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@ M@atrix

Die gesamte Systemcrash-Theorie hat nur einen einzigen Nachteil: Sie basiert auf einem Denkfehler in der Form von unzureichenden Kenntnissen in der Buchhaltung.

Auf einen „verblüffenden“ Systemfehler hat zudem Dr. Paul C. Martin (im Elliott-Waves-Board bekannt als „dottore“) in verschiedenen Beiträgen hingewiesen: Der „Zins“, welchen die Zentralbank für die Abgabe von gesetzlichem Zahlungsmittel gegen Hereinnahme von Schuldtiteln verlangt, kann niemals getilgt werden, was im Zeitablauf Zinseszins-Effekte unumgänglich macht.

Die Zentralbank erhebt nicht wirklich Zinsen, weil sie kein Geld verleiht (sondern es schlichtweg nur „schafft“). Sie bedient sich dafür am Zins des entgegengenommenen Schuldtitels, sodass eher von einer Prämie oder Steuer gesprochen werden müsste. Die Zentralbank akzeptiert nur gesetzliche Zahlungsmittel zur Schuldtilgung, doch woher sollen diese kommen, wenn nicht über neue Schulden? Einfach ausgedrückt verlangt die Zentralbank mehr gesetzliche Zahlungsmittel zurück, als sie selbst gegen das Pfand geschaffen hat. Und da eben nur sie selbst gesetzliche Zahlungsmittel schafft, muss die Geschäftsbank neue Schuldtitel hinterlegen, um an das gesetzliche Zahlungsmittel zu kommen – ein Teufelskreis, der zum weiteren Aufbau des „Schuldenturmbau zu Babel“ beiträgt. Damit bindet der Zins wahrhaftig ewig die Geschäftsbanken an die Zentralbanken – die Analogie zum „Herr der Ringe“ ist also durchaus treffend.


Klingt einleuchtend, ist aber falsch. Zugegeben sehen wir in der Tat eine Ausweitung der Geldmenge und wir sehen Zinsen. Das bedeutet aber nicht, dass die Zinsen der Grund fuer die Ausweitung sind. Nebenbei ist z.b. in den USA die Geldmenge, fuer die tatsaechlich auch Schuldtitel bei der Federal Reserve hinterlegt werden, nicht die haeufig zitierte 30e+12 Dollar (ca. 300% vom GDP) sondern “nur” 700 Mrd Dollar, weniger als 10% des GDP, fuer die ca 30 Mrd Dollar im Jahr an Zinsen gezahlt werden (so hoch ist ungefaehr der Seignorage-Gewinn der Federal Reserve). Zinsbelastung etwa 0.3% des US-GDP.
Aber auch kleine Mengen koennen natuerlich irgendwann zu unbezahlbaren Summen werden, wenn der Teufelskreis tatsaechlich funktionieren wuerde. Tut er aber nicht. Das liegt daran, dass die Zentralbank den Seignorage-Gewinn zum kleinen Teil wieder ausgibt und zum groessten Teil beim Finanzminister abgibt der das Geld auch wieder ausgibt. Ganz exakt 100.00000% des Zentralbank-Zinsgewinns landet wieder in der Wirtschaft. Somit wird dem System also kein Geld entzogen. Selbst mit Null-Wachstum und positiven Zinsen wuerde eine konstante Geldmenge in einer Oekonomie immer schoen zirkulieren ohne zu explodieren.

Der Denkfehler der Einbahnstrasse des Geldes taucht auch noch in einem anderen Beispiel auf. Ich habe deshalb die Vermutung, dass bei allen Zinsgegnern waehrend der Gehirn-Amputation der gleiche Teil vom Grips entfernt wurde. Das Beispiel, auf das ich mich beziehe, ist der Josephs-Pfennig. Lege 1 Cent zu 5% Zinsen an, dann werden daraus nach 2000 Jahren 2.4e+40 Euro. Wieder der Denkfehler der Einbahnstrasse: Der Besitzer des Guthabens gibt nach der Josephs-Pfennig-Theorie nie einen Euro aus, nur so kann das Vermoegen wachsen. Oder anders ausgedrueckt: Keine Ahnung von Buchhaltung. Das Budget eines jeden Buergers sieht so aus: Konsum+Investition=Einkommen aus Arbeit + Einkommen aus Vermoegen + anderer Kram (Transfers usw.).
Nirgends steht geschrieben, dass immer gelten muss
Investition= Einkommen aus Vermoegen
Und Konsum =Einkommen aus Arbeit + anderer Kram (Transfers usw.)
Das waere aber exakt das, was die Josephspfennig-Story postulieren wuerde. Da wir nach 2000 Jahren noch niemanden mit 2.4e+40 Euro Vermoegen gesehen haben, ist die Annahme Investition= Einkommen aus Vermoegen anscheinend ziemlich dumm.

Anscheinend nicht dumm genug fuer Zinsgegner.
 
aus der Diskussion: Die amerikanische Verschuldungsmaschine
Autor (Datum des Eintrages): helmut_kohl  (16.01.04 00:15:14)
Beitrag: 4,032 von 4,262 (ID:11859504)
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