der beiden Journalisten nichts zu tun hatte. "Als sie das Material hatten, sind sie zu uns gekommen", so Haberbusch. Für den Redaktionsleiter sind die Methoden der beiden freien Autoren gleichwohl legitim. "Im Ausnahmefall muss man sich solcher Tricks bedienen, um die Öffentlichkeit auf einen Missstand aufmerksam zu machen", so Haberbusch.

Ob die Affäre um den "Panorama"-Film politische Konsequenzen für die Beteiligten haben wird, war am Freitag noch offen. Die Grünen in Bayern jedenfalls forderten umgehend den Rücktritt der betroffenen Schatzmeister. Zudem müssten die Parteien sicherstellen, dass ihre Spendenpraxis den Gesetzen entspreche, erklärte Grünen-Landeschef Sepp Daxenberger. Wie auch immer die politische Schlacht um die dubiose Affäre auch ausgeht - ein fahler Nachgeschmack wird bleiben
 
aus der Diskussion: In Bayern können die Wähler am 21.9. den Rot/Grünen die entsprechende Abfuhr erteilen
Autor (Datum des Eintrages): aekschonaer  (26.10.03 23:10:21)
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