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China treibt die Rohstoffpreise

Der Preisverfall bei Palladium lockt die Spekulation

Von Christoph Eibl

Rohstoffe kehren nach langer Zeit wieder als Assetklasse in die Investmentbranche zurück. Nach den jüngsten Preisanstiegen sind interessante und vielversprechende Investments immer schwerer zu finden.

Palladium befindet sich nach einer signifikanten Baisse auf einem interessanten Einstiegsniveau. Seit kurzem können Privatanleger über Zertifikate an der Preisentwicklung dieses Edelmetalls teilhaben.

Im Hinblick auf die Gefahr einer steigenden Inflation macht eine Besinnung auf physische Werte Sinn. Edelmetalle bieten in solchen Zeiten einen gewissen Werterhalt mit der Chance auf überdurchschnittliche Preissteigerungen. Rohstoffe werden auch mit dem "schlafenden Riesen" China in Verbindung gebracht. Chinas Importzahlen für Basisrohstoffe sind im Verlaufe der letzten Jahre stark angestiegen. Verständlich, denn im derzeitigen "Industrialisierungsprozess" wird China zunächst vermehrt Basismetalle nachfragen, denen jedoch die Edelmetalle dicht folgen werden.

Der Palladiumpreis befindet sich derzeit mit etwa 200$ pro Feinunze (31,1 g) auf dem Preisniveau des Jahres 1997. In der ersten Hälfte des Jahres 2001 stieg der Preis für eine Feinunze Palladium auf über 1000 $. Dies war auf zwei Faktoren zurückzuführen: Zum einen war die Unsicherheit über die Verlässlichkeit Russlands in den Palladiumexporten entscheidend. Russland hatte vor dem großen Exportrückgang in 2002 rund 70% der Nachfrage bedient, und war Dreh- und Angelpunkt im Palladiummarkt. Politische und logistische Differenzen hatten 2001/2002 zu einem signifikanten Rückgang in der Weltmarktversorgung geführt.

Die Unsicherheit hatte zunächst dazu geführt, dass Spekulationen und Sicherheitskäufe den Preis nach oben trieben. Jedoch waren Industriebetriebe, die auf Palladiumlieferungen aus Russland angewiesen waren nicht mehr willens, diese Unsicherheit und dieses Preisniveau zu tragen und forcierten so den Substitutionsprozess von Palladium hin zu Platin. So kam es zu einem stetigen Preisverfall bis auf 150$ je Feinunze.

Der zweite Hauptfaktor für den exorbitanten Preisanstieg war die gestiegene Nachfrage der Automobilindustrie auf Grund erhöhten Anforderungen in der Katalysatorentechnik. Diese Nachfrage wurde durch die Substitution vom Platinmarkt weitgehend absorbiert.

Platin zeigt eine etwas andere Geschichte: Das "weiße Metall" konnte Mitte 2001 unter 500$/oz. Gekauft werden. Die Substitution war weitestgehend erfolgreich, so dass neben einer erhöhten Nachfrage aus der Schmuckindustrie Platin heute auf einem 23 Jahreshoch von über 750$ je Unze notiert.

Die Gesamtnachfrage nach Platin stieg im Jahre 2002 mit 6,5 Mill. Feinunzen um 5%. Diese lässt sich hauptsächlich in der chinesischen Schmuckindustrie wiederfinden, die um 9% wuchs. Die Nachfrage der Auto und der allgemeine Industriebedarf blieb weitestgehend stabil mit leichten Steigerungsraten. Hingegen konnte die Minenproduktion mit der Nachfrage nicht mithalten, so dass im Jahre 2002 ein Defizit von 570 000 Feinunzen oder 24 % das Resultat war.

Die Nachfrage im Palladium hingegen ist im Zuge der Substitution um fast 30% gefallen. Die Automobilindustrie fragte 39 % weniger nach, die Zahnmedizin ebenso 3% weniger. Nur die Nachfrage seitens der Halbleiterindustrie stieg um 12%. In nebenstehendem Chart ist die Preisentwicklung von Palladium zu erkennen.

Mittlerweile hat sich die Preiskonstellation insoweit gewendet, dass eine Rückwandlung der Substitution von Platin zurück zu Palladium ökonomisch sinnvoll erscheint. Ein solcher Prozess würde dem Palladium eine fundamental starke Nachfrage-Unterstützung bieten. Doch eine Substitution ist nicht so ohne weiteres möglich. Platin hat einen deutlich höheren Schmelzpunkt und ist auch in seiner Beschaffenheit hinsichtlich der Dichte des Metalls höherwertig anzusiedeln. Ein solcher Prozess wird wohl mit einem nicht unbedeutenden Zeitverzug einhergehen.

Der Platinpreis festigt sich derzeit bei 750$ je Feinunze. Fundamentale Nachfrage aus der Industrie wird auf diesem Niveau kaum erwartet. Die erhöhte Schmucknachfrage aus China stellt derzeit den vermeintlich einzigen Käufer dar. Aufgrund der fehlenden fundamentalen Nachfrage schätzen einige Investmenthäuser den Platinmarkt aktuell als stark überbewertet ein und erwarten entsprechende Korrekturen. Zentrales Argument für eine steigende Palladium-Nachfrage und einem daraus resultierenden Preisanstieg bildet die Substitution der Metalle in der Katalysatorentechnik.

Christoph Eibl ist Edelmetallhändler bei der Baden-Württembergischen Bank AG in Stuttgart.

HANDELSBLATT, Freitag, 14. November 2003, 13:42 Uhr
 
aus der Diskussion: palladium
Autor (Datum des Eintrages): ulfur  (15.11.03 22:20:12)
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