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Schade, daß die meisten Poster (nicht alle) hier, da es zweifellos um ein Thema mit Polarisierungspotential geht, mal wieder Beiträge mit Ausschließlichkeitsanspruch schreiben.

Ähnliche Threads hat es ja bei W:0 bereits zuhauf gegeben, und jeder, der mit dem echten Willen sich "fortzubilden" mitgelesen hat, weiß, daß die historischen Vorgänge außerordentlich komplex sind und jede Vereinfachung oder Beschränkung auf Teilsachverhalte unweigerlich Verfälschung bedeutet.

Daß Hitler/Nazideutschland/das Dritte Reich (man suche es sich aus oder wähle noch eine andere Bezeichnung) Kriegstreiber war und den Krieg begonnen hat, steht außer Frage und wird wohl auch hier von niemandem bestritten.
Daß in deutschem Namen und von Deutschen monströse Verbrechen begangen wurden, ist ebenso unstrittig.

Dies ist also Grundkonsens und kann m.E. als Grundlage der ganzen Diskussion vorausgesetzt werden.

Aber anschließend entscheidet sich schon, mit welcher Zielrichtung jeder gewillt ist zu diskutieren:

Läßt man sich vom gewiß hassenswerten und verabscheuungswürdigen Charakter des Regimes dazu verleiten, alle Maßnahmen, die von seinen Gegnern zu seiner Bekämpfung ergriffen wurden, in Bausch und Bogen gutzuheißen, als pure, notwendige Reaktion einzustufen? Wenn man echte Wut und Gefühle von Widerwillen und Ekel empfindet, drängen die eigenen Emotionen in diese Richtung.

Oder - entgegengesetzte Position - sucht man in der Historie dieser Jahre gezielt und einseitig nach "entlastenden" Aspekten? Möchte man der sicherlich bedrückenden Notwendigkeit, einem besonders dunklen Kapitel der eigenen Geschichte ins Gesicht sehen zu müssen, durch Relativierung, schiefe Vergleiche, Einseitigkeit - und was sich da sonst noch so anbietet - entgehen?

Es gibt aber noch eine "mittlere" Position, deren Vertreter unvoreingenommen alles anschauen und prüfen, was damals geschehen ist, und erst dann zu einer Bewertung kommen.

Diese Vorgehensweise führt - und das wird die Vertreter der erstgenannten Gruppe "ärgern" - beispielsweise zu der Erkenntnis, daß Methoden und Motive auf seiten der Kriegsgegner Deutschlands zum Teil höchst zweifelhaft waren. So wie internationale Politik zu allen Zeiten ein gnadenloses und weitestgehend amoralisches "Geschäft" war - und es auch heute leider unverändert ist -, so lassen sich auch auf den "Westen" der damaligen Regierungen (und man braucht nur mal einen dtv-Atlas zur Geschichte aufzuschlagen um zu sehen, wie wenig demokratisch Europa insgesamt damals war) "dunkle Flecken" zuhauf finden, insbesondere bei der durch Stalin bestimmten Sowjetunion, deren außenpolitische Pläne noch immer nicht vollständig und eindeutig aufgeklärt sind.
Diese Tatsache wird allerdings durch eine fast kreuzzugsartig zu nennende Legitimierung der Abwehrmaßnahmen gegen Hitlerdeutschland verdeckt bzw. als in diesem Falle weniger wichtig betrachtet.

Die andere "Fraktion" hingegen wird nur widerwillig - oder gar nicht - zur Kenntnis nehmen wollen, daß beispielsweise der Krieg "im Osten" eben doch schmutziger und verbrecherischer war, als die Bücher von Carell den Leser das glauben machen wollen, daß etwa alle Opferzahlen des - unbestritten grausigen - Infernos von Dresden, die über die gesicherte Zahl von 35-40000 hinausgehen, zumindest Spekulation sind (wahrscheinlich sind sie höher, aber um wieviel, das wird sich kaum jemals bestimmen lassen - man lese dazu das Spiegel-Spezialheft "Als Feuer vom Himmel fiel"; ich habe als Jugendlicher auch noch die Hunderttausenderzahlen kennengelernt und gemerkt, daß es gar nicht leicht ist, sich von etwas zu lösen, das man so fest als gesicherten Bestandteil des eigenen Wissens empfindet[!]) oder daß es unter den britischen Armeeangehörigen entgegen dem üblichen Klischee eher mehr Soldaten als bei den Amerikanern gab, die besiegte deutsche Truppenteile sehr korrekt behandelt und leidlich gut versorgt haben.


Zum Schluß noch zu JACKYONE, #53:

Du verwechselst Ursache und Wirkung!!

Ohne Nazis kein Krieg!!
Ohne Nazis keine KZ !!
Ohne Nazis keine ermordeten Juden, Russen, Polen, Tschechen, usw., usw.!!!!

Und OHNE Nazis auch keine Bombardierungen deutscher Städte!!!
Ist das wirklich so schwehr zu begreifen??????


Es stimmt schon, was Du sagst (wobei ich persönlich aus Ohne Nazis kein Krieg "Ohne Nazis nicht dieser Krieg" machen würde), aber am Schluß fehlt m.E. ein Gedankenschritt:

Und ohne die Entscheidungen der Kriegsgegner Hitlers keine so gearteten Gegenmaßnahmen.

Damit will ich sagen, daß die Entschlüsse auf seiten der Alliierten, so und nicht anders zu handeln, ihre ganz eigenen und eigenverantwortlichen waren.
Was die Abwehr der Aggression anbelangt, so hatten sie keine Wahl.
Was Art, Umfang und Methoden der Abwehr anging, schon.


Vicco
 
aus der Diskussion: Am 13. und 14. Februar 1945 wurde Dresden zum Flammeninferno
Autor (Datum des Eintrages): ViccoB.  (14.02.04 15:11:21)
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